Brother will mit neuen Geschäftsfeldern wachsen
Zurzeit trifft sich auf der Drupa in Düsseldorf die Weltdruckbranche des kommerziellen Drucks. Auch Unternehmen aus dem Bereich der Bürodrucker und Kopierer sind mit dabei. Eines der wenigen, das fehlt, ist Brother Industries. „Das kommerzielle Druckgeschäft ist nicht unser Weg“, erklärte dazu im Messe-Vorfeld Konzernchef Toshikazu Koike. Dabei entwickeln Brothers Ingenieure eine Drucktechnik, die helfen könnte, diesen Markt zu erschließen.
Flapp, flapp, flapp – quasi im Sekundentakt spuckt der Drucker eine bedruckte Seite nach der anderen aus. Daneben stehen recht nervös zwei Maschinenbediener, die kritisch beäugen, dass die umstehenden Fachjournalisten nur ja keinen der Ausdrucke behalten.
Brother-Prototyp druckt 100 Seiten pro Minute
Der Grund für die Nervosität: Der DIN-A4-Schwarz-Weiß-Bürodrucker mit der üblichen Größe eines leistungsfähigen Laserdruckers, der auf 40 bis 50 Seiten/min kommt, ist noch ein Prototyp. Keine gedruckte Seite darf der Konkurrenz in die Hände fallen. Denn der neue Drucker arbeitet mit 100 Seiten/min doppelt so schnell wie die üblichen Lasermaschinen – aber mit Tintenstrahltechnik. Erst in ein bis zwei Jahren wird es das Produkt im Markt geben.
Mit der neuen Technologie will Brother im Druckerbereich den immer noch recht gut laufenden Bereich der Monochrom-Laserdrucker angreifen. Die japanischen Entwicklungsingenieure machen eine Drucktechnik für den Bürobereich marktreif, die bisher hier gar nicht eingesetzt wird. Denn die Tintenstrahldruckköpfe bewegen sich nicht, wie bei üblichen PC-Druckern, über das Papier hinweg, sondern sind starr angebracht. Nur das Papier schießt unter den Druckköpfen hindurch.
Brother nimmt Xerox, Ricoh und HP ins Visier
Diese Art von Druckköpfen wird so auch von Herstellern wie HP, Kyocera, Konica Minolta hergestellt – eingesetzt jedoch vor allem im kommerziellen Druck für Digital- und Produktionsdruckmaschinen, wie sie zurzeit auf der Drupa zu sehen ist. HP setzt sie auch im DIN-A3-Bereich ein – nicht aber für DIN A4. Brother positioniert sich also neu. Im Visier der Japaner dürften die Konkurrenten Xerox, Ricoh und HP stehen.
Gezeigt hatte Brother diese Technologie erstmals 2005 auf der Weltausstellung im japanischen Aiichi, nahe des Brother-Headquarters in Nagoya. Mit 170 Seiten/min ratterten damals kleine Farbfotos aus zwei Druckern – keine Schwarz-Weiß-Briefe in DIN A4 wie heute. Die Drucker waren Laborgeräte, komplett verkleidet. Seitdem haben die Ingenieure in Nagoya getüftelt.
„Das war damals eine kleine Maschine, mit vier 4,25-Zoll-Druckköpfen für die vier Farben“, erklärt Brother-Chef Toshikazu „Terry“ Koike. „Wir haben die letzten sieben Jahre daran gearbeitet, aus dem kleineren Druckkopf einen 8,5-Zoll-Monochromdruckkopf mit mehr als 5000 Tintenstrahldüsen zu machen. So ist es uns gelungen, diesen sehr kompakten DIN-A4-Monochrom-Drucker mit 100 Seiten/min zu entwickeln.“
Allerdings hatte Brother 2005 noch mehr mit der Technologie vor als Koike heute. „Mögliche Anwendungen für diese Technik werden Label- und kommerzieller Fotodruck, Verpackungen und verschiedene Bereiche des industriellen Drucks sein“, erklärte damals Shigeki Ichikawa, Director and Managing Executive Officer in Charge of Technology Planning and Intellectual Property im Brother-Headquarter.
