Anlagenbau der Zukunft
Steigende Rohstoff- und Energiepreise, höhere Arbeitskosten und eine spürbare Verknappung der Ressourcen lassen die Unternehmen nach neuen Lösungen für deren effizienten Umgang in ihren Produktionsprozessen suchen. Auf der vom Magdeburger Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und Automatisierung (IFF) initiierten Tagung „Anlagenbau der Zukunft“ stand dieses Thema deshalb im Mittelpunkt.
Der effiziente Umgang mit Ressourcen beginnt bei der Planung und zieht sich über alle Etappen der Herstellung, Betrieb, Optimierung von Anlagen, bis hin zu deren Verwertung nach dem Ende der Nutzung. „Es kommt deshalb darauf an, die Potenziale in all diesen Lebenszyklen zu identifizieren und ganzheitlich zu nutzen“, erklärte Prof. Michael Schenk auf der 7. Tagung „Anlagenbau der Zukunft“ Anfang März in Magdeburg. Der Leiter des Fraunhofer-IFF in Magdeburg forderte dabei, nicht bei Einzellösungen stehen zu bleiben, sondern ganzheitliche Ansätze zu verfolgen.
„Es geht nicht mehr um eine Maschine oder Anlage, wir müssen die gesamte Fabrik, möglicherweise sogar die Verbundpartner und Lieferanten eines Industrieparks betrachten“, so Schenk. Auch hier beginne die Herausforderung bereits in der konzeptionellen Phase, etwa bei der Ansiedlung von Firmen mit Synergiepotenzial auf Grundstücken, die einen minimalen Transportaufwand von Vorprodukten untereinander ermöglichen.
Der Anlagenbau der Zukunft ist modular
Der zweite wichtige Ansatzpunkt ist für Schenk der modulare Aufbau von Anlagen, um bei volatilen Marktsituationen rasch reagieren zu können und zugleich das zeitliche und finanzielle Risiko zu minimieren. „Die Kosten teilen sich zu etwa 20 % bis 30 % in die Anschaffung und zum anderen Teil für den Betrieb der Anlage auf“, argumentierte der IFF-Leiter. Wird bei der Erstinvestition bereits auf künftiges Wachstum gesetzt, lasse sich die Anlage zunächst nicht optimal fahren, es entstehen Zusatzkosten für Verschleiß und Energie. Zudem kann ein modularer Aufbau schneller realisiert werden, sodass vor allem bei einem raschen Markteintritt diese Option Vorteile bietet.
Als ein Beispiel, wie das inzwischen auch in der Chemieindustrie umgesetzt wird, demonstrierte die Evonik Industries AG, Hanau-Wolfgang, die bereits containerbasierte Mikroverfahrensanlagen für die Chemieindustrie fertigt. Das 100 t schwere Modul mit einem kleinen Reaktor, Labor und Schleuse passt in einen Container, mit dessen Ausstattung die Prozessentwicklung beim Kunden erfolgt.
Laut Projektleiter Jürgen Lang bringt die auf die Module gestützte sequentielle Prozessentwicklung rund zwei Jahre Zeitvorteil gegenüber dem Aufbau einer konventionellen Anlage. „Zudem haben wir so die Chance, künftig mit dem Markt zu wachsen“, resümierte Lang. „Das räumliche wie inhaltliche enge Zusammenwirken der Ingenieure mit den Verfahrenstechnikern bei der simultanen Entwicklung und dem Engineering bringt einen Paradigmenwechsel“, so der Experte.
Bei Evonik sind modulare Entwicklungsplattformen für den Anlagenbau Standard
Evonik hat inzwischen begonnen, auch solche modularen Entwicklungsplattformen zu standardisieren, um Kosten zu sparen und noch schneller zu werden. Die Container werden heute bereits entsprechend elektrisch vorverdrahtet, die Brandschutztechnik ist ebenfalls vorinstalliert.
Bei den Entscheidungen über Investitionen betrachten die Unternehmen neben den Anschaffungskosten auch die Folgekosten, etwa für Energie, wobei jedoch häufig nach vereinfachten Schemata vorgegangen wird. Als Beispiel nannte Schenk einen Elektromotor mit oder ohne Drehzahlregelung. Die teurere Maschine spare natürlich Energie, unklar bleibe aber meist, wie sich die Effizienz betriebswirtschaftlich exakt berechnen lasse. Hier könne die numerische Simulation energieeffizienter Prozesse zusätzliche Daten liefern, die bislang aber nur punktuelle Betrachtungen zulasse. Derzeit laufen jedoch am IFF Projekte, um auch Simulationen unter wechselnder Last durchführen zu können.
Anlagenbau: Technische Pumpen mit hohem Effizienzpotenzial
Ein besonders hohes Effizienzpotenzial haben hierbei die technischen Pumpen, die laut Gerhard Berge, Anlagenautomatisierungsexperte bei KSB, Frankenthal, derzeit für rund 30 % des elektrischen Verbrauchs in Industrieanlagen verantwortlich sind. „Viele Pumpen sind nach unseren Erkenntnissen energetisch ungünstig, weil sie zu groß ausgelegt sind.“ Durch die Anpassung der Laufräder oder die Drehzahlsteuerung bei Teillast lasse sich das optimieren, doch seien bislang meist die Wirkungsgrade der Antriebssysteme bei Teillast der Pumpen nicht bekannt, obwohl das im praktischen Betrieb eigentlich der Normalfall sei. Berge sieht hier besonders große Vorteile beim Einsatz von synchronen Reluktanz-Motoren, die anstatt der bisher üblichen Wirkungsklasse 3 mindestens Klasse 4 erreichen würden.
Das Konzept ist bereits seit Längerem am Markt, doch bislang scheint das Interesse bei vielen Anlagenbetreibern noch nicht sehr ausgeprägt. „Wenn, wie erwartet, die EU ihre Richtlinien zur Energieeffizienz schon bald drastisch verschärft, wird sich auch bei den Pumpen viel bewegen lassen“, versicherte Berge jedoch den Tagungsteilnehmern.
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