UltraHip: Neues Verfahren zur präzisen Erkennung von Hüftprothesenlockerungen
Jan Lützelberger und Prof. Dr. Klaus Drese von der Hochschule Coburg arbeiten an einem ultraschallbasierten Verfahren zur Früherkennung von Hüftprothesenlockerungen, das mittels eines Schallwandlers präzise Informationen über den Spalt zwischen Knochen und Implantat liefert, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Ein künstliches Hüftgelenk verbessert die Lebensqualität, aber etwa zehn Prozent der Patienten haben in den ersten Jahren nach der Operation Probleme. Eine häufige Ursache ist die Lockerung des Implantats wegen Spaltbildungen zwischen Knochen und Prothese, die schwer frühzeitig zu erkennen sind. Bakterien können diese Lockerung verursachen und zu Infektionen führen. Manchmal sind erneute Operationen und aufwendige Behandlungen nötig, um Schmerzen und Langzeitfolgen zu verhindern. Jan Lützelberger von der Hochschule Coburg hat einen neuen Weg gefunden, diese Probleme frühzeitig zu erkennen und zu analysieren.
Im Mikrometerbereich messen
„Mit unserem neuen, ultraschallbasierten Verfahren können wir im Mikrometerbereich messen. Eine Prothesenlockerung wird auf diese Weise schon erkannt, wenn der Spalt nur so dünn ist wie ein Blatt Papier.“, erklärt Jan Lützelberger. Ein Abstand von zwei Millimetern ist bereits zu viel. Jan Lützelberger vergleicht dies mit der Dicke eines dicken Pappkartons. Jedoch wird das Problem erst offensichtlich, wenn ein so großer Spalt zwischen der Hüftprothese und dem Knochen entsteht, dass es auf dem Röntgenbild deutlich sichtbar wird.
Eine frühzeitige Diagnose könnte helfen, Schmerzen zu reduzieren, Komplikationen bei Folgeeingriffen zu vermeiden und das Risiko von schwereren Knochenschäden zu verringern. Das neue Messverfahren wurde von Lützelberger während seiner Bachelorarbeit am Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) entwickelt. Als Absolvent des Studiengangs Technische Physik an der Hochschule Coburg suchte er nach einem praxisnahen Thema für seine Abschlussarbeit. Er legt großen Wert auf angewandte Forschung und strebte danach, etwas zu entwickeln, das den Menschen direkt zugute kommt. Dabei wurde ihm bewusst, dass viele Menschen jemanden kennen, der eine künstliche Hüfte hat.
Wenn das Implantat sich löst
Die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks zählt zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen in Deutschland. Bei dieser Routineoperation wird ein metallischer Prothesenschaft in das weiche Mark im Inneren des Oberschenkelknochens eingesetzt. Daran wird eine kugelförmige Gelenkkomponente befestigt, die wiederum mit einer Pfanne im Becken verbunden wird. Im Laufe der Zeit bildet sich neuer Knochen im Oberschenkel, der den Prothesenschaft umschließt und die Prothese stabilisiert.
Eine künstliche Hüfte vereint den menschlichen Körper mit modernster Technologie. Dennoch ist sie nicht unendlich haltbar. Ob durch eine bakterielle Infektion oder schlicht durch Verschleiß: Irgendwann löst sich das Implantat. Gängige diagnostische Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder CT-Scans sind nicht ausreichend, um dieses Problem frühzeitig zu erkennen. Daher haben Ärzte des Regiomed-Klinikums Coburg das Gespräch mit dem ISAT gesucht. Dr. Alexander Franck, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, unterstützt das UltraHip-Team seit Langem mit seiner medizinischen Expertise.
„Ursprünglich gab es den Ansatz, mit sogenannten geführten Wellen zu arbeiten. Auf die jetzige Methodik sind wir über andere Projekte gestoßen“, erklärt Prof. Dr. Klaus Drese, Leiter des ISAT.
Schallwandler wird auf den Oberschenkel platziert
Ein Schallwandler, der ungefähr die Größe und Form eines Lippenstifts hat, wird auf den Oberschenkel platziert. Dieses Gerät sendet und empfängt Schallwellen. Jede Gewebeschicht – Fleisch, Knochen, Spalt und Metall – beeinflusst die Schallwellen, und diese Veränderungen werden durch spezielle Software ausgewertet. Dadurch können präzise Informationen über den Spalt gewonnen werden, einschließlich seiner Dicke und des darin befindlichen Materials.
Drese erklärt: „Ziel ist, die Technologie so weiterzuführen, dass sie zu einer Firma transferiert werden kann. Wir suchen einen Industriepartner.“
Die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) des Bundesforschungsministeriums (BMBF) hat ein neues Programm eingeführt, um Forschungsergebnisse schneller in die Praxis umzusetzen. Der Master-Student Jan Lützelberger und Prof. Dr. Klaus Drese von der Hochschule Coburg konnten mit ihrer Idee „UltraHip“ überzeugen, einem Sensorsystem zur Früherkennung von Lockerungen bei Hüftprothesen mithilfe von Ultraschall. Für dieses Projekt hat das Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg eine Förderung von 150.000 Euro erhalten.
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