Atemhauch genügt – und schon erzeugt Textilfaser Twistron Strom
Diese Textilfaser aus Texas ist wirklich ein Wunderding: Sogar die geringe Bewegung durch einen Atemzug genügt ihr, um Strom zu erzeugen. Twistron könnte nicht nur die Batterien in Pulsmessern oder Leuchtdioden ersetzen, sondern aus der Wellenkraft der Meere viel mehr Strom gewinnen als bisher möglich. Sogar Datenübertragung für das Internet der Dinge wäre möglich.
Man muss sich das mal vorstellen: Ein Marathonläufer trägt ein T-Shirt, das durch die schiere Bewegung seines Trägers genug Strom erzeugt, um seine Uhr und seinen Pulsmesser zu betreiben. Oder: Irgendeine Person, die verzweifelt nach einer Stromquelle sucht, weil die Handybatterie leer ist, müsste nur ein bisschen Gymnastik machen, damit der Akku wieder aufgeladen wird. Schöne Sache. Aber Ray Baughman und seinen Kollegen von der University of Texas in Dallas geht es um viel mehr. Sie denken an die Energieversorgung der Zukunft. Aber dafür haben sie ganz, ganz klein angefangen.
Wirklich ganz klein. Ein menschliches Haar ist etwa zehntausend Mal dicker als so ein Kohlenstoffröhrchen, wie es die internationale Forschergruppe entwickelt hat. Aus den Nanoröhrchen zwirbelten sie einen Faden, der um etwa ein Drittel seiner Größe gedehnt werden kann. Schließlich ummantelten sie den Faden mit einer Elektrolytlösung, um optimale Stromleitfähigkeit zu erreichen.
Weit mehr Leistung als bisherige Fasern
Wenn man diese Fasern dehnt, werden sie schmaler, und damit nähern sich die elektrischen Ladungen in dem Elektrolyten einander an. Und daraus entsteht ein winziger Spannungspuls. Eine größere Menge verwobener Fasern konnte auf diese Weise jedenfalls so viel Strom erzeugen, dass eine Leuchtdiode oder ein Pulssensor damit betrieben werden konnte.
Zwar sind solche Stromfasern keine völlig neue Erfindung, aber mit einer Leistung von 250 Watt pro Kilogramm soll das neue Material namens Twistron bisherige Erfolge weit übertreffen. Und deshalb ist die Entwicklung nicht nur für so genannte intelligente Kleidung interessant, sondern auch für kleine Wellenkraftwerke. Zu dicken Tauen gebündelt, könnten die Fasern zwischen einer Boje und einem Senkblei eingespannt werden und so durch die Wellenbewegung Strom erzeugen.
Um das zu beweisen, watete der koreanische Co-Wissenschaftler Shi Hyeong Kim ins eiskalte Wasser vor der südkoreanischen Ostküste und platzierte dort ein zehn Zentimeter langes Stück Nano-Garn, das nur ein Milligramm wog, zwischen einem Ballon und einem Senkblei, das aus dem Meeresboden ruhte. Jedes Mal, wenn eine Welle heranrauschte, dehnte sie das Garn um bis zu ein Viertel seiner ursprünglichen Länge aus, so dass eine messbare Menge Strom erzeugt wurde.
Datenübertragung für das Internet der Dinge
Die Forscher haben in ihren Studien sehr geringe Mengen der Fasern genutzt. Aber sie sind überzeugt, dass der Ertrag massiv gesteigert werden kann, wenn man Garn mit größerem Durchmesser und viele parallel laufende Fasern nutzt. „Im Augenblick ist unsere Erfindung vor allem für den Betrieb von Sensoren und der Kommunikation zwischen Sensoren geeignet“, räumt Baughman ein. Aber: „Wenn unser Twistron billiger hergestellt werden kann, dann könnte es am Ende die enormen Mengen Energie abschöpfen, die in Meereswellen steckt.“
Auf absehbare Zeit realistischer ist wohl die Anwendung der Nanofasern für das Internet der Dinge. Denn die Studien haben gezeigt: Schon auf dem heutigen Entwicklungsstand reichen 31 Milligramm der Fasern, um so viel Energie zu erzeugen, dass damit ein Datenpaket von 2 KB über 100 Meter übertragen werden kann, und das alle zehn Sekunden.
Mit dem Druck, der beim Laufen auf den Boden ausgeübt wird, wollen andere Forscher Strom erzeugen. Beim Marathon in Paris wurde die Technik bereits eingesetzt.
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