Start-up-Porträt 01.07.2011, 12:09 Uhr

Scopis: OP-Navi für Nebenhöhlen und Mittelohr

Die Scopis GmbH hat in enger Kooperation mit Ärzten der Berliner Charité Navigationssysteme für Chirurgen entwickelt. Die Technologie minimiert die Gefahr, bei endoskopischen Eingriffen Nerven oder Adern zu verletzen. Finanziert wurde die Gründung vom Hightech-Gründerfonds.

Für einen Ingenieur hat Bartosz Kosmecki in den letzten sieben Jahren viel Blut gesehen. Regelmäßig begleitete der Gründer der Scopis GmbH Operationen in der Berliner Charité, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter klinische Navigationssysteme erforschte und entwickelte.

„Im OP-Saal habe ich viele Probleme erkannt, die den Einsatz solcher Systeme erschweren“, sagt er. Gerade in der minimal-invasiven Chirurgie, wo mit Hilfe von Endoskopen durch kleine Schnitte und natürliche Körperöffnungen operiert wird, stieß er auf Schwächen der vorhandenen Systeme. Weder die Handhabung noch der Datenabgleich zwischen 2D-Endoskopen und 3D-Darstellungen aus Computertomographen (CT) überzeugten ihn. Auch dass zur Navigation eigenständige Geräte genutzt werden, erwies sich als Nachteil: sie blieben oft ungenutzt.

Nutzen der OP-Navigation ist unbestritten

Dabei ist der Nutzen der OP-Navigation unbestritten. „Gerade Eingriffe am Kopf, etwa in Nasennebenhöhlen oder Mittelohr spielen sich in unmittelbarer Nähe zu wichtigen Nerven oder Blutgefäßen ab“, so Kosmecki. Zwar wisse der Chirurg aus dem CT-Bild, wo diese verlaufen. Doch um dieses Wissen nutzen zu können, brauche es exakte dreidimensionale Orientierung. Der Arzt muss exakt nachvollziehen können, wie weit Nerven oder Adern von seiner Instrumentenspitze entfernt sind.

Kosmecki analysierte die Schwächen vorhandener Systeme und leitete daraus konkrete Ziele ab: zügige Inbetriebnahme ohne langwieriges Einlesen von Daten und Kalibrieren, direkte Integration in Endoskopietürme – und intuitive Benutzerführung per Touchscreen.

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Scopis-Gründer Kosmecki erhält Finanzierung durch Hightech-Gründerfonds

Mit Kollegen der Charité setzte er die Ziele nach und nach um. Hardware entwickelte Kosmecki für seine Gründung selbst, die nötigen Softwarelizenzen erwarb er bei der Klinik. Danach machte er sich mit seinen beiden Gründungspartnern an die europäische Zulassung des Systems und die in der Branche unabdingbaren Qualitäts-Audits. Ein hoher Aufwand: „Um alle Dokumentationspflichten zu erfüllen, muss man eine volle Stelle einplanen“, erklärt er. Auch der finanzielle Aufwand für Patente, Zulassung samt Studien und Zertifizierung sei beträchtlich. Um diesen neben F&E und Marketing finanzieren zu können, hat sich Scopis erfolgreich um eine Finanzierung des Hightech-Gründerfonds bemüht. „Zudem haben wir bereits Einnahmen aus Verkäufen unserer Systeme“, berichtet er.

Wie diese funktionieren, führt der Gründer an einem Demonstrationskopf vor. Zunächst muss das System die Lage das Patienten erkennen. Das geschieht im Zusammenspiel einer Stereokamera, sogenannter Lokalisatoren (etwa murmelgroße reflektierende Markerkugeln) und ausgefeilter Algorithmen. Die Kamera erfasst die exakte Position dreier solcher „Murmeln“, die an einem Gestell auf die Stirn des Kopfs geschnallt sind. Stehen die Referenzkoordinaten fest, toleriert das System dank der hinterlegten Software auch Lageveränderungen.

Schritt zwei ist das Laden der CT- oder wahlweise MRT-Daten. Über sie erfolgt der präzise Abgleich zwischen hinterlegtem 3D-Modell und realer Lage des Patienten. Dafür fährt Kosmecki mit einem „Fühler“, der ebenfalls mit Lokalisatoren versehen ist, das Gesicht ab. Dabei sammelt das System auf dem Gesicht Dutzende Orientierungspunkte, die es am 3D-Modell abgleicht und so das Modell am Patienten ausrichtet.

Im nächsten Schritt führt Kosmecki ein Endoskop in die Nase ein, dessen Aufnahmen auf einem Touch-screen erscheinen. Dieser ist viergeteilt und zeigt zusätzlich CT-Darstellungen des Kopfes auf der X-, Y-, und Z-Achse. Nach kaum drei Minuten sind „Patient“ und System bereit. Mit diversen, ebenfalls mit Lokalisatoren ausgestatteten Instrumenten kann der Gründer nun im Naseninneren operieren und jede Bewegung auf den CT-Bilden nachvollziehen. Sie zeigen die Instrumentenspitzen µm-genau an.

Im neuen Scopis-System tastet ein roter Laserstrahl das Gesicht des Kopfes ab

Das ganze System ist in einen marktüblichen Endoskopieturm integriert. Kosmecki ist aber schon einen Schritt weiter. „Chirurgen müssen sich beim häufigen Instrumentenwechsel während einer OP zu oft neu orientieren“, kritisiert er sein System. Deshalb hat er es so weiterentwickelt, dass die Lokalisierung per Endoskop erfolgt, das ja während der OP im Körper bleibt. Dafür wird dieses um einen Messaufsatz mit integriertem Lasersensor erweitert.

Statt des „Fühlers“ tastet im neuen System ein roter Laserstrahl das Gesicht das Kopfes ab. Sein Strahl setzt dann im Gewebe der Nase einen roten Referenzpunkt, dessen Position die CT-Bilder exakt anzeigen. So kann der Chirurg seine gewohnten Instrumente nutzen, behält dank der endoskopischen Lasernavigation die Orientierung und kann während der OP messen, wie nah oder fern er den Nervenbahnen oder Blutgefäßen ist.

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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