Biomedizin 24.03.2025, 13:00 Uhr

Zellsteuerung per Lichtimpuls – der Weg zu intelligenter Wundheilung?

MIT-Forschende steuern Zellverformung mit Licht. Die neue Technik macht Gewebe programmierbar, so das Wunden schneller heilen.

Nikta Fakhri

„Indem wir aufzeigen, wie ein lichtaktivierter Schalter Zellen in Echtzeit umformen kann, decken wir grundlegende Gestaltungsprinzipien dafür auf, wie sich lebende Systeme selbst organisieren und ihre Form weiterentwickeln“, sagt die leitende Autorin der Studie, Nikta Fakhri, außerordentliche Professorin für Physik am MIT.

Foto: Adam Glanzman

Eine neue Technologie könnte dabei helfen, Wunden schnell zu schließen oder Medikamente gezielt im Körper freizusetzen. Ein Team am Massachusetts Institute of Technology (MIT)  hat eine Methode entwickelt, mit der sich die Form und Bewegung von Zellen gezielt mit Licht steuern lässt.

Die Forschenden kombinierten genetische Veränderungen mit optogenetischen Techniken, um ein bestimmtes Enzym in Seestern-Eizellen lichtempfindlich zu machen. So konnten sie mit präzisen Lichtimpulsen Zellreaktionen auslösen – von kleinen Kontraktionen bis zur Umformung ganzer Zellstrukturen.  An der Studie arbeiteten neben dem MIT auch Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Universität des Saarlandes und des Whitehead Institute for Biomedical Research mit.

Einblick in die frühe Entwicklung

Das Leben beginnt oft mit einer Bewegung: Eine einzelne Zelle beginnt zu zucken, sich zusammenzuziehen, zu teilen. Diese frühen Prozesse geben den Takt vor für alles, was danach kommt. Forschende am MIT haben nun gezeigt, dass sich diese Bewegungen gezielt mit Lichtimpulsen beeinflussen lassen – ähnlich wie bei einer Marionette an unsichtbaren Fäden.

Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Steuerung von Eizellen, die von Seesternen stammen – ein klassisches Modell in der Entwicklungsbiologie. Der Grund: Diese Organismen zeigen gut nachvollziehbare Entwicklungsschritte, angefangen bei einer symmetrischen Eizelle bis hin zu einem fünfstrahligen erwachsenen Tier.

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Ein Enzym als Schalter

Zentrale Rolle im Experiment spielte ein Enzym, das als „GEF“ bekannt ist. Dieses Molekül wirkt als Schalter in der Zelle. Wird es aktiviert, setzt es eine Signalkette in Gang: Das Enzym verändert den Zustand eines Proteins namens Rho, das wiederum die Zellmembran beeinflusst und muskelähnliche Fasern entstehen lässt. Diese Fasern ziehen sich zusammen – die Zelle beginnt sich zu bewegen.

Fakhris Team vom MIT veränderte dieses Enzym gentechnisch so, dass es auf Licht reagiert. Dazu isolierten sie die mRNA – eine Art Bauanleitung für das Enzym – und injizierten sie in die Seestern-Eizellen. Die Zellen begannen, lichtempfindliche GEF-Enzyme zu produzieren.

Zellen reagieren auf Licht

Die Forschenden setzten auf eine Technik namens Optogenetik. Dabei werden biologische Prozesse mithilfe von Licht gesteuert. In der Praxis bedeutet das: Die Zellen wurden unter ein Mikroskop gelegt und gezielt mit Licht bestrahlt – mal punktuell, mal in Mustern.

Die Reaktion war eindeutig: Je nach Lichtmuster begannen die Zellen zu kontrahieren, sich zu dehnen oder ihre Form zu verändern. In einem Fall konnten die Forschenden die Zelle sogar von einer runden in eine quadratische Form bringen – allein durch Lichtimpulse an den Zellrändern.

Kleine Reize, große Wirkung

Ein überraschendes Ergebnis: Schon ein einziger Lichtimpuls an einer bestimmten Stelle konnte eine starke Reaktion auslösen – eine Art Alles-oder-Nichts-Effekt. „Wir haben festgestellt, dass es sich bei diesem Rho-GEF-Schaltkreis um ein erregbares System handelt“, erklärt Nikta Fakhri, außerordentliche Professorin für Physik am MIT. „Ein kleiner, zeitlich gut abgestimmter Reiz kann eine große Reaktion auslösen.“

Diese Eigenschaft erinnert an Nervenzellen oder Muskelzellen, die ebenfalls auf Reize mit einer vollständigen Reaktion antworten. In der Zelle entsteht damit ein System, das präzise steuerbar ist – ähnlich wie ein elektronischer Schaltkreis.

Neue Wege für die Biotechnologie

Die Erkenntnisse bieten nicht nur neue Einblicke in die Zellbiologie, sondern könnten langfristig auch in der Medizin Anwendung finden. Fakhri spricht von „programmierbaren Zellen“, die sich gezielt zusammenziehen oder ausdehnen – etwa um Wunden zu schließen oder Medikamente gezielt im Körper freizusetzen.

Besonders spannend: Das Team entwickelte auch einen theoretischen Rahmen, mit dem sich vorhersagen lässt, wie eine Zelle auf bestimmte Lichtmuster reagieren wird. Das ermöglicht nicht nur präzisere Steuerung, sondern auch weiterführende Modelle zur Simulation zellulärer Prozesse.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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