Daimler erwartet von Dienstleistern künftig CAD-Daten im NX-Format
Überraschend für viele Marktbeobachter hatte Daimler 2010 den Wechsel seiner Produktentwicklungssoftware (CAD-Systeme) angekündigt. Gegenüber den VDI nachrichten charakterisierte Dr. Peyman Merat, Projektleiter „PLM 2015“ bei Daimler, Stuttgart, den aktuellen Stand des Systemwechsels und weitere Schritte.
VDI nachrichten/INGENIEUR.de: Herr Dr. Merat, im November 2010 wurde die CAD-Umstellung von Catia V5 nach NX beschlossen. Was hat sich seitdem getan?
Dr. Merat: Wir haben 2011 begonnen, unsere Methoden und Toolbaukästen auf Basis von NX anzupassen. Dazu wurden über 150 Anwendungsszenarien definiert. Sie decken die Anforderungen der verschiedenen Domänen ab und berücksichtigen die Besonderheiten der einzelnen Geschäftsbereiche. Die Umstellung läuft auf Hochtouren. Der erste Produktiv-Pilot wird sogar schon Anfang 2012 im Pkw-Bereich starten. Der Abschluss der Umstellung ist auf Ende 2015 für die Mercedes-Benz-Bereiche Pkw und Transporter terminiert. Lkw und Bus schließen bis Ende 2016 ab.
Wie verhindern Sie Wirkungsgradverluste bei den Anwendern bei der Ablösung von V5 durch NX?
Dr. Merat: Einerseits nutzen wir ein mit Siemens entwickeltes Migrationsstool, um unsere parametrischen Catia-Daten möglichst verlustfrei nach NX zu konvertieren. Die Datenmigration wird durch unsere Kollegen bei Mercedes-Benz Research and Development – MBRDI in Indien durchgeführt. Andererseits haben wir ein modulares Schulungskonzept aus einzelnen Bausteinen aufgebaut, die wir für den jeweiligen Anwendungsfall kombinieren. Zwischen den Schulungsmodulen gibt es intensiv vor Ort unterstützte „Training-on-the-Job-Einheiten“.
Niemand macht sich gerne von einem Anbieter abhängig. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Siemens, und wie hat sie sich im letzten Jahr verändert?
Dr. Merat: Wir pflegen mit Siemens PLM eine intensive und kooperative Partnerschaft mit gegenseitigem Respekt und hoher Zielorientierung. Die bereits im Vorprojekt sehr gute Zusammenarbeit wurde im Hauptprojekt fortgeführt und intensiviert. Mit Siemens PLM haben wir einen Partner, der unsere Prozessanforderungen sehr schnell auffasst, adressiert und umsetzt. Die nächsten NX-Versionen berücksichtigen unsere Anforderungen und sind entsprechend unserer Meilensteine für die Umstellung fest eingeplant.
Was sind die nächsten Ziele?
Dr. Merat: Das Jahr 2012 wird ereignisreich: Wir müssen alle Vorbereitungen wie z. B. die Methoden- und Toolbaukästen und die Schnittstelle zwischen Smaragd und NX abschließen, damit ab Sommer 2012 die ersten Produktprojekte bei Mercedes-Benz Pkw und parallel bei den Transportern sowie beim Bereich Antriebsstrang Lkw mit NX beginnen können.
Auf was müssen sich Ihre Zulieferer einstellen?
Dr. Merat: Die Daimler AG erwartet von Engineering Dienstleistern und Generalunternehmern, dass sie ab der Einführung von NX bei den entsprechenden Baureihen CAD-Daten im zukünftigen Prozessformat NX liefern. In bestimmten Fällen – abhängig von internen Prozesskriterien – werden wir auch das neutrale Format JT als primäres Datenformat akzeptieren. Dazu laufen Pilotprojekte mit ausgewählten Zulieferern.
Ab Februar 2012 starten wir mit der Schulung und Zertifizierung von Dienstleistern, die dann Lieferanten in den auf NX adaptierten Daimler-Methoden schulen können.
Wie steht es um den Wechsel von Smaragd auf Teamcenter?
Dr. Merat: Unser heutiges PDM-System Smaragd läuft bereits auf Basis von Teamcenter Enterprise. Wir haben eine zweistufige Vorgehensweise gewählt. In der ersten Stufe wird NX vollständig eingeführt. Um einen stabilen Prozess zu gewährleisten, wird das PDM-System zunächst weitgehend unverändert beibehalten.
In der zweiten Stufe wird die nächste Generation Smaragd in Angriff genommen. Zur Vorbereitung werden wir die Abläufe allerdings mit einzelnen Piloten schon vorher absichern. Das erste Projekt wird hier 2012 die sukzessive Einführung von NX und Team-Center Unified Architecture – kurz TCUA – im Bereich Antriebsstrang sein.
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