Deutscher Maschinenbau wehrt sich: „China spielt nicht fair“
Der Branchenverband VDMA hat heute ein Positionspapier zum Wettbewerb der Branche mit China vorgestellt. Ändert sich damit seine Position zum freien Handel?
Chinesische Unternehmen setzen den deutschen Maschinenbau verstärkt unter Druck. Ist der Begriff des "Level Playing Field" nur noch eine Phrase?
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Vollzieht sich im deutschen Maschinenbau ein Sinneswandel? Heute hat der Branchenverband VDMA ein Positionspapier mit dem Titel „Wettbewerb auf Augenhöhe: Ein Appell an die Politik im Umgang mit China“ vorgestellt. Dabei hatte sich der exportorientierte Verband bisher immer für den Freihandel stark gemacht.
VDMA-Präsident Bertram Kawlath sieht darin keinen Widerspruch. Ihm geht es eher um eine „resiliente Ordnungspolitik“. Er sagt: „Ordnungspolitik geht von ordnenden Regeln aus, in denen sich alle frei bewegen dürfen.“ Diese Freiheit sei ihm weiterhin wichtig. Wenn es dabei aber Mitspieler gebe, die sich nicht an diesen Rahmen halten, dann wäre es naiv, das immer hinzunehmen.
Europas Maschinenbau kämpft gegen subventionierte Produkte aus China
Konkret kritisiert der VDMA-Präsident: „Chinesische Unternehmen werden in erheblichem Umfang von der Regierung subventioniert. Und sie liefern Produkte nach Europa, die mitunter unsere technischen Vorschriften missachten.“ Chinas Industriepolitik stellt damit den Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland und Europa vor gewaltige Herausforderungen. Denn chinesische Maschinenbaufirmen haben inzwischen technologisch längst aufgeholt. Gleichzeitig sind die Produktionskosten dort geringer. Kawlaths Appell lautet deshalb: „China spielt nicht fair, und darauf muss die Politik reagieren!“
Der Verbandschef möchte nicht beurteilen, ob das zu lange geduldet wurde. Er schaut lieber nach vorne. Die jahrelange Forderung Branchenverbandes nach einem ,Level Playing Field‘ habe China inzwischen so lange ignoriert, dass die Forderung zu einer Phrase verkommen sei. Unternehmen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus sind das „jahrelange Foulspiel Chinas auf dem internationalen Handelsspielfeld mehr als leid“, so Kawlath. „Deshalb ist jetzt der Moment, diese Forderung zumindest im europäischen Binnenmarkt mit wirksamen Instrumenten durchzusetzen.“
VDMA fordert Einhaltung von Regeln gegen Dumping
Die Forderungen des Branchenverbandes an die europäische Politik sind dabei nicht neu. Es geht z. B. um Ausgleichszölle auf Importe von Drittländern, die gegen EU-Antidumping- oder die EU-Antisubventionsregeln verstoßen. Es geht auch um die Stärkung der Marktaufsicht, um Regelverstöße erkennen und sanktionieren zu können. Denn chinesische Firmen fluteten beispielsweise gezielt ausgewählte Häfen in den Zielmärkten mit ihren Waren und überforderten damit die lokalen Behörden.
Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, soll laut VDMA der Aufbau strategisch relevanter Technologien gefördert werden. Dabei gehe es auch darum die Abhängigkeit von China zu vermeiden. Hier könnten beispielsweise auch Rohstoffe zum Engpassfaktor werden. Der Branchenverband sieht hier Parallelen zur Abhängigkeit von russischem Gas vor dem Krieg in der Ukraine. Doch diesmal hat Europa wenig Einfluss darauf. „Wir stellen fest, dass seltene Erden nicht mehr zu allen Unternehmen kommen“, verdeutlicht Kawlath. Insbesondere Hersteller von Antriebstechnik seien davon betroffen. Zwar ist von einem Exportstopp offiziell nicht die Rede, aber etwa eine halbe Millionen Exportanträge seiner Branche sei aktuell unbearbeitet, machte er deutlich.
Innovation und Normung im Maschinenbau sind Wettbewerbsfaktor
Europa müsse auch Innovationen stärker fördern und gleichzeitig den ungewollten Abfluss von Wissen aus öffentlich finanzierter Forschung verhindern. „In Deutschland sind dazu insbesondere der Ausbau und die Optimierung der Forschungszulage vonnöten“, heißt es dazu im Positionspapier.

VDMA-Präsident Bertram Kawlath setzt sich für einen freien Handel ein, fordert aber faire Wettbewerbsbedingungen.
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Ebenfalls unterstreicht der Branchenverband die Bedeutung der Normung. Denn China nutze Normung als Instrument, um seine wirtschaftspolitischen Interessen umzusetzen. Das Land strebe eine Dominanz chinesischer Normen an, die den eigenen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würde. Auch die Normungsaktivitäten europäischer Unternehmen sollten daher nach Ansicht des VDMA gefördert werden, damit hier kein weiterer Wettbewerbsnachteil für europäische Firmen entsteht.
Kawlath nannte dazu ein konkretes Beispiel aus seiner Unternehmensgruppe Schubert & Salzer. Um Hightechventile seines Unternehmens in China nach den Landesnormen zertifizieren zu lassen, müssten alle Dokumente zu dem Produkt an die Behörden übergeben werden. „Das mache ich nicht einmal mit unseren Auditoren. Die erhalten nur Einblick“, sagt der Chef der Maschinenbaufirma. Fraglich ist nach seiner Ansicht, ob diese Dokumente dann bei den Behörden bleiben.
Dennoch hält der VDMA-Präsident nichts von einer staatlichen Normung. Es sei besser, die Normung bei den Unternehmen zu lassen und diese finanziell zu unterstützen. Denn gerade kleine und mittlere Unternehmen würden bisher auf eigene Kosten Mitarbeitende für die Normungsgremien abstellen. „Das ist eine ehrenamtliche Arbeit, die unsere Ingenieurinnen und Ingenieure leisten!“
Warum reagiert der VDMA erst jetzt so scharf?
Trotzdem bleibt die Frage, warum der Branchenverband erst jetzt so scharf reagiert. Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA, erklärt dazu: Beim letzten China-Besuch der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel sei man bereits sehr weit gewesen und China habe Zugeständnisse gemacht. Später wurde die Einreise mehrerer Mitglieder des Bundestags wie Reinhard Bütikofer abgelehnt. Danach sei die Abstimmung darüber bis heute auf Eis gelegt worden. „Es war irgendwann die enttäuschte Hoffnung“, räumt Brodtmann ein.
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