Aufbereitete Antriebe schonen Ressourcen und bringen Zeitgewinn
Die regelmäßige Wartung älterer Großantriebe ist ökologisch wie auch ökonomisch sinnvoll. Nicht nur dass sich dadurch die Produktlebensdauer deutlich verlängert und der Antrieb schneller wieder zur Verfügung steht als beim Neubau. Die von Experten aufbereiteten Motoren sparen Ressourcen und punkten zusätzlich durch ein Plus an Energieeffizienz. In manchen Regionen der Welt allerdings werden die Servicemitarbeiter der Hersteller vor besondere Herausforderungen gestellt
Knapp 10 % ihres Jahresumsatzes erwirtschaftet die Schorch Elektrische Maschinen und Antriebe, eine Tochter der ATB-Gruppe aus Wien, im Servicegeschäft. Mehr als 300 gebrauchte Großmotoren kommen alljährlich zur Aufbereitung in das Mönchengladbacher Werk. Zusätzlich sind zehn Servicekräfte des Unternehmens permanent weltweit unterwegs, um dort Aggregate zu warten oder zu reparieren. „Mit diesem Service leisten wir wichtige ökologische und ökonomische Beiträge“, erläuterte Volker Jennessen im Gespräch mit den VDI nachrichten. Denn nur gut überholte Motoren bringen nach Aussage des Schorch-Serviceleiters ein Höchstmaß an Verfügbarkeit und den maximal möglichen Wirkungsgrad. Zudem erhöhe sich deren Lebenserwartung signifikant und erspare dadurch den zeit- und ressourcenintensiven Neubau.
Noch größeres Sparpotenzial sieht der Experte im Bereich Retrofitting, also dann, wenn das betagte Aggregat durch zusätzliche Ingenieurleistungen – z. B. durch die Neuberechnung der Aktivteile wie Läufer und Stator – auf den aktuellen Stand der Technik gebracht wird. „Dies ist eine kostengünstige Alternative zum Neukauf eines Motors. Schließlich betragen die Kosten für einen Retrofit-Motor nur etwa 40 % bis 60 % des Preises, den ein neues Aggregat mit vergleichbarer Leistung kosten würde“, erklärte Jennessen. Zudem sei der generalüberholte Motor wesentlich energieeffizienter als das bisherige Aggregat.
Doch nicht nur die geringeren Anschaffungskosten führen dazu, dass Antriebstechnik fit gemacht wird für ein neues Arbeitsleben, auch der Zeitfaktor spielt eine beachtliche Rolle, wie Jennessen, Retrofit-Experte bei Schorch, anhand eines aktuellen Beispiels erläuterte. So war in einem Zementwerk in Hessen der Motor einer Zementmühle mit einem Wicklungsschaden ausgefallen. Das betagte Bauteil aus dem Jahr 1961 ließ sich nicht ohne Weiteres ersetzen, da diese Baureihe schon lange nicht mehr existiert. Eine Neuanfertigung hätte mindestens 14 Monate gedauert und somit zu erheblichen Produktionsausfällen in dem betroffenen Zementwerk geführt.
Eine umfassende Reparatur dagegen war in nur 16 Wochen möglich. Und das, obwohl der 35 t schwere Drehstrom- asynchronmotor mit Schleifringläufer und einer Leistung von 2400 kW bei einer Synchrondrehzahl von 500 min-1 besonders schwere Schäden aufwies. Ein Wicklungsschaden hatte zu einem schleifenden Kontakt zwischen Rotor und Stator geführt. So reichte es in diesem Fall nicht aus, nur die Wicklungen zu erneuern.
„Wir mussten praktisch ein neues Läuferblechpaket mit einer neuen Läuferwicklung auf der alten Welle fertigen und einen neuen Stator mit einer neuen Statorwicklung in das alte Gehäuse installieren. Dazu waren umfangreiche Neuberechnungen erforderlich. Die Kosten für diese Aufbereitungsmaßnahme liegen deshalb bei rund 60 % des Neupreises. Doch wird jetzt das Bauteil bei entsprechender Pflege sicher noch weitere 40 Jahre seinen Zweck erfüllen“, verdeutlichte Jennessen.
Als erfreulichen Nebeneffekt hat der generalüberholte Motor alleine durch den Einsatz moderner Dynamobleche und Isolierstoffsysteme eine kleine Wirkungsgradsteigerung von 0,5 % erfahren. „Das mag zwar auf dem ersten Blick wenig erscheinen, bei einer Leistung von 2,4 MW aber bringt diese Steigerung unter dem Strich doch ein deutlich spürbares Energiesparpotenzial“, sagte der Schorch-Serviceleiter.
Nach der erfolgreichen Reparatur musste das aufbereitete Aggregat seine wiedergewonnene Leistungsfähigkeit noch in dem firmeneigenen Prüffeld unter Beweis stellen. „Dort können wir jeden Motor mit variablen Frequenzen, Spannungen und Lastzuständen auf Herz und Nieren prüfen. Hinzu kommen Schwingungsmessungen und -analysen sowie Geräuschmessungen“, betonte der Experte auf Basis aktueller EN/IEC Normen.
Häufig arbeiten die Schorch-Servicetechniker auswärts, denn viele Reparaturen und Wartungen lassen sich nur vor Ort in den Produktionsstätten erledigen. Dazu sind Achim Meurer und seine neun Außendienstkollegen weltweit im Einsatz. Manchmal auch unter sehr abenteuerlichen Bedingungen. So erinnert sich Meurer gut an einen Auftrag im Iran, bei dem er für die Aufstellung einer generalüberholten 16 t schweren Vertikalmaschine einen Autokran bestellt hatte.
Nach zwei Tagen Wartezeit kam der Kran tatsächlich, wurde an der Baustelle abgestellt und der Schorch-Techniker bekam die dazugehörigen Schlüssel in die Hand gedrückt. Auf die Frage, wo denn der Kranführer sei, hieß es nur, dieser sei im Krieg und stehe nicht zur Verfügung. Meurer: „Ich habe anschließend zwei Tage lang die Bedienung des Krans geübt und meinen Motor dann selber auf das Fundament gesetzt.“ Im Werk in Mönchengladbach herrschen für den Techniker dagegen sehr geregelte Verhältnisse. Vor allem ist in dem Job viel Erfahrung gefragt, die er auch an seine jungen Kollegen im Werk weitergibt. ROLF MÜLLER-WONDORF
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