Das sind nicht nur Bereiche, auf denen Brother bislang nicht aktiv ist, sondern genau jene Bereich des kommerziellen Drucks, die heute für Firmenchef Koike tabu zu sein scheinen. „Wir zielen damit auf Managed Printed Services und Unternehmenskunden. Unter keinen Umständen werden wir den Bereich des kommerziellen Drucks berühren“, sagte Koike auf Nachfrage.
Brother: Finanzkrise und Tsunami werfen Wachstumspläne über den Haufen
Wie die meisten japanischen Unternehmen haben die Finanzkrise, der Tsunami und das Erdbeben ursprüngliche Wachstumspläne über den Haufen geworfen. 2003 hatte Brother im Rahmen des Geschäftsplans „Global Vision 21“ für 2012 eine Umsatzmarke von 1000 Mrd. ¥ ausgegeben. Im am 31. März 2012 abgelaufenen Geschäftsjahr waren es knapp 493 Mrd. ¥. Zwischenzeitlich, in den Jahren 2006 und 2007, hatte Brother bereits die 560-Mrd.-¥-Grenze überschritten.
Seit letztem Jahr hat Koike den Nachfolger zu „Global Vision 21“ aufgelegt. Der Nachfolger „Back to Growth“ soll das langfristige Ziel von 10 Mrd. $ Umsatz noch erreichen, das eigentlich für 2012 geplant war. „Bisher ist das Ergebnis gut und wir wachsen fast in jedem Land.“ Für 2015 ist das Ziel von 750 Mrd. Yen ausgegeben.
Brother-Chef Koike: „Wie müssen wachsen“
„Wir müssen wachsen“, betonte Koike, nur so sei man im Konzert der Großen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig. „Daher versuchen wir neue Geschäftsfelder zu erschließen.“ Brother brauche zwischen drei und fünf verschiedene Geschäftsfelder in drei bis vier Weltregionen, um stabil aufgestellt zu sein. Auf einer europäischen Großveranstaltung in Berlin Mitte April kündigte Koike daher an, dass sich sein Unternehmen jetzt in den Märkten für Scanner und Videokonferenzsysteme sowie Head-up-Displaybrillen engagieren werde. Die Displaybrille namens Air-
scouter wird seit Mitte April in Japan vertrieben. „Wir liefern zurzeit den Airscouter an die Systemintegratoren aus“, bestätigt Koike. Wann er nach Europa komme, sei noch nicht entschieden.
Insgesamt will Brother in den kommenden vier Jahren knapp 2 Mrd. $ in Forschung und Entwicklung investieren. „Diese neuen Geschäftsfelder müssen auf 4 % bis 5 % des Umsatzes wachsen“, so Koike. „Das Druckgeschäft muss auf 45 % bis 50 % schrumpfen. Wir setzen außerdem zurzeit viel daran, in den Entwicklungsländern zu wachsen. So wollen wir das Wachstum anschieben.“
Generell hat sich Brother jedoch mit schwarzen Zahlen ganz gut aus der Krise gearbeitet. „Wir hatten Glück“, meinte Koike auf die Frage, wie das zu erklären sei, um dann nachzusetzen: „Wir sind es gewohnt, uns in einem harten Wettbewerbsumfeld gegen Unternehmen wie HP und Samsung durchzusetzen.“
Brother hat zurzeit ein Währungsproblem: „In japanischen Yen sieht es nicht so aus, als würden wir wachsen“, sagt Koike, „aber in fast allen Ländern wachsen wir auf Basis der lokalen Währung, wie des US-Dollars oder des Euros.“
Brother spielt nicht nur im Druckgeschäft mit
Brother hat aber noch andere Geschäfte außer dem Druckgeschäft, die kaum bekannt sind. So fertigen die Japaner neben Karaokemaschinen auch Werkzeugmaschinen, die zurzeit stark gefragt sind. „Unser Werkzeugmaschinengeschäft wächst aufgrund der vielen Kunden aus dem IT-Bereich weiter.“
Im IT- und Kommunikationssektor werden die Werkzeugmaschinen nämlich für Smartphones und Tablet-PCs, etwa zur Herstellung von Aluminiumteilen, eingesetzt. „Daher wächst das Geschäft weiter, sehr stetig, und wir versuchen mehr Werkzeugmaschinen in China zu fertigen.“
Koike gab sich „halbwegs zufrieden“ mit dem Werkzeugmaschinengeschäft. Man wolle vor allem darin investieren, die Anlagen in Zukunft schneller und effizienter zu machen.
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