Operationsbesteck unterwegs keimfrei reinigen
Im Rucksack, den drei Kasseler Ingenieure entwickelt haben, wird Operationsbesteck nur mit Hilfe von Wasser und Sonnenkraft gereinigt und sterilisiert. Das mobile Gerät soll dabei helfen, die medizinische Versorgung in ländlichen Entwicklungsregionen deutlich zu verbessern.
Das Startup-Unternehmen „Rucksackspende“ von drei jungen Ingenieuren könnte für ländliche Entwicklungsregionen einen großen Schritt hin zu einer besseren medizinischen Versorgung werden. Mit dem tragbaren Gerät kann überall, wo es Sonne gibt, verunreinigtes Operationsbesteck wieder keimfrei gemacht werden. Auch das Wasser, das man für die Reinigung benötigt, wird gleichzeitig destilliert. Jetzt suchen die Jungunternehmer per Crowdfunding Unterstützer.
Sauberes Wasser wird aus verkeimtem See- oder Flusswasser gewonnen
Für herkömmliche Aufbereitungsgeräte, wie sie in Deutschland genutzt werden, ist der Zugang zu Strom und hochreinem Wasser ein Muss. Aber genau das ist in vielen ländlichen Entwicklungsregionen dieser Erde nicht gegeben. In dem medizinischen Rucksack steckt deshalb eine Wasseraufbereitungsanlage, in der selbst aus verkeimtem Fluss- oder Seewasser hochreines Wasser gemacht wird. Eine Stromversorgung ist ebenfalls nicht notwendig, denn das Gerät bezieht seine Energie über Sonnenkollektoren und hat sogar einen thermischen Speicher, damit auch bei bewölktem Himmel alles funktioniert.
Wie schwer der erste Prototyp des Rucksackes genau ist, das sagen die drei Startup-Unternehmer Raphael Schönweitz, Philipp Odernheimer und Martin Reh noch nicht, aber tragbar soll er auf jeden Fall sein. Jetzt soll weiter kräftig auf der Crowdfunding-Plattform Startnext gesammelt werden, damit weitere Prototypen entstehen können. Gebaut worden sei der Rucksack in Zusammenarbeit mit Ärzten, die in Entwicklungsregionen tätig sind. Außerdem hätten Machbarkeitsstudien die Funktionsweise bestätigt, sagen die Jungunternehmer. Bedienung und Wartung seien denkbar einfach.
Bis zu vier Chargen OP-Besteck können pro Tag gereinigt werden
In Betrieb genommen wird das Gerät, indem zunächst ein standsicherer Platz gesucht wird. Dann werden die Sonnenkollektoren ausgeklappt und Wasser aus einem See, Fluss oder der Wasserleitung per Hand in den Rucksack gepumpt. Das Wasser wird dort anschließend filtriert und destilliert. Sobald der Rucksack nach einer etwa 30-minütigen Aufwärmphase genügend Sonnenenergie getankt hat, kann mit der Reinigung und Desinfektion des OP-Bestecks begonnen werden.
Das geschieht in zwei Schritten. Bisher können nur Instrumente gereinigt werden, die keine Hohlräume haben, wie Scheren, Skalpelle, Nadeln und Nadelhalter. Die werden, pro Ladung höchstens ein Kilogramm, in das dafür vorgesehene Sieb nebeneinander gelegt und in das Fach zum Reinigen und Desinfizieren geschoben. Anschließend werden sie in die Sterilisationsbox umgepackt und sterilisiert. Diese Box wird dann erst beim Patienten geöffnet. Pro Tag könnten so bis zu vier komplette Chargen OP-Besteck keimfrei gemacht werden.
Der medizinische Rucksack soll besonders robust und langlebig sein
Damit der gesamte Prozess nicht unterbrochen wird, etwa wenn die Sonnenkollektoren nicht genügend Solarenergie produzieren, wird die benötigte Energie innerhalb des Gerätes gespeichert. Ein grünes Lämpchen leuchtet deshalb erst dann auf, wenn der Prozessdurchlauf ohne Unterbrechung gewährleistet wird. Sieht es ganz schlecht aus mit der Sonnenenergie oder in der Regenzeit, kann das Gerät auch mit Gas in Betrieb gehen.
Ihren medizinischen Rucksack hätten sie besonders robust und langlebig machen wollen, damit er auch unter großen mechanischen und klimatischen Belastungen einwandfrei funktioniere, versichern die Ingenieure. Daher seien störanfällige drehende und elektrische Komponenten auf ein Minimum reduziert worden.
Die drei Entwickler hatten sich während des Studiums in Kassel kennengelernt. Raphael Schönweitz und Philipp Odernheimer waren dort beide Masterstudenten für Regenerative Energien. „Wir unterhielten uns über Auslandsaufenthalte in Afrika und es kam uns die Idee, einen medizinischen Rucksack mit integrierter Wasseraufbereitung herzustellen“, erzählen sie. Viele Ärzte seien davon begeistert gewesen, weil Stromausfälle ein großes Problem in Entwicklungsregionen seien. Als dritter im Bunde kam Wirtschaftswissenschaftler Martin Reh dazu und ist jetzt für den betriebswirtschaftlichen Bereich zuständig.
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