Feinstaubbelastung: Stadtbewohner haben es selbst in der Hand
Wie stark werden die Menschen in Großstädten in ihren eigenen Wohnräumen durch Feinstaub belastet? Laut einer aktuellen Studie ist das sehr unterschiedlich. Denn es hängt vor allem von den Aktivitäten der Bewohner ab. Die Belastung der Außenluft spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Eine mögliche Belastung durch Feinstaub hat großen Einfluss auf die Gesundheit. Denn Feinstaub besteht aus winzigen Aerosolpartikeln, die kleiner als 100 Nanometer sind. Befinden sie sich in der Luft, können sie wegen ihrer geringen Größe eingeatmet werden. Je kleiner sie sind, desto leichter gelangen sie in die Lunge und erhöhen so das Risiko für Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems. In der öffentlichen Diskussion stehen potenzielle Feinstaub-Quellen daher stark in der Kritik. Dazu zählen unter anderem Verbrennungsmotoren im Straßen- und Luftverkehr, Kleinfeuerungsanlagen und Kraftwerke.
Allerdings geht es bei allen Messungen und Maßnahmen, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren, immer um die Außenluft. Dabei wird kaum bedacht, dass die Menschen in den Industrieländern im Durchschnitt über zwei Drittel ihrer Zeit in Innenräumen verbringen, auf der Arbeit und natürlich in ihrer Wohnung. Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. (TROPOS) in Leipzig haben daher untersucht, wovon die Feinstaubbelastung in Wohnungen abhängt. Das Ergebnis: Die Bewohner können den Anteil an winzigen Partikeln in der Atemluft durch ihr Verhalten deutlich beeinflussen. Dabei geht es um weit mehr als die Frage, wie oft gelüftet wird.
10.000 Messstunden in 40 Wohnungen
Die Studie hat Tropos im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt. Messungen nahmen die Forscher dafür in insgesamt 40 Wohnungen in Leipzig und Berlin vor. Überall lebten Nichtraucher. Außerdem ermittelten die Wissenschaftler die Werte nicht nur in den Wohnräumen, sondern auch auf dem Balkon, der Terrasse und im Garten. Etwa die Hälfte der Wohnungen lag maximal 150 Meter von einer stark befahrenen Straße entfernt. Die übrigen Wohnungen befanden sich im städtischen Hintergrund oder in Randbezirken. Durch diese Auswahl konnten die Forscher die Qualität der Außenluft in die Auswertungen einbeziehen. Die Messungen fanden in jeder Wohnung zweimal statt, mit einer Messdauer von einer Woche, jeweils zu unterschiedlichen Jahreszeiten.
Die Studienteilnehmer erklärten sich bereit, ein digitales Logbuch zu führen, in das sie während des Messzeitraums alles eintrugen, was Einfluss auf die Luftqualität haben könnte. Neben dem Lüften gehörten dazu Tätigkeiten wie Kochen, Staubsaugen, Heizen, Kerzen brennen lassen. Insgesamt sammelten die Forscher mehr als 10.000 Messstunden mit zugehörigen Aktivitäten der Bewohner im Sommer und Winter ein. Dabei kam ein klares Belastungsprofil heraus. Und: Von dem Feinstaubanteil in der Außenluft lässt sich nicht automatisch auf die Belastung in Wohnräumen schließen.
Höchste Belastung entsteht durch das Zubereiten von Mahlzeiten
Durch das Logbuch konnten die Wissenschaftler deutliche Zusammenhänge zwischen der Feinstaubbelastung und den Aktivitäten der Bewohner identifizieren. Vor allem Kerzenlicht, Kochen, Backen und Toasten setzten deutliche Mengen an ultrafeinen Partikeln frei. Diese waren keineswegs nur in der Küche messbar, sondern auch in weiteren Räumen. Dementsprechend ist die Verteilung der Belastung im Tagesverlauf keine Überraschung. Sie ist in der Nacht am geringsten und erreicht ihre Spitzenwerte morgens und abends, analog zur Zubereitung der Mahlzeiten. Dieses Profil trat im Winter noch deutlicher hervor, weil in der kalten Jahreszeit weniger gelüftet wird, der Austausch mit der Außenluft also entsprechend herabgesetzt ist:
„Die Partikelanzahlkonzentration in den Innenräumen weist starke Spitzenwerte um 8, 12 und 19 Uhr auf, was typische Zeiten für Frühstück, Mittagessen und Abendessen sind“, erklärt Jiangyue Zhao, die für ihre Doktorarbeit die Auswertungen vorgenommen hat.
Aus Sicht der Wissenschaftler ist damit klar, dass die Feinstaubbelastung in Wohnungen nicht durch Messungen im Freien beschrieben werden kann. Schließlich seien die meisten Wohnungen auch durch moderne Fenster gut isoliert. Genau an dieser Stelle sehen sie weiteren Forschungsbedarf. Außerdem fehle nach wie vor eine belastbare Dosis-Wirkungs-Beziehung für ultrafeine Partikel. Mit anderen Worten: Die Frage, welche Mengen an Feinstaub den Menschen krank machen, ist noch nicht abschließend beantwortet.
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