Industriereste sinnvoll verwerten 31.10.2013, 14:16 Uhr

Aus Papierfaserschlamm werden nanokristalline Dämmplatten

Papierfaserschlamm ist ein Nebenerzeugnis der Papierindustrie. Bislang ist es völlig unbrauchbar. Doch zukünftig könnten sich daraus neuartige Platten zur Wärmedämmung herstellen lassen. 

Nanokristalline Dämmplatten aus Papierschlamm sind deutlich leichter als klassische ölbasierte Platten. 

Nanokristalline Dämmplatten aus Papierschlamm sind deutlich leichter als klassische ölbasierte Platten. 

Foto: Fraunhofer-Institut

In der europäischen Papierindustrie fallen jedes Jahr rund elf Millionen Tonnen Papierfaserschlamm an, ein Brei aus winzigen Cellulosefasern, der für die Papierproduktion ungeeignet ist. Jetzt ist es Wissenschaftlern der Hebrew University in Jerusalem gelungen, daraus nanokristalline Faserplatten herzustellen. Diese haben derzeit lediglich die Größe einer Postkarte, könnten aber zukünftig als Dämmplatten den Wärmeverbrauch von Gebäuden reduzieren. Dabei sind sie deutlich leichter als klassische Platten, die auf Öl basieren.

Brei wird wie Instantkaffee in Unterdruckkammer gefriergetrocknet

Die Fasern werden zunächst weiter zerkleinert, sodass nanokristalline Cellulose entsteht. Diese wird mit Zuschlagstoffen angereichert, etwa mit Flammschutzmitteln. Ein natürliches Harz, das beispielsweise aus Abfällen der Zuckerrohrverarbeitung gewonnen wird, sorgt für die Stabilität der späteren Platten. Der so vorbereitete Brei wird schließlich in Formen gegossen. In einer Unterdruckkammer wird er dann gefriergetrocknet, ähnlich wie Instantkaffee. Die entweichenden Wassermoleküle lassen dabei Poren zurück, sodass die getrocknete Platte Wärmedämmeigenschaften hat.

Am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen soll die Produktionstechnik jetzt so verändert werden, dass auch größere Platten machbar sind. „Wir wollen der Bauindustrie künftig Dämmplatten anbieten können, die mindestens 50×100 Zentimeter groß sind“, erklärt Stephan Kabasci, der bei Umsicht die Abteilung Biobasierte Kunststoffe leitet. Vor allem geht es darum, den Energieverbrauch bei der Herstellung zu minimieren. Außerdem sollen die Abfälle aus der Papierproduktion rückstandfrei verwertet werden.

Zehn Millionen Häuser verbrauchen zu viel Energie

Antrieb für die Forscher ist der Plan der Europäischen Union (EU), bis zum Jahr 2050 alle Gebäude energetisch zu sanieren. Europaweit brauchen rund zehn Millionen Häuser eine solche Kur. Die Entwicklung der nanokristallinen Dämmplatten gehört zu einem von der EU aufgelegten Forschungsprojekt, das sich nicht auf bloße Wärmedämmung beschränkt, sondern auch die Nutzung natürlicher Rohstoffe vorwärts treiben soll. Denn heute verwendete Platten werden vorwiegend aus Erdöl hergestellt, das in wenigen Jahren zu einem knappen Gut zu werden droht.

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Die ersten industrietaglichen Exemplare der Platten sollen im Außen- und Innenbereich von Gebäuden in Spanien und der Tschechischen Republik getestet werden.

 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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