Studie enthüllt 25.09.2024, 12:30 Uhr

Was passiert nach einem Kopfball mit dem Gehirn?

Kopfbälle im Fußball haben messbare Auswirkungen auf das Gehirn. Was Studien dazu sagen und wie sich Kopfstöße auf die Gehirnfunktion auswirken, erfahren Sie hier.

Kopfball

In einer aktuellen Studie wurde ermittelt, welche direkten Auswirkungen Kopfbälle auf das Gehirn haben.

Foto: PantherMedia / SergeyNivens

Das Kopfballspiel gehört zum Fußball wie Tore und Pässe. Doch seit einigen Jahren wächst die Sorge, dass Kopfbälle negative Auswirkungen auf das Gehirn haben könnten. Neuere Studien zeigen, dass selbst leichte Kopfstöße spürbare Veränderungen in der Gehirnaktivität verursachen können. Aber was geschieht direkt nach einem Kopfball?

Die erste Reaktion des Gehirns

Eine Studie der University of British Columbia beleuchtet, wie das Gehirn auf Kopfbälle reagiert. Dabei zeigten die Gehirnströme der Probanden kurz nach dem Kopfball eine deutliche Verlangsamung. Das Überraschende: Die Gehirnwellen ähnelten jenen, die normalerweise während des Schlafs auftreten. Solche sogenannten Delta-Wellen sind in der Regel mit Schläfrigkeit verbunden. Im Wachzustand können sie die Verarbeitung von Informationen behindern und zu Konzentrationsproblemen führen.

Im Rahmen der Studie wurden acht gesunde Erwachsene getestet, die unter kontrollierten Bedingungen Kopfbälle durchführten. Die dabei auf den Kopf wirkenden Kräfte entsprachen denen, die normalerweise in einem regulären Fußballspiel auftreten. Die Gehirnaktivität der Teilnehmenden wurde mithilfe von Elektroenzephalographie (EEG) überwacht. Zusätzlich trugen sie einen speziellen Mundschutz, der die Bewegungen des Kopfes aufzeichnete. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass schon ein einzelner Kopfstoß messbare Effekte im Gehirn hervorruft.

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Kurzfristige Veränderungen der Gehirnaktivität

Die EEG-Messungen zeigten, dass es nach dem Kopfball zu einem Anstieg der Delta-Wellen kommt. Dieser Anstieg war statistisch signifikant, wenn auch kurzzeitig. Deltawellen werden oft mit Schläfrigkeit und Schlaf in Verbindung gebracht. Eine erhöhte Aktivität dieser Wellen im wachen Zustand könnte die Aufmerksamkeit beeinträchtigen, was gerade im Sport problematisch ist. Die betroffenen Personen könnten dadurch nach einem Kopfball weniger konzentriert sein und langsamer reagieren.

Interessanterweise normalisierte sich die Gehirnaktivität der meisten Probanden relativ schnell. Das bedeutet, dass keine dauerhaften Schäden zu erwarten sind – zumindest nicht nach einem einzelnen Kopfball. Bei einigen Teilnehmenden zeigten sich jedoch ausgeprägtere Veränderungen, was auf individuelle Unterschiede in der Gehirnreaktion hinweist. Diese Unterschiede könnten zukünftig bei der Entwicklung von Sicherheitsprotokollen eine Rolle spielen.

Kopfbälle im Kinder- und Jugendfußball

Gerade im Kinder- und Jugendfußball sind Kopfbälle ein umstrittenes Thema. Der englische Fußballverband verbot 2020 Kopfbälle im Training für Kinder bis 11 Jahre. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) diskutiert über Einschränkungen im Juniorenbereich.

Eine Studie der Universitätsklinik Regensburg analysierte, wie häufig Kopfbälle bei verschiedenen Altersklassen im Jugendfußball vorkommen und welche Verletzungen dabei auftreten. Die Ergebnisse zeigen, dass Kopfbälle bei jüngeren Kindern kaum eine Rolle spielen. Erst mit zunehmendem Alter steigt die Frequenz. Während bei unter 13-Jährigen kaum Kopfbälle zu beobachten sind, nehmen diese bei Spielern über 15 Jahren deutlich zu.

Verletzungen durch Kopfbälle eine seltene Ausnahme

Obwohl Kopfbälle mit zunehmendem Alter häufiger werden, zeigt die Studie, dass Kopfverletzungen im Juniorenfußball selten vorkommen. Nur etwa bei jedem dritten Spiel kommt es zu einer Verletzung am Kopf, und nur ein Bruchteil dieser Verletzungen ist auf einen Kopfball zurückzuführen. Häufiger entstehen die Verletzungen durch Kollisionen zwischen den Spielern.

Die Studienergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Kopfballspiel im Jugendbereich altersgerecht zu gestalten. Der DFB empfiehlt daher altersangepasste Trainingsmethoden, um die Belastung durch Kopfbälle zu minimieren. Solche Maßnahmen sollen helfen, das Risiko von Kopfverletzungen zu verringern und gleichzeitig das Spiel zu sichern.

Die langfristigen Auswirkungen wiederholter Kopfstöße

Auch wenn die Studie keine Hinweise auf dauerhafte Schäden nach einem einzelnen Kopfball liefert, bleibt die Frage nach den langfristigen Folgen wiederholter Kopfstöße offen. Immer mehr Forschung beschäftigt sich mit sogenannten subkonkussiven Stößen, also Kopfstößen, die keine offensichtlichen Symptome einer Gehirnerschütterung auslösen. Diese wiederholten Stöße könnten über Jahre hinweg zu einer schleichenden Schädigung des Gehirns führen.

Ein weiterer Aspekt der Studie betrifft die Schwere und Richtung der Kopfstöße. Stärkere Stöße führten zu einer deutlicheren Zunahme der Delta-Wellen. Zudem zeigte sich, dass schräge Kopfbälle die gegenüberliegende Seite des Gehirns stärker beeinflussen. Auch dies könnte in der Praxis wichtige Hinweise für die Prävention von Kopfverletzungen liefern.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Erkenntnisse aus der Forschung legen nahe, dass wir Kopfbälle im Fußball ernster nehmen sollten. Besonders im Kinder- und Jugendbereich müssen Trainer und Verbände verantwortungsvoll handeln. Aber auch im Profisport könnten die Studienergebnisse dazu führen, dass neue Sicherheitsprotokolle eingeführt werden. Langfristig könnte sich das Verständnis darüber, wie das Gehirn auf Stöße reagiert, positiv auf den Schutz von Athleten auswirken.

Auch wenn die meisten Kopfstöße keine akuten Schäden verursachen, bleibt die Frage nach den langfristigen Folgen. Besonders wiederholte, leichte Stöße könnten über die Jahre hinweg das Gehirn nachhaltig beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, dass weiterhin geforscht wird, um sowohl Spieler als auch Trainer und Mediziner aufzuklären und die Sicherheit im Fußball zu erhöhen.

Hier geht es zur Studie der University of British Columbia

Hier geht es zur Studie der Universitätsklinik Regensburg

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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