Maschinen- und Anlagenbau 06.07.2012, 11:00 Uhr

„Der Maschinenbau ist Basis für die ökologische Wende“

Den Firmen im Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg geht es trotz Euro- und Staatsschuldenkrise gut. „Nach dem stürmischen Wachstum der letzten zwei Jahre geht es nunmehr moderat bergauf“, beschreibt Ulrich P. Hermani, Geschäftsführer des VDMA Baden-Württemberg, die Situation. Das Umsatzwachstum liege in den ersten Monaten des Jahres bei 5 %. Zudem habe die Branche seit Mitte 2010 rund 15 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ulrich Hermani sieht Fachkräftemangel als große Herausforderung.

Ulrich Hermani sieht Fachkräftemangel als große Herausforderung.

Foto: VDMA

Mit Baden-Württemberg verbinden viele Menschen vor allem den Automobilbau. Weniger sichtbar sind die dahinter stehenden Technologien und Industrien – der Maschinenbau, der mit einem Umsatz von 65 Mrd. € und 290 000 Beschäftigten die beschäftigungsstärkste Industriebranche in dem südlichen Bundesland ist. Der Anteil Baden-Württembergs an der deutschen Maschinenproduktion liegt nach Steigerungen in den vergangenen Jahren nun bei über 30 %.

Elf der 20 führenden Maschinenbau-Standorte liegen in Baden-Württemberg

Die herausragende Position des Maschinenbaus im Südwesten bestätigt auch der Zukunftsatlas „Branchen“ der Prognos AG: Danach liegen alleine elf der 20 führenden deutschen Produktionsstandorte in Baden-Württemberg.

„Unsere rund 50 000 Ingenieure im baden-württembergischen Maschinenbau geben wichtige Impulse für die Entwicklung in der übrigen Industrie“, sagt Hermani. Damit das auch künftig so bleibt, investieren die Unternehmen kräftig in Forschung und Entwicklung (F & E). Mit einem Anteil der F & E-Aufwendungen von 4,8 % am BIP ist Baden-Württemberg die innovativste Region Europas. Jährlich 140 Patentanmeldungen je 100 000 Einwohner machen das Bundesland zum Spitzenreiter in Deutschland.

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„Vor allem beim Thema Nachhaltigkeit sind unsere Firmen technologisch führend“, sagt der VDMA-Geschäftsführer. Deshalb sei der Maschinenbau trotz der weltwirtschaftlichen Abschwächung weiterhin optimistisch. Die Unternehmen profitieren von der weltweiten Nachfrage nach Produkten, die Umwelt und Ressourcen schonen. Gefragt sind z. B. energieeffiziente Geräte wie Ventilatoren, Pumpen oder Dosieranlagen. Da diese deutlich weniger Strom verbrauchen, steigt der Absatz trotz höherer Preise.

Landesregierung: Der Maschinenbau ist die Basis für die ökologische Wende

Die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg habe der wirtschaftlichen Entwicklung bisher nicht geschadet. Im Gegenteil: Die Regierung habe erkannt, dass der Maschinenbau die Basis für die ökologische Wende sei. „Die Landesregierung hat weitere Sonderinvestitionen in die anwendungsorientierte Forschungsinfrastruktur beschlossen. Beispielsweise für den Ausbau der Fraunhofer-Institute für Leichtbau, Oberflächentechnik und Solar“, sagt Hermani. Damit werde die leistungsstarke und vielfältige außeruniversitäre Forschung in Baden-Württemberg weiter gestärkt.

Auch bei der Internationalisierung des Geschäfts seien die meisten Firmen gut aufgestellt. China war für die Unternehmen in Baden-Württemberg mit Abstand der größte Absatzmarkt (13,3 %) – vor den USA (10,3 %). „Die Unternehmen sind in den Auslandsmärkten nicht nur mit Vertriebsgesellschaften, sondern zunehmend auch mit Produktion, Einkauf und Kundenservice vertreten“, so der VDMA-Geschäftsführer.

Eine der stärksten Herausforderungen für die Branche ist der Fachkräftemangel. „Hier konkurrieren die Maschinenbauer im Land nicht nur miteinander, sondern in Ballungszentren wie Stuttgart auch gegen Großunternehmen wie Daimler.“ Auch heute noch sind einige Tausend Stellen nicht besetzt.

Ende 2011 haben Ministerien in Baden-Württemberg, Arbeitsagentur sowie Arbeitgeber- und Industrieverbände, darunter der VDMA, die „Allianz für Fachkräfte“ gegründet und erste Aktivitäten gestartet, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Neben Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen und der Gewinnung junger Menschen für ein technisches Studium steht das Anwerben von Fachkräften im Ausland im Fokus.

Die Chancen, junge Menschen aus den krisengebeutelten Euroländern zu gewinnen, stehen laut der Zentralen Auslands­ und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) nicht schlecht. Allein in Spanien seien rund 130 000 qualifizierte Menschen bereit, für einen Job ihr Land zu verlassen. Deutschland und hier besonders der Maschinenbau genießen als Arbeitgeber einen guten Ruf. Bürokratische Hürden bei den Einstellungsverfahren gebe es kaum.

Maschinenbau-Ingenieure aus dem Ausland sollen Fachkräftemangel ausgleichen

Als eine der ersten Aktionen haben das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und die Agentur für Arbeit im Dezember kurzerhand spanische Ingenieurinnen und Ingenieure zu einem Treffen mit Firmen aus der Region nach Stuttgart eingeladen. 100 interessierte junge Spanier nahmen das Angebot an. Die Aktion war ein Erfolg: Im Anschluss konnten 23 freie Arbeitsplätze neu besetzt werden.

 

Ein Beitrag von:

  • Hans Schürmann

    Hans Schürmann war Technik- und Wirtschaftsredakteur beim Handelsblatt und schreibt unter anderem über Finanzen, Immobilienthemen und Maschinenbau.

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