Beschichtung mit keimtötenden Metall-Ionen macht Operationssäle sicherer
Eine neue Oberflächenbeschichtung Saarbrücker Materialforscher gibt keimtötende Metall-Ionen an ihre Umgebung ab. Sie soll zukünftig das Risiko der Krankenhausinfektion weiter senken. Denn immer noch sterben jedes Jahr in Deutschland tausende Menschen an ihren Folgen.
Rund 900.000 Menschen infizieren sich angeblich jedes Jahr in Deutschland mit Krankenhauskeimen, 30.000 von ihnen sterben an den Folgen. Das hat eine Untersuchung ergeben, welche die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) aus Berlin Ende März präsentiert hat. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wehrt sich gegen diese Zahlen. „Jede vermeidbare Infektion infolge einer medizinischen Behandlung ist eine zu viel. Es ist aber unverantwortlich gegenüber Patienten und wenig hilfreich für die Krankenhäuser, nicht gesicherte Annahmen über Todesfallzahlen in die Welt zu setzen“, ist DKG-Geschäftsführer Georg Baum empört. Wie viele potentiell abwendbaren Infektionen tatsächlich zum Tod führten, wisse niemand. Das nationale Referenzzentrum gehe von jährlich 2000 bis 4500 Fällen aus.
Oberflächenbeschichtung sondert keimtötende Metall-Ionen ab
Unabhängig davon, wie hoch die Zahl der Todesfälle tatsächlich ist: Die Forschung setzt alles daran, sie weiter zu senken. Ein neuer Durchbruch könnte jetzt Wissenschaftlern aus Saarbrücken gelungen sein. Sie haben eine antimikrobielle Beschichtung entwickelt, die keimtötende Metall-Ionen nach und nach an die Umgebung abgibt. „Die neue Entwicklung verbindet mehrere Eigenschaften, welche die Anwesenheit von Keimen und Pilzen auf Flächen praktisch auf null setzt“, erklärt Carsten Becker-Willinger, Leiter des Programmbereichs Nanomere am Leibniz-Institut für neue Materialien (INM). Die Schicht eigne sich gleichermaßen für große und harte Flächen, Türklinken und Kleidung.
Das Geheimnis der neuen Beschichtung sind winzige Silberteilchen, sogenannte Kolloide. Sie geben die keimtötenden Metall-Ionen an die Umgebung ab, und zwar über eine lange Zeit. „Die Metallkolloide sind nur wenige Nanometer groß. Durch ihr besonderes Verhältnis von Größe und Oberfläche lässt sich ein ausgeprägter Langzeiteffekt verwirklichen“, erklärt Becker-Willinger. „Der Verbrauch der Metalle zu Metall-Ionen ist dabei so gering, dass die Wirksamkeit der Beschichtung auf mehrere Jahre eingestellt werden kann.“ Zudem sei die Beschichtung antiadhäsiv, so dass die abgetöteten Keime nicht anhaften können. Somit verhindere sie gleichzeitig die Bildung eines flächendeckenden Biofilms.
Operationssäle sollen zukünftig noch sicherer werden
Besonders hygienisch hochsensible Bereiche wie Operationssäle könnten zukünftig noch sicherer werden. Das neue Material soll sich im Sprüh- oder Tauchverfahren auf Untergründe aus Kunststoff, Keramik und Metall auftragen lassen. Anschließend härtet es thermisch oder photochemisch aus. Somit könnten sich mit relativ geringem Aufwand nahezu alle Komponenten eines Operationssaals beschichten lassen – von Lampen bis hin zu Computern.
Die Wirkung des neuen Materials konnten die Forscher aus Saarbrücken bereits mit dem standardisierten Testverfahren ASTM E2 180 beweisen. Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes Cuvito arbeiten sie jetzt daran, neben Silber verstärkt Kupferkolloide und Kupfer-Ionen einzusetzen. Damit wollen sie weitere Anwendungsfelder erschließen. Zu sehen ist das Material ab dem 7. April auch auf der Hannovermesse.
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