Mit dieser Software wird die Industrie klimaneutral
Bis 2030 soll die Industrie etwa 50 Prozent der CO₂-Emissionen im Vergleich zu 1990 einsparen. Das erfordert Änderungen in Produktionsprozessen. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Hochschule Konstanz erforschen wie künstliche Intelligenz eine klimaneutrale Produktion unterstützen kann. Die Software soll später auf andere Unternehmen übertragbar sein.
Rauchende und rußende Farbrikschlote tauchen dank moderner Anlagentechnik nur noch selten im Landschaftsbild auf. Dennoch ist der Industriesektor mit rund 24% CO₂-Ausstoß – nach dem Energiesektor – zweitgrößter Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland. Das entspricht einer Höhe von 178 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Die klimaschädlichen Gase entstehen vor allem bei der Herstellung von Metallen wie Eisen und Stahl, aber auch bei der Herstellung mineralischer Produkte (zum Beispiel Zement) und in der Chemie-Industrie. Die Prozesse der Industrie spielen daher eine zentrale Rolle bei der Einhaltung der Klimaziele und einer Begrenzung der Erderwärmung. Doch wie könnte eine klimaneutrale Produktion aussehen?
Dieser Frage gehen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Hochschule Konstanz für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) nach. Sie erforschen mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens Maßnahmen für eine effektive und ökonomische Emissionsreduktion.
Mit Künstlicher Intelligenz zu mehr Nachhaltigkeit
Mit künstlicher Intelligenz optimale Produktionsplanung erreichen
Ziel des Forschungsprojekts „DeepCarbPlanner“ ist es durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) die Produktionsplanung von Unternehmen zu optimieren und dadurch eine Reduktion klimaschädlicher Treibhausgasemissionen zu erreichen. Dabei spielen vor allem eine effektive Sektorenkopplung, also die übergreifende Verbindung von Strom, Wärme und Mobilität, eine regenerative Energieerzeugung und zukunftstragende Speichertechnologien eine entscheidende Rolle. Das Projekt „Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie durch intelligente Sektorkopplung mit KI basierten probabilistischen Prognosen und Betriebsführungen“ wird von Professor Schubert (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik) und Professor Dürr (Fakultät für Informatik) durchgeführt. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das Projekt mit 868.000 Euro bei einer Gesamtsumme von einer Million Euro.
Digitaler Zwilling zeigt klimaneutrale Produktionswege auf
Der Kooperationspartner des Projekts – die FONDIUM Singen GmbH – produziert spezielles Eisen für die Automobilindustrie und zählt damit zu den energieintensivsten Industriebranchen. Doch bis spätestens 2030 beabsichtigt das Unternehmen klimaneutral zu sein. Um nun verschiedene Produktionsumstellungen zu testen, haben die Forscher der HTWG einen digitalen Zwilling des Produktionsprozesses entwickelt und können an ihm mögliche Lösungsansätze zu einer klimaneutralen Produktion aufzeigen. Dabei werden sowohl auf künstlicher Intelligenz basierende Wahrscheinlichkeits-Vorhersagen als auch Algorithmen zur Betriebsführung entwickelt.
Die gewonnenen Informationen aus dem digitalen Zwilling und den Prognosemodellen werden dann gemeinsam in einem Optimierungsmodell angewendet, um zu sehen, wo CO₂-Emissionen verhindert werden können. So kann beispielsweise eine Umorientierung zu erneuerbaren Energien (zum Beispiel Solarenergie) ein größeres Zeitfenster für die Produktion nach sich ziehen und eine termingenaue Produktion kann wiederum mit einem höheren Verbrauch fossiler Energie verbunden sein – so die Forschenden. Denn die Vorhersagen, die im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien auf maschinellem Lernen basieren, unterliegen am Ende gewissen Untersicherheiten. So könne beispielsweise niemand die genaue Windstärke zu einer bestimmten Uhrzeit vorhersagen. Das KI-unterstützte System gründet somit auf Wahrscheinlichkeiten und nicht auf sicheren Fakten.
Wie sich die Produktion durch Digitalisierung optimieren lässt
Klimaneutrale Produktion: Ergebnisse auf andere Unternehmen übertragbar
Mit der Entwicklung eines umfassenden Softwarepaktes, sollen später auch andere Unternehmen von dem „DeepCarbPlanner“-Projekt profitieren und ihre Prozesse im Hinblick auf den CO₂-Verbrauch reduzieren können. Das Softwarepaket oder die „DeepCarbPlanner-Toolbox“ soll die verschiedenen Komponenten des Projekts umfassen. Dazu gehören die Datenerfassung, der digitale Zwilling und probabilistische Prognosen. Konkret bedeutet das: Mit der Toolbox können dann verschiedene Prozessumstellungen im Hinblick auf die CO₂-Reduktion nachvollzogen werden. Zum Beispiel auf welche Weise sich CO₂ mit den bestehenden Maschinen im Betrieb einsparen lässt.
Die Software soll aber auch die CO₂-Reduktion durch die Investition in klimaneutrale Technologien berücksichtigen. Eine weitere Funktion der Toolbox soll außerdem in der Analyse einer Sektorenkopplung bestehen. Das heißt, mithilfe der künstlichen Intelligenz werden unter anderem potenzielle Abnehmer für Wärmeenergie identifiziert. Neben der Toolbox für energieintensive Industrieunternehmen, können auch Teilergebnisse des Projekts, wie zum Beispiel die Wahrscheinlichkeitsberechnung für eine effektive Nutzung nachhaltiger Energien zum Einsatz kommen.
Weitere Informationen zu nachhaltiger Produktion:
Nachhaltige Baumaschinen – Bosch zeigt, wie es geht
Nachhaltigkeit wird bald zur Pflicht: Ökobilanzierung für Automotive- und Industriebetriebe
Wegweiser: Mit KI Nachhaltigkeit umsetzen
Ein Beitrag von: