Schluck-Diagnose: Sensor wandert durch den Körper
Eine kleine Kapsel könnte die Diagnose-Techniken bei Verdauungsstörungen revolutionieren. In ihr steckt ein Sensor, der Daten sendet, während er durch den Magen-Darm-Trakt wandert.
Verdauungsprobleme sind ein sehr häufiges Phänomen, und es ist nicht immer leicht, die Ursache zu finden. Als Erstes stellt sich die Frage, wo die Störungen genau lokalisiert sind. Das lässt sich oftmals nur mit Untersuchungen feststellen, die aufwändig sind, teuer und mit dem Risiko für Nebenwirkungen verbunden. Außerdem ist es nicht möglich, mit ihnen den gesamten Verdauungstrakt abzubilden. Eine kleine Innovation des Massachusetts Institute of Technology könnte hier zu einer großen Revolution führen: ein verschluckbarer Sensor.
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Sensor sendet Daten auf dem Weg durch den Verdauungstrakt
Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Außerhalb des Körpers erzeugt eine elektromagnetische Spule ein Magnetfeld. Der Sensor erfasst dieses Feld, wobei sich die Stärke des Feldes mit dem Abstand zur Spule verändert. So ist es den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen möglich, jeweils die exakte Position des Sensors zu berechnen. In einer Studie haben die Forschenden bereits gezeigt, dass der Sensor funktioniert, wenn er sich durch den Verdauungstrakt großer Tiere bewegt.
„Viele Menschen auf der ganzen Welt leiden an Dysmotilität oder schlechter Motilität des Verdauungstrakts“, sagt Giovanni Traverso, außerordentlicher Professor für Maschinenbau am MIT und Gastroenterologe am Brigham and Women’s Hospital. „Die Möglichkeit, die Motilität des Verdauungstrakts zu überwachen, ohne ein Krankenhaus aufsuchen zu müssen, ist wichtig, um wirklich zu verstehen, was mit einem Patienten geschieht.“ Allein etwa 35 Millionen US-Amerikaner seien von Motilitätsstörungen betroffen.
Sensor soll schädliche Untersuchungen wie Röntgen ersetzen
Eine Motilitätsstörung bedeutet, dass der Verdauungstrakt nicht korrekt arbeitet und meist die Nahrung nicht so weitertransportiert, wie es der Fall sein sollte. Sie werden in der Regel mithilfe von nuklearmedizinischen Untersuchungen oder Röntgenstrahlen diagnostiziert oder durch das Einführen von Kathetern mit Drucksensoren, die die Kontraktionen des Magen-Darm-Trakts messen.
Die Forscher des MIT und des Caltech wollten eine Alternative entwickeln, die weniger invasiv ist und bei den Patienten oder Patientinnen zu Hause durchgeführt werden kann. Ihre Idee war es, dafür eine spezielle Kapsel zu entwickeln. Die Betroffenen schlucken die Kapsel, die dann ein Signal aussendet, sodass die Ärzte und Ärztinnen feststellen können, in welchem Teil des Darms sich die Kapsel langsamer bewegt. Das liefert erste Hinweise auf die Ursache und damit auf eine mögliche Behandlung.
Referenz-Sensor perfektioniert die Positionsbestimmung
Die Idee, dafür eine elektromagnetische Spule zu nutzen, war schnell geboren. Allerdings mussten die Forschenden zunächst einen Magnetsensor entwickeln, der klein genug ist, um in eine Kapsel zu passen, die verschluckt werden kann. „Da der Magnetfeldgradient die räumlichen Positionen eindeutig kodiert, können diese kleinen Geräte so konstruiert werden, dass sie das Magnetfeld an ihrem jeweiligen Standort erfassen können“, sagt Sharma. „Nachdem das Gerät das Feld gemessen hat, können wir zurückrechnen, wo sich das Gerät befindet.“
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Sehr exakt ist das allerdings noch nicht. Deswegen setzt das Team einen zweiten Sensor ein, der außerhalb des Körpers platziert wird, beispielsweise auf der Haut des Patienten oder der Patientin, und dort als Referenzpunkt dient. Durch den Vergleich der Position dieses Sensors mit der Position des Sensors im Körper können die Forscher genau berechnen, wo sich der einnehmbare Sensor im Magen-Darm-Trakt befindet.
Spulen könnten in einem Rucksack transportiert werden
Der einnehmbare Sensor enthält auch einen drahtlosen Sender, der die Magnetfeldmessung an einen Computer oder ein Smartphone in der Nähe sendet. Der Prototyp kann ein Magnetfeld von elektromagnetischen Spulen in einer Entfernung von 60 Zentimetern oder weniger erkennen. Die Spulen könnten also in einem Rucksack, in der Jacke oder sogar auf der Rückseite einer Toilette angebracht werden.
In Tierstudien ist es den Forschenden gelungen, die Position des verschluckten Sensors bis auf fünf bis zehn Millimeter zu bestimmen. Im nächsten Schritt wollen sie ein Herstellungsverfahren für das System entwickeln und weiter Belege in Tierstudien sammeln – bis die Schluck-Diagnose in klinischen Studien ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen kann.
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