Neues Hochsicherheitslabor für gefährliche Erreger in Berlin eröffnet
Ebola, Lassa, Marburg: Die gefährlichsten Krankheitserreger der Welt werden künftig im neuen Labor des Robert Koch-Instituts in Berlin untersucht. Ziel ist es, gegen solche Infektionen und vor allem neu auftretende Erreger schnell Gegenmittel zu finden. Das Labor liegt mitten in der Stadt – und scheint besser gesichert als jedes Hochsicherheitsgefängnis.
Mehr als vier Jahre hat der Bau gedauert. 170 Millionen Euro hat der Bund investiert, um Einrichtungen des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin zu modernisieren – der Löwenanteil davon ging in das neue S4-Labor. S4, das steht für die höchste Sicherheitsstufe in medizinischen Forschungsinstituten. Hier werden gefährliche Erreger untersucht: Ebola, Lassa und viele andere.
Die gefährlichsten sind allerdings die, die man noch gar nicht kennt. Genau das ist der wichtigste Zweck des Labors: Neu auftretende Viren schnell zu identifizieren und zu analysieren, um Medikamente und Impfstoffe entwickeln zu können.
Klimawandel verstärkt die Gefahr
Die Notwendigkeit dieser Forschung ist unstrittig. „In den vergangenen Jahrzehnten ist nahezu jedes Jahr ein neuer Erreger entdeckt worden, der klinisch relevante Erkrankungen des Menschen hervorrufen kann“, heißt es beim RKI. Dazu gehörten etwa das SARS-Virus oder auch neue Typen von Grippeviren. In einem S4-Labor wurden beispielsweise im Jahr 2003 auch die Blut- und Gewebeproben des ersten SARS-Patienten in Deutschland analysiert.
Auch in Europa komme bereits heute ein Erreger vor, der Schutzstufe 4 erfordert, berichtet das Institut: Das Krim-Kongo-Virus, das hämorrhagisches Fieber auslöst. Es sei bislang beispielweise in Griechenland aufgetreten. „Klimaerwärmung, weiter steigende Reisetätigkeit, enge Kontakte mit Wildtieren und Globalisierung könnten die Risiken in Zukunft verstärken“, heißt es beim RKI.
Das Labor ist direkt neben dem Klinikum Charité angesiedelt, liegt also mitten in Berlin. Manche Anwohner sorgen sich, dass Erreger nach außen dringen könnten. Das RKI treibt großen Aufwand, diese Ängste zu zerstreuen. Tatsächlich erscheinen die Sicherheitsvorkehrungen enorm.
Vier Schleusen bis zum Labor
Das S4-Labor ist ein von der Umgebung völlig getrenntes, luftdichtes Gebäude mit eigener Luft-, Strom- und Wasserversorgung. In dem Labor herrscht ein ständiger Unterdruck, der verhindern soll, dass bei eventuell auftretenden Undichtigkeiten Luft ausströmt. Die Abluft aus dem Labor werde über ein mehrstufiges Filtersystem geführt. Damit sei ausgeschlossen, dass Erreger nach außen dringen, erklärt das RKI.
Der Zugang zu den Laborräumen ist nur über ein Schleusensystem möglich. Das sind vier Räume, in denen der Luftdruck zum Labor hin stufenweise abnimmt. So sei sichergestellt, dass die Luft beim Öffnen und Schließen der Schleusentüren immer in Richtung Labor und nicht nach außen strömt. Der letzte Schleusenraum vor dem Labor wird nach jedem Betreten und Verlassen des Labors automatisch desinfiziert.
Schutzanzüge mit eigener Luftzufuhr
Die Forscher arbeiten in geschlossenen Schutzanzügen mit eigener Luftzufuhr, alle auf der Schutzkleidung haftenden Erreger werden chemisch abgetötet. Gleiches gilt für alle Gegenstände oder Materialien, die aus dem Labor heraustransportiert werden. Nach Einschätzung des RKI sind diese und weitere Sicherheitsmaßnahmen durch jahrzehntelange „internationale Erfahrungen beim Betrieb von Hochsicherheitslaboratorien“ erprobt und haben sich bewährt.
Das neue Labor sei auch gegen unbefugte Eindringlinge gut gesichert, beteuert das RKI. Im Übrigen sehen die Experten kaum die Gefahr, dass etwa Terroristen Erreger stehlen könnten: „Die Erreger, mit denen in einem S4-Labor geforscht wird, kommen alle in bestimmten Regionen der Erde in der Natur vor und könnten dort viel leichter und in größeren Mengen beschafft werden.“
Monatelange Trockenübungen
Bis die Forscher im neuen Labor tatsächlich mit gefährlichen Erregern arbeiten können, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Nach der Einweihung stehen nun erstmal monatelange Tests der Sicherheitseinrichtungen und der Technik an, alle Abläufe und mögliche Unglücksszenarien werden trainiert. Ein solches Szenario ist beispielsweise ein Flugzeugabsturz in das Gebäude. Dann aber, so die Experten, würden alle Erreger durch die entstehende Hitze abgetötet.
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