Funksensoren überwachen Schiffsgetriebe rund um die Uhr
Für mehr Sicherheit auf hoher See sorgt ein neues Sensorsystem aus Hannover: Es misst kontinuierlich Drehmoment, Temperatur und Schwingungen des Getriebes. Zu sehen ist es auf der Hannover Messe 2015.
Wenn das Getriebe plötzlich ausfällt, treibt das Schiff hilflos in den Wellen. Deshalb werden die gewaltigen Kraftvermittler zwischen Motor und Antriebswelle regelmäßig auf Verschleiß und Schäden überprüft, ähnlich wie Autos bei der TÜV-Untersuchung. Diese Prozedur sorgt für relativ lange Liegezeiten, die die Reeder viel Geld kosten. Alternativ lässt sich das Getriebe permanent überwachen. Das ist bislang allerdings sehr aufwendig, weil viele Kabel vom Getriebe zum Boardcomputer und zur Stromversorgung verlegt werden müssen.
Thermoelement versorgt Sensoren mit Strom
Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) haben jetzt ein System entwickelt, das ohne störanfällige Kabel zur Energieversorgung und Datenübertragung auskommt. Die Elektronik versorgt sich mit Hilfe eines integrierten Generators selbst mit Strom: Es kommt dabei ein Thermoelement zum Einsatz, das Strom erzeugt, wenn die Temperaturen an entgegengesetzten Seiten des Moduls unterschiedlich hoch sind.
Auf der einen Seite wird es durch Meerwasser gekühlt, das ohnehin durch das Getriebe gepumpt wird, um es auf konstant 60 Grad Celsius zu halten. Die andere Seite ist mit dem Getriebe verbunden. Selbst in tropischen Regionen reicht der Temperaturunterschied zwischen dem Wasser, das 25 Grad Celsius erreichen kann, und der Getriebetemperatur aus, um genügend Strom zu erzeugen.
Eine kompakte Elektronikeinheit, die am Getriebe angebracht wird, misst ständig Drehmomente, Temperaturen und Schwingungen. Daraus lassen sich die Bauteilbelastungen und damit die Gefahr plötzlich auftretender gravierender Schäden ermitteln. Die Daten werden mit Hilfe der Technik Radio Frequency Identification (RFID) berührungslos ausgelesen.
Das Lesegerät ist per Funk mit dem Bordcomputer verbunden, der die Daten auswertet. Wartung und Reparaturen finden nicht mehr in festgelegten Zeitintervallen statt, sondern nach Bedarf. Zustandsorientierte Instandhaltung ist der Fachbegriff dafür.
Schiffsgetriebe mit Sensorsystem ist auf der Hannover Messe zu sehen
Einmal am Getriebe angebracht, funktionieren die Sensoren mindestens zehn Jahren lang, schätzen die Forscher. Die gesamte Elektronik befindet sich in einem robusten Metallgehäuse, das nicht größer ist als eine Kaffeetasse. So kann ihr weder Schmutz noch Salzwasser etwas anhaben.
Das IPH stellt das Projekt DriveCom auf der Hannover Messe vor, die am 13. April beginnt. Dort ist ein echtes Schiffsgetriebe zu sehen. Projektpartner sind die Microsensys GmbH mit Sitz in Erfurt, die Bachmann Monitoring GmbH aus Rudolstadt in Thüringen und das Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft in Villingen-Schwenningen. Die Entwickler testeten die Elektronik am Prüfstand der Reintjes GmbH in Hameln, einem Hersteller von Schiffsgetrieben.
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