Revolutionärer Schweißsensor überwacht Östrogenspiegel in Echtzeit
Forschende des Caltech haben einen tragbaren Sensor entwickelt, mit dem sich der Östrogenspiegel in Echtzeit überwachen lässt. Das gelingt durch den Nachweis von Östradiol im Schweiß, bislang waren dafür Blut- oder Urinproben notwendig.
Das Hormon Östradiol spielt aufgrund seiner vielfältigen Funktionen eine zentrale Rolle in der Frauengesundheit und wird daher oft von Ärzten kontrolliert. Bisher mussten Frauen meistens eine Praxis aufsuchen und eine Blutprobe abgeben, um den Hormonspiegel bestimmen zu lassen. Auch bei Testkits für den Eigenbedarf sind der Versand von Blut- oder Urinproben an ein Labor erforderlich. Nun präsentieren Forscher des California Institute of Technology (Caltech) einen innovativen, tragbaren Sensor, der Östradiol durch den Nachweis seiner Präsenz im Schweiß erkennt. Dieses Gerät könnte Frauen in der Zukunft ermöglichen, ihren Östradiolspiegel bequem und in Echtzeit zu Hause zu kontrollieren.
Das Sexualhormon Östrogen, von dem Östradiol die potenteste Form ist, hat eine wichtige Bedeutung für diverse Gesundheits- und Fruchtbarkeitsaspekte bei Frauen. Ein Übermaß an Östrogen kann das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen. Hingegen kann ein Mangel an Östradiol zu Osteoporose, Herzerkrankungen und sogar zu Depressionen beitragen. Zudem ist Östradiol für die Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale bei Frauen notwendig und steuert den Reproduktionszyklus.
Caltech hat bereits verschiedene Schweißsensoren entwickelt
Die Entwicklung von Schweißsensoren zur Überwachung des Östrogenspiegels wurde im Labor von Wei Gao, Assistenzprofessor für Medizintechnik und Forscher am Heritage Medical Research Institute, vorangetrieben. In jüngster Vergangenheit hat Gao Sensoren entwickelt, die neben anderen biologischen Verbindungen das Stresshormon Cortisol, Anzeichen des COVID-19-Virus und Biomarker für Entzündungsreaktionen im Körper identifizieren können.
Gaos Motivation zur Entwicklung des Östradiolsensors wurde unter anderem durch das Interesse von Personen geweckt, die mit den aktuellen Überwachungsmethoden für ihren Östrogenspiegel unzufrieden waren. Gao kommentiert: „Oft werde ich gefragt, ob ich einen ähnlichen Schweißsensor für weibliche Hormone entwickeln könnte, da bekannt ist, wie bedeutsam diese Hormone für die Frauengesundheit sind.“
Überwachung des Östrogenspiegels hilft bei Kinderwunsch
Frauen, die versuchen, schwanger zu werden – sei es auf natürlichem Wege oder durch künstliche Befruchtung – würden von einer Östradiol-Überwachung profitieren. Der Erfolg dieser Bemühungen hängt stark vom korrekten Zeitpunkt des Eisprungs ab. Jedoch haben nicht alle Frauen einen konstanten Zyklus.
Zwar nutzen einige den Ansatz, den Eisprung anhand der Körpertemperatur zu bestimmen, doch nach Aussage von Gao bietet diese Methode nur eingeschränkten Aufschluss. Sie ist nicht besonders präzise und zeigt einen Temperaturanstieg erst nach Einsetzen des Eisprungs. „Aber Östrogen steigt vor dem Eisprung an“, erläutert Gao. „Mit diesem Schweißsensor könnten wir die Menschen rechtzeitig darauf aufmerksam machen“.
Ein tragbarer Östrogensensor könnte zudem nach Auskunft des Wissenschaftlers insbesondere für Personen nützlich sein, die eine Hormonersatztherapie (HRT) durchlaufen, da ihr Körper nicht ausreichend Östradiol bildet. Für solche Patienten ist eine genaue Überwachung des Östradiolspiegels entscheidend, um die korrekte Dosierung sicherzustellen.
