Der 3-D-Druck wird erwachsen
Der 3-D-Druck fasziniert nicht nur Internetnutzer, die über Webplattformen wie Shapeways oder Fabbeo, einem Berliner Unternehmen, individuelle Produkte entwerfen und von Dienstleistern produzieren lassen. Auch immer mehr Firmen interessieren sich für die generische Fertigungstechnik, mit der sich komplexe Bauteile in kleinen Serien kostengünstig fertigen lassen.
Anfang Juni hatte der VDMA zu einem Expertengespräch eingeladen. Gekommen waren eine Vielzahl von Interessenten aus unterschiedlichsten Branchen. „Die rund 60 Teilnehmer spiegelten die industrielle Bandbreite wider, für die der 3-D-Druck im Maschinenbau potenziell relevant ist“, sagt Rainer Gebhardt, Experte für die innovative Technologie beim VDMA-Fachverband Druck. Vertreter von Werkzeugmaschinenherstellern, Automatisierungsspezialisten und viele Teilnehmer aus der Autozulieferindustrie waren gekommen. Das zeige, dass der 3-D-Druck in eine neue Phase getreten sei, so Gebhardt. „Die Palette der Anwendungen ist inzwischen so vielfältig, sodass es fahrlässig wäre, wenn die Industrie sich nicht mit dem alternativen Fertigungsverfahren intensiver beschäftigen würde“, berichtet er.
Medien feiern 3-D-Druck als Hype
In den Medien wird der 3-D-Druck zurzeit als Hype gefeiert. Einfache 3-D-Drucker sind inzwischen so billig geworden, dass sich im Prinzip heute jeder an seinem Computer mithilfe von leicht bedienbaren Konstruktionsprogrammen im Internet Automodelle, Figuren oder Handyhüllen entwerfen und zuhause auf einem 3-D-Drucker selbst herstellen kann. Das könnte die Wirtschaft künftig komplett auf den Kopf stellen, glauben Marktforscher von Global Industry Analysts (GIA) oder Gartner. Produkte, die heute noch in Niedriglohnländern gefertigt werden, könnten wieder zurückgeholt und zu vergleichbaren Kosten im eigenen Land hergestellt werden, schwärmen Analysten.
Solche Gedankenspiele sind für die Maschinenbauer noch Zukunftsmusik, sie interessierten sich bei dem Treffen in Frankfurt eher für ganz pragmatische Perspektiven der alternativen Fertigungstechnik, erklärt Gebhardt. So ermöglicht das 3-D-Verfahren z. B. eine ganz neue Flexibilität in der Produktion und damit in der Lagerhaltung. „Wie beim Print-on-demand wird das Teil erst dann hergestellt, wenn es der Kunde ordert“, so der VDMA-Experte. Statt ein breites Angebot an Ersatzteilen vorzuhalten, erfordern generische Verfahren künftig nur noch die 3-D-Daten.
In ersten industriellen Anwendungen hat sich der 3-D-Druck bereits bewährt. Beispielsweise zur Herstellung von Sandgussformen: Seinen ersten industriellen 3-D-Drucker hat Rainer Höchsmann bereits Anfang 2000 zusammen mit BMW in Landshut entwickelt. Der Autobauer suchte ein Verfahren mit dem das Gießen von Zylinderköpfen optimiert werden könnte. Höchsmann hatte sich bereits während seines Studiums an der TU München Ende der 1990er-Jahre mit der Herstellung von Sandkernen im 3-D-Druck beschäftigt. 2001 hat der Ingenieur die Druckmaschine entwickelt, die seit dieser Zeit bei BMW für die Prototypenproduktion genutzt wird.
Der Vorteil für die Entwickler beim Autobauer: Sie können komplexe Teile sehr einfach herstellen. „Statt mehrere Wochen brauchen sie nur noch 24 Stunden für die Entwicklung eines Zylinderkopf-Prototypen“, berichtet Höchsmann. Außerdem wird die Produktion präziser. „Die Sandgussform entspricht dem CAD-Modell“, fügt er hinzu.
Ingenieur hat weiterentwickelte 3-D-Technologie an US-Unternehmen verkauft
Inzwischen hat der Ingenieur seine Technologie weiterentwickelt und an das US-Unternehmen ExOne verkauft. Höchsmann ist heute Geschäftsführer der ExOne GmbH in Augsburg, die das Geschäft in Europa sowie in Russland betreibt. Neben BMW zählen auch Firmen aus der Luftfahrt- und Maschinenbaubranche sowie Pumpenhersteller zu den Kunden.
„Die Drucker sind immer schneller geworden, sodass die Technik auch für die Fertigung kleiner Serien genutzt werden kann“, sagt der ExOne-Geschäftsführer. Es gebe heute kaum noch Limitierungen für den Einsatz des Verfahrens. „Das gilt sowohl für den Einsatz der Formen – ob im Magnesium- oder Stahlguss – als auch für die Größe der Bauteile, die von 1,8 cm bis zu 1 m reicht“, berichtet der Sandgussexperte. Ein Kunde fertige z. B. Formen, mit denen Turbolader für Schiffsdiesel gegossen werden. „Das sind Teile mit filigranen Konturen und Schichtdicken zwischen 0,2 mm und 0,4 mm“, konkretisiert Höchsmann.
Motoren für E-Autos im Siebdruck herstellen
Auch Professor Ralf Werner, Experte für „Elektrische Energiewandlungssysteme und Antriebe“ an der Technischen Universität Chemnitz, ist vom 3-D-Druck fasziniert. Er ist überzeugt, dass künftig auch Motoren direkt mit dem Verfahren hergestellt werden können. Werner ist an einem Forschungsprojekt beteiligt, das untersucht, ob Motoren für Elektrofahrzeuge im Siebdruckverfahren hergestellt werden könnten. Der 3-D-Siebdruck erlaubt im Vergleich zu klassischen Produktionsverfahren eine große Fertigungsgenauigkeit und Materialauswahl. „Das verspricht, Motoren mit aus heutiger Sicht überragenden Eigenschaften herstellen zu können“, so der Forscher.
Durch Übereinanderdrucken von mehreren Schichten nahezu beliebigen Materials könnten mithilfe des 3-D-Siebdrucks Bauteile von mehr als 10 cm Höhe entstehen, so Werner. Diese werden nach dem Druckvorgang wärmebehandelt und so zu stabilen Körpern versintert. Um den 3-D-Siebdruck in der Antriebstechnik nutzen zu können, konstruieren die Wissenschaftler die für einen Elektromotor nötigen Bauteile für das neue Verfahren komplett neu.
Die Forscher hoffen bis 2015 Klarheit zu besitzen, ob Motoren für Elektrofahrzeuge wirtschaftlich per Siebdruck hergestellt werden können und welche Eigenschaften sich den gedruckten Antrieben mit auf den Weg geben lassen, die konventionelle Fertigungsverfahren nicht leisten können.
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