Durchbruch auf dem Weg zum volloptischen Computer
Ein internationales Forscherteam hat den weltweit ersten volloptischen Speicher entwickelt, der sich auf einem Chip integrieren lässt. Damit ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu optischen Computern gelungen. Der Vorteil rein optischer Computer: Sie sind wesentlich schneller und energieeffizienter.
Er ist der Geschwindigkeitskiller aller Computer: Der gefürchtete Von-Neumann-Flaschenhals. Dieses nach dem österreichisch-ungarischen Mathematiker John von Neumann benannte Phänomen bezeichnet die unterschiedlichen Geschwindigkeiten von schnellen Prozessoren und entsprechend langsameren Speicher. Grundsätzlich begrenzt der elektronische Austausch von Daten zwischen Prozessoren und Speicher die Geschwindigkeit moderner Rechner. Die elektronische Datenverarbeitung kommt so an eine Grenze.
Optische Datenübertragung ist ein alter Hut
Dabei ist es in der modernen Datenverarbeitung längst üblich, Daten mit der rasanten Geschwindigkeit des Lichts über Glasfaserleitungen zu übertragen. Geht es dann aber an das Verarbeiten und Speichern dieser Daten, werden die optischen Signale wieder in elektrische konvertiert, wo dann der gefürchtete Von-Neumann-Flaschenhals lauert. Ein Dilemma. Der Königsweg für wirklich schnelle Computer ist daher, die Berechnungen und die Datenspeicherung rein optisch mit Licht durchzuführen.
Auf dem Königsweg
Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Universität Oxford und der Universität Exeter ist es nun gelungen, genau diesen Königsweg zu beschreiten. Sie haben den weltweit ersten dauerhaften volloptischen On-Chip-Speicher entwickelt.
„Optische Bits lassen sich mit Frequenzen bis zu einem Gigahertz schreiben; damit erlaubt unser volloptischer Speicher eine extrem schnelle Datensicherung“, erklärt Professor Wolfram Pernice, der eine Arbeitsgruppe am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT leitet und inzwischen an der Universität Münster tätig ist. „Der Speicher ist sowohl mit der üblichen optischen Datenübertragung über Glasfaser als auch mit modernsten Prozessoren kompatibel“, ergänzt Professor Harish Bhaskaran von der Universität Oxford.
Der Clou: Der neue Speicher kann die Daten ohne jede Stromzufuhr jahrzehntelang völlig verlustfrei bewahren. Für die digitale Archivierung dürfte eine solche ausgereifte volloptische On-Chip-Speichertechnologie ein Segen sein.
Rechenpower durch Mehrebenenspeicher
Der neue Speicher ist dabei gleichzeitig ein Mulit-Level-Memory, also ein Mehrebenenspeicher. Er kann mehrere der kleinsten Informationseinheiten, die sogenannten Bits, in einer einzigen, nur einige Milliardstel Meter großen Zelle halten. Anstatt der üblichen digitalen Informationswerte Null und Eins lassen sich mehrere Zustände in einem Element sichern oder sogar eigenständige Berechnungen ausführen. Das sorgt für zusätzliche Rechenpower.
Phasenwechselmaterialien ändern ihre optischen Eigenschaften
Die Wissenschaftler nutzen dafür sogenannte Phasenübergangsmaterialien. Das sind neuartige Materialien, die ihre optischen Eigenschaften abhängig von der Anordnung der Atome ändern: Sie können in kürzester Zeit zwischen dem kristallinen, regelmäßigen Zustand und dem amorphen, unregelmäßigen Zustand, wechseln. Das Material der Wahl für den volloptischen On-Chip-Speicher ist Ge2Sb2Te5, abgekürzt GST. Dieses GST besteht aus den drei Halbmetallen Germanium, Antimon und Tellur.
Wechsel von kristallin zu amorph
Das GST reagiert auf ultrakurze Lichtpulse, indem es seine Phase ändert. So können die Forscher den Wechsel von kristallin zu amorph, welches synonym für das Speichern von Daten ist, beziehungsweise von amorph zu kristallin, welches dem Löschen von Daten entspricht, auslösen. Die Daten lassen sich mit schwachen Lichtpulsen auslesen und beispielsweise ins Glasfaserkabelnetz einleiten.
Solche dauerhaften volloptischen Speicher auf Chips können die Leistung von Computern in Zukunft ganz erheblich steigern und deren Energieverbrauch senken. In Verbindung mit volloptischen Verbindungen über Glasfaser können diese Chips die heute bremsenden Latenzzeiten deutlich reduzieren. Zu guter Letzt können sie die energieintensive Umwandlung der optischen Signale in elektronische – und umgekehrt – in Zukunft überflüssig machen.
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