Größte Herausforderung: Östradiol im Schweiß erkennen
Der Sensor, den Gaos Team entwickelte, basiert in vielen Aspekten auf Technologien, die sie bereits in früheren Projekten einsetzten. Er besteht aus einer flexiblen Kunststoffmembran, ist mit mikrofluidischen Kanälen ausgestattet, die geringe Schweißmengen zum Sensor leiten, und verwendet durch Tintenstrahldruck erstellte Goldnanopartikel sowie Titankarbidfilme (MXene). Diese verleihen dem Sensor eine erhöhte Oberfläche und elektrische Leitfähigkeit, was seine Empfindlichkeit steigert.
Die besondere Herausforderung bei diesem Design liegt in der geringen Konzentration von Östradiol im Schweiß. Während Östradiol bereits im Blut in relativ niedrigen Mengen vorkommt, ist es im Schweiß noch etwa 50-mal weniger konzentriert. „Da die Konzentration so niedrig ist, ist es sehr schwierig, Östradiol im Schweiß automatisch zu erkennen“, erklärt Gao.
Drahtlose Übertragung der Daten an eine App
Das Forscherteam hat für den Sensor kurze DNA-Stränge, sogenannte Aptamere, verwendet. Diese agieren ähnlich wie Antikörper und können gezielt an bestimmte Moleküle binden. Die Aptamere sind an eine Oberfläche mit Goldnanopartikeln gebunden. Bei Bindung an ein Östradiol-Molekül setzen diese ein spezifisches Redox-Molekül frei, welches Elektronen unter bestimmten Bedingungen abgeben oder aufnehmen kann.
Dieses Redox-Molekül wird von einer nahegelegenen MXene-beschichteten Goldnanopartikel-Elektrode erfasst, wodurch ein elektrisches Signal erzeugt wird. Dieses Signal steht in direkter Beziehung zum Östradiolspiegel. Die so erfassten Daten werden dann drahtlos an eine Smartphone-App gesendet, die dem Nutzer eine benutzerfreundliche Oberfläche bietet.
Verwendete Schweißmenge wird genau reguliert
Das Gerät zeichnet sich durch eine innovative Mikrofluidik-Konstruktion aus, die den Schweiß gezielt zum Sensor leitet. In dieser Struktur sind winzige automatische Ventile integriert, die nur eine präzise Menge an Schweiß zulassen und anschließend das weitere Eindringen von Schweiß blockieren. Dadurch wird eine konstante und ungestörte Analyse des Estradiols sichergestellt.
Um die variierende Beschaffenheit des Schweißes zu berücksichtigen, erfasst das Gerät zusätzlich Informationen wie den pH-Wert, den Salzgehalt und die Hauttemperatur. Diese Daten werden zur Echtzeitkalibrierung verwendet.
Integration des Sensors in einen Ring geplant
Laboruntersuchungen haben bestätigt, dass der Sensor in der Lage ist, die Schwankungen des Östradiolspiegels im Schweiß während des gesamten Menstruationszyklus präzise zu erfassen – vom niedrigsten Stand während der Menstruation bis zum zehnfach höheren Spitzenwert beim Eisprung.
Gao plant, die Technik weiterzuentwickeln, um auch weitere weibliche Hormone wie das luteinisierende Hormon und Progesteron, beide am Eisprungprozess beteiligt, zu überwachen. Sein Ziel ist es, alle diese Sensoren zu miniaturisieren und in einem dezenten, tragbaren Gerät wie einem Ring unterzubringen, der am Finger getragen werden kann.
Die Forschungsarbeit mit dem Titel „A wearable aptamer nanobiosensor for non-invasive female hormone monitoring“ (Ein tragbarer Aptamer-Nanobiosensor für die nicht-invasive Überwachung weiblicher Hormone) wurde am 28. September in der Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht.
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