Hersteller von Antriebstechnik fürchten Rohstoff-Knappheit
Hersteller von Antriebskomponenten achten sehr genau auf die Auswahl ihrer Rohstoffe. Doch während die Kupferversorgung gesichert scheint, droht bei den Seltenen Erden eine Knappheit – mit Folgen für die Technologieentwicklung.
An effizienter Antriebstechnik wird künftig kein Unternehmen mehr vorbeikommen. Doch die Produktion von Motoren und Generatoren steht und fällt mit den verbauten Materialien. Aktuelle Trends in Forschung und Entwicklung machen nur allzu deutlich: Rohstoffknappheit beeinflusst ganz wesentlich die Technologie.
Insbesondere Seltene Erden und Kupfer gelten langfristig als essentiell für Antriebe und Generatoren. Und so erfordert die Knappheit der Seltenerdmetalle an den Rohstoffmärkten ein Umdenken in den Forschungslabors. Die Suche nach alternativen und effizienten Lösungen hat begonnen.
Ohne Seltene Erden und Kupfer ist Antriebstechnik nicht denkbar
Die Wirkungsgrade der Antriebskomponenten definiert dabei die Norm IEC 60034. Während die Wirkungsgradklassen IE1 bis IE3 technologisch mit dem klassischen Asynchronmotor mit Kurzschlussläufer umgesetzt werden können, wird die Klasse IE4 mit dem Prinzip des permanent erregten Synchronmotors erreicht. Claus Wieder, Leiter Produktmanagement Standardantriebe bei SEW-Eurodrive, erklärt dazu: „Wesentliche Verlustquellen im Elektromotor sind Eisen- und Widerstandsverluste im Stator und Rotor, Reibungsverluste in der Lagerung und Zusatzverluste – z. B. der Lüfter. Der hohe Wirkungsgrad im permanent erregten Synchronmotor beruht auf den reduzierten Widerstandsverlusten durch den Einsatz von Magneten auf dem Rotor.“
Doch die hohe Effizienz hat laut Wieder ihren Preis: „Die Bestückung des Rotors mit Magnetmaterial ist deutlich teurer als der Rotor eines Asynchronmotors, der als Kurzschlussläufer in Aluminium ausgeführt wird. Auch die Fertigungsschritte bei den Synchronmotoren sind deutlich aufwendiger und führen zu höheren Verkaufspreisen“, betont der Experte für Antriebstechnik. Die leistungsstarken Magnete für die Motoren der Premium-Effizienz-Klasse IE4 basieren auf dem Seltenerdmetall Neodym und tragen Anteile an Praseodym und Dysprosium.
Aufgrund ihrer Eigenschaften eignen sich Neodym-Eisen-Bor-Magnete auch für getriebelose Generatoren von Windenergieanlagen. Die Generatoren sind damit leichter als diejenigen, die auf dem Prinzip elektrisch erregter Magnetfelder basieren.
Siemens: Rohstoffe entscheiden über die Wahl der jeweiligen Antriebstechnik
Laut Siemens entscheidet hier die Verfügbarkeit der Materialien darüber, welches der beiden Prinzipien sich durchsetzt. Da China den Markt der Seltenen Erden dominiert, ist sein Einfluss auf die Verfügbarkeit groß. Zudem steigerten Exportquoten die Unsicherheit. Große Seltenerd-Vorkommen außerhalb Chinas erschließen deshalb derzeit die Bergbauunternehmen Lynas Corporation in Australien und Molycorp in Kalifornien, USA. Und auch in Deutschland will die kürzlich gegründete Seltenerden Storkwitz AG bei Delitzsch eine Lagerstätte der begehrten Metalle prüfen.
Der Bedarf an Magneten auf Basis Seltener Erden wird langfristig steigen, darin sind sich die Experten einig. Verantwortlich dafür: technologische Entwicklungen in der Energieerzeugung und Elektromobilität, aber auch bei Antrieben in der Fördertechnik und der kontaktlosen Energieübertragung.
Während Neodym in größeren Mengen aus Erzen gewonnen werden kann, ist Dysprosium kaum verfügbar. Unternehmen forschen daher an leistungsfähigen Permanentmagneten mit geringerem Dysprosiumanteil sowie Recyclingmethoden.
Trotz solcher hocheffizienten Motoren behaupten sich aber auch Alternativlösungen. Sogar ohne jedes Dysprosium kommt die Windturbinentechnologie von Boulder Wind Power aus den USA aus. Und auch Renault setzt in seinen Z.E.-Modellen einen fremderregten Synchronmotor von Continental ein.
Weiteres Potenzial bietet der Reluktanzmotor: Regelungstechnik könnte ihn aus seinem Schattendasein holen. Mit Umrichtertechnik konnten seine Nachteile dem Dienstleister Altran zufolge reduziert werden: „In Simulationen konnten wir zeigen, dass die Drehmomentrauigkeit der Reluktanzmotoren von 30 % auf 3 % reduziert werden kann“, berichtet Werner Schmidt, Leiter des Altran Entwicklungszentrums in Flöha bei Chemnitz. Da Umrichter künftig kein Argument mehr gegen einen Reluktanzmotor seien, sieht Schmidt erhebliche Chancen für diese Technik. Zumal hier die Herstellungskosten geringer ausfallen als beim Permanentmagnet-Motor.
Für Antriebstechnik in E-Motoren werden bis 2030 3,5 Mio. t Kupfer gebraucht
Neben Seltenen Erden soll auch Kupfer zunehmend in hocheffizienten Motoren zum Einsatz kommen. Bereits heute ersetzt es in IE3-Motoren Aluminium. Weltweit werden zur Produktion von Elektromotoren rund 1,5 Mio. t Kupfer jährlich verwendet. Bis zum Jahr 2030 sollen es laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung ISI rund 3,5 Mio. t sein. Dies liegt nach Angaben der Studienautoren allerdings eher am Wirtschaftswachstum als an der verbesserten Energieeffizienz.
Die geologische Versorgung ist – dem Deutschen Kupferinstitut zufolge – gesichert. Neue Vorkommen und verbesserte Abbaumethoden sollen die Reserven stärken und Recycling ermöglicht eine effizientere Nutzung des Industriemetalls. Geopolitische Risiken sind im Vergleich zu den Seltenen Erden gering, da die Vorkommen auf viele Länder verteilt sind. Sogar in der Bundesrepublik laufen Explorationsprojekte: in der Nähe von Goslar und in der Lausitz. Diese Lagerstätten sollen etwa 2 Mio. t reines Kupfermetall enthalten. Mit dem Beginn des Abbaus ist zwischen 2016 und 2020 zu rechnen.
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