Zwei Jahre Corona-Pandemie: Wo wir wirklich stehen
Ende Dezember 2019 traten im chinesischen Wuhan gehäuft schwere Lungenentzündungen unklarer Ursache auf. Anfang 2021 isolierten Forscher ein neues Virus und beschrieben Covid-19. Wo stehen wir im zweiten Jahr der Pandemie medizinisch?
Wie bei anderen viralen Erkrankungen auch setzen Ärzte bei Covid-19 auf vorbeugende und auf therapeutische Maßnahmen. Zwei Jahre nach Beginn der Pandemie hat sich viel getan. Ein Überblick.
Corona: Schützen Impfungen auch vor Delta und Omikron?
Durch moderne molekularbiologische Techniken stehen erstmals Vakzine zur Verfügung, die weder inaktivierte Viren noch virale Eiweiße enthalten. Bei RNA- oder Vektorvirus-Impfstoffen entstehen Proteine im Körper. Darauf reagiert unser Immunsystem.
Impfzentren oder Arztpraxen haben bundesweit in 2021 vor allem das BioNTech/Pfizer-Vakzin verimpft, gefolgt von AstraZeneca. Der Impfstoff von Johnson & Johnson spielt in Deutschland keine große Rolle. Zulassungsstudien unterscheiden sich oft hinsichtlich ihrer Methodik; direkte Vergleiche verschiedener Vakzine sind deshalb schwer. Alle verringern jedoch die Zahl an schwerem COVID-19 mit Krankenhausaufenthalt und die Sterblichkeit deutlich.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte Daten zum BioNTech/Pfizer-Impfstoff zeigen aber auch, dass die Covid-19-Sterblichkeit bei Personen mit Auffrischungsimpfung um 90% niedriger ist als bei Kontrollen ohne eine dritte Dosis. Zum Zeitpunkt der Datenerfassung zirkulierte die Delta-Variante.
Blutgerinnsel bei Vektorvirus-Impfstoffen oder Herzmuskelentzündungen bei mRNA-Impfstoffen sind selten. Das Risiko schwerer Folgen durch Covid-19 erweist sich selbst bei jüngeren Menschen als deutlich höher.
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Wird Covid-19 jemals wieder verschwinden?
Varianten wie Delta oder Omikron zeigen, dass sich SARS-CoV-2 leicht verändern kann. Das Virus passt sich einem äußeren Druck, etwa durch die Immunität Genesener oder Geimpfter an. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren nicht verschwinden wird.
Andere Coronaviren, die nur zu banalen Erkältungen führen, zirkulieren Jahr für Jahr. Durch Veränderungen ihres Erbguts entziehen sie sich dem Schutz unseres Immunsystems. Auch die echte Grippe ist ein gutes Beispiel. Auslöser sind Influenzaviren, die ebenfalls leicht mutieren. Deshalb gibt es in jeder Saison auch andere Impfstoffe. Das könnte auch für SARS-CoV-2 gelten: Vielleicht erhalten wir in Zukunft jeden Herbst eine kombinierte Schutzimpfung gegen Grippe und SARS-CoV-2. Forschende Hersteller arbeiten bereits an solchen Vakzinen.
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Welche Probleme bei Covid-19 bringt die fehlende Digitalisierung mit sich?
Technische Schwierigkeiten in Zusammenhang mit Impfungen erwiesen sich als deutlich schwerwiegender. Deutschland ist nicht gerade Vorreiter bei E-Health. Zwar hat der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versucht, digitale Technologien voranzubringen. Die elektronische Gesundheitskarte bleibt jedoch hinter allen Erwartungen zurück.
Genau das wurde Deutschland während der Pandemie zum Verhängnis. Reihenweise tauchten – und tauchen – gefälschte Impfpässe auf. Das gelbe Heftchen weist keinerlei Sicherheitsmale auf. Zwar werden Manipulationen härter sanktioniert. Tatsache ist aber auch, dass Deutschland digitale Impfausweise benötigt, vor allem in Zeiten einer nahenden Impfpflicht.
Was bringt der Mund-Nasen-Schutz wirklich?
Impfstoffe sind aber nur ein Teil des Konzepts zum Schutz der Bevölkerung. Selbst Geimpfte benötigen FFP2-Masken. Auch sie können das Virus – wohl schwächer – übertragen oder eine Durchbruchsinfektion entwickeln.
Forscher der Max-Planck-Gesellschaft haben vor wenigen Wochen neue Studiendaten zur Effektivität veröffentlicht. Wie sie herausfanden, liegt die Ansteckungsgefahr nach 20 Minuten nur bei 0,1%, falls sich ein geimpfter und ungeimpfter Mensch in einem geschlossenen Raum befinden. Zum Vergleich: Ohne Masken, mit drei Metern Abstand, infiziert man sich nach fünf Minuten mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit.
Wann lässt sich COVID-19 endlich heilen?
Von der Vorbeugung zur Behandlung. In den letzten zwei Jahren haben Forschende zahlreiche Arzneistoffe untersucht, meist mit enttäuschendem Ergebnis. Zur ärztlichen Routine gehören mittlerweile Kortison, um die Entzündung im Körper zu dämpfen, und Arzneistoffe gegen Blutgerinnsel.
Andere Medikamente hemmen bestimmte Enzyme in SARS-CoV-2. Eine weitere Strategie ist, Antikörper gegen das Virus zu entwickeln. Sie binden an den Erreger und verhindern, dass er in Zellen eindringt. Alles in allem gab es keinen wirklichen Durchbruch; neue Pharmaka verringern jedoch die Krankheitslast oder die Sterblichkeit. Eine Heilung von schwerem COVID-19 ist immer noch fern.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz bei neuen Therapien?
Bei der Suche nach Möglichkeiten, Covid-19 zu heilen, setzen Hersteller noch auf eine weitere Strategie. Sie wenden Algorithmen der künstlichen Intelligenz auf digitale Patientendaten an. Viele Untersuchungen werden in den USA oder in skandinavischen Ländern durchgeführt, also Regionen mit hoher Digitalisierung. Zeigt sich, dass Patienten, die ein bestimmtes Medikament gegen eine nicht-virale Krankheit anwenden, seltener an schwerem Covid-19 erkranken, ist dies ein Hinweis, das Arzneimittel gründlicher zu untersuchen.
Schlüssige Beweise liefern aber nur randomisierte, kontrollierte Studien: Patienten mit Covid-19 erhalten neben der Standardtherapie per Zufall entweder den zu untersuchenden Arzneistoff oder ein Scheinmedikament (Placebo).
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