Sensorimplantat warnt vor zu hohem Augeninnendruck
Ein neues Sensorsystem verspricht eine berührungslose, unabhängige Augeninnendruckmessung. Es soll Patienten, die von der Augenkrankheit Grüner Star, bzw. Glaukom, betroffen sind, die optimale Therapie gewähren.
Ein Glaukom, beziehungsweise Grüner Star, ist die zweithäufigste Ursache für Erblindung in Europa. Ist der Augendruck zu hoch, steigt das Risiko, daran zu erkranken. Prüfen lässt sich dieser nur durch einen Facharzt für Augenheilkunde. Ein Sensorimplantat soll dies nun vereinfachen und eigene Messungen durch den Patienten ermöglichen. Entwickelt wurde das System vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektrische Schaltungen und Systeme IMS in Zusammenarbeit mit der Implandata Ophthalmic Products GmbH.
Risiko für Grauen Star steigt ab dem 40. Lebensjahr
Linse und Hornhaut sind nicht mit dem Blutkreislauf verbunden. Sie werden stattdessen über das Kammerwasser mit Nährstoffen versorgt. Wird davon zu viel gebildet, beziehungsweise ist der Schlemm’sche Kanal – ein ringförmig verlaufendes Sammel- und Abflussrohr – blockiert, steigt der Druck im Augeninneren. Im Verlauf ihres Lebens erkranken etwa 4% der deutschen Bevölkerung am Grünen Star. Vor allem ab dem 40. Lebensjahr erhöht sich das Risiko um ein Vielfaches. Dabei ist es besonders wichtig, den zu hohen Augendruck möglichst früh zu diagnostizieren, um eine erfolgreiche Behandlung zu gewährleisten. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind deshalb empfehlenswert. Selbst erkennen lässt sich der Grüne Star meist erst dann, wenn bereits Sehnerven ausgefallen sind und infolgedessen das Sichtfeld eingeschränkt ist.
Eine Therapie ist entweder durch die Gabe von Medikamenten oder die Verabreichung von Augentropfen möglich. Bei fortgeschrittenem Krankheitsstadium kann meist nur ein operativer Eingriff eine heilende Wirkung erzielen. Frühzeitige Erkennung ist hierbei das A und O. Die Wahl der passenden Therapie hängt von der Höhe des Augendrucks und dessen zeitlichen Verlauf ab. So kann der behandelnde Arzt durch wiederholende Messungen die Maßnahmen optimal auf den Behandlungserfolg abstimmen und jederzeit auf Änderungen reagieren.
Weniger Arztbesuche durch erste selbst erhobene Messdaten
Die regelmäßige Kontrolle beim Augenarzt ist in vielen Fällen mit zusätzlichem Zeitaufwand oder mit anderen Umständen verbunden. Das sind Gründe, weshalb Patienten nicht immer besonderen Wert auf Vorsorgeuntersuchungen legen. Doch genau diese können weitere Komplikationen vermeiden und zur Erhaltung des Gesundheitszustandes beitragen. Zudem ermöglichen die relativ großen Zeitabstände zwischen den Arztbesuchen – und daher auch zwischen den einzelnen Messungen – keine zuverlässigen Informationen zum möglichen Krankheitsverlauf. Bei Patienten, die zur Risikogruppe gehören, jedoch noch nicht betroffen sind, steigt durch die verstreichende Zeit zwischen den Arztbesuchen die Chance eines unbemerkt entstehenden Glaukoms.
In Kooperation mit dem Unternehmen Implandata Ophthalmic Products GmbH entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IMS das System Eyemate. Dabei handelt es sich um ein Mikrosensorsystem, dessen passiver Sensor durch ein Handlesegerät aktiviert wird. Der Wert des Augeninnendrucks und der Temperatur wird bei diesem Vorgang berührungslos ausgelesen und angezeigt. Damit ist es Anwendern erstmals möglich, die Druckmessung selbst durchzuführen. Die erfassten Werte lassen sich außerdem in einen Cloud-Speicher übertragen, auf den sowohl der Patient als auch der behandelnde Arzt zu jeder Zeit Zugriff haben. Für den Träger des Implantats ist das eine komfortable Methode der Schnelldiagnose. Der Arzt hingegen profitiert von einem umfangreichen Messwertpool und kann dadurch eine individuelle Therapie anordnen – auch ohne die Anwesenheit des Patienten in der Praxis.
Sensorimplantat ist erfolgreich getestet und CE-zugelassen
Bereits an mehreren Krankenhäusern Deutschlands wurde der Augeninnendrucksensor validiert. Mitte des Jahres 2017 erhielt Implandata die CE-Zulassung für das System. Die Patienten messen nun selbst und übermitteln den Ärzten die Daten, die für eine personalisierte Therapie unerlässlich sind. Potenzielle, durch Glaukome verursachte Sehverluste können durch Eyemate früher erkannt werden. Da dieses System aber ein Implantat im Auge voraussetzt, ist ein operativer Eingriff vor, bzw. in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung erforderlich eine Hürde – eine Hürde, die viele Patienten abschrecken dürfte.
Für Patienten mit diagnostiziertem Grünen Star oder für Menschen mit erblich bedingtem Risiko, daran zu erkranken, bietet Eyemate jedoch eine komfortable Lösung. Derzeit wird daran gearbeitet, die Größe des Sensors weiter zu verringern. Damit wollen die Entwickler die operative Implantation vereinfachen – denn ein Eingriff am Auge kann immer noch mit erheblichen Komplikationen verbunden sein. Für den Großteil der Gesellschaft allerdings bleibt eine Vorsorgeuntersuchung in regelmäßigen Abständen durch einen Ophthalmologen unabdingbar.
Ein Beitrag von: