Industrie 4.0: Forschungsunion legt Strategieempfehlung vor
Das Konzept „Industrie 4.0“ soll die Fabrik der Zukunft prägen. Doch auf dem Weg zur Produktion, die Dinge nach dem Vorbild des Internet verbindet, gibt es noch einiges zu tun. In Berlin wurde dazu jetzt ein Strategiepapier vorgelegt.
Das Interesse der Politiker an einer starken Industrie in Europa wächst wieder. Am Mittwoch hatte der dafür zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Antonio Tajani, für die Stärkung der industriellen Basis in Europa plädiert und in einer Mitteilung Maßnahmen vorgeschlagen: Mitarbeiter sollen qualifiziert und Märkte für Schlüsseltechnologien geschaffen werden.
In Berlin hatte kurz zuvor der Arbeitskreis „Industrie 4.0“ der Forschungsunion Wirtschaft-Wissenschaft – das Gremium aus Industriemanagern und Forschungschefs berät die Bundesregierung – seine Strategieempfehlungen für die kommenden Jahre vorgestellt. Sie wurden an Staatssekretäre der Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie für Wirtschaft und Technologie übergeben.
Industrie 4.0: Strategieempfehlung setzt auf CPS
Mit „Industrie 4.0“ soll die deutsche Industrie komplett neu ausgerichtet werden. Kern der Philosophie sind cyber-physikalische Systeme – kurz CPS, die für Produktionsabläufe sorgen, bei denen das Werkstück selbst zum Informationsträger wird. Das Werkstück soll damit die notwendigen Produktionsabläufe selbst prägen.
„Durch konsequentes Zusammenführen der digitalen und der realen Welt werden die zunehmende Dynamik und Komplexität beherrschbar“, stellte Henning Kagermann in Aussicht. Der ehemalige SAP-Chef ist in der Forschungsunion Sprecher der Gruppe Kommunikation.
Mit dem Ziel, die deutsche Industrie energieeffizienter und kostensparender zu gestalten, sollen die Maschinen mehr Autonomie erhalten. So könnten sie z. B. selbstständig erkennen und entscheiden, wann eine Wartung fällig wird. Im Produktionstechnischen Zentrum Berlin wurden dazu auch Forschungsprojekte aus Wirtschaft und Wissenschaft vorgestellt. Diese zeigen, dass das Vorhaben nicht nur technisch sehr umfangreich ist, sondern auch ganz neue Arbeitsabläufe in den Fabriken erfordert.
„Es wird eine Entwicklung sein, die nach und nach nicht nur die Anlagen, sondern auch die Rolle der Mitarbeiter verändert“, verdeutlichte Dieter Spath, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart, auf Anfrage der VDI nachrichten.
Industrie 4.0: Bundesregierung soll auf der Hannover Messe 2013 konkrete Handlungsempfehlungen erhalten
„Eine Umstellung der Produktion auf das 4.0-Prinzip muss auch organisiert werden. Hierbei werden vor allem Mechanismen der selbstorganisierten Kapazitätsflexibilität benötigt“, sagte Spath. Erst könnten auch die Mitarbeiter in die veränderten, dezentralen Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
Allerdings habe diese Form der Flexibilität ihren Preis. „Mitarbeiter müssen für Industrie-4.0-Prozesse qualifiziert, übergreifende Standards geschaffen sowie eine leistungsfähige Informations- und Kommunikationsstruktur mit ausgefeilter Sensorik bereitgestellt werden“, erklärte Spath. Eine dezentrale Entscheidungsfindung funktioniere nur dann, wenn klare Regeln sowie handhabbare Strukturen und Prozesse zur Kommunikation geschaffen würden.
Ab Januar 2013 wollen die Stuttgarter Arbeitswirtschaftler ein Zukunftslabor starten, in dem kontinuierlich neue Erkenntnisse untersucht und umgesetzt werden sollen. Auch von der Forschungsunion wurden bereits weitere Aktionen angekündigt. Auf der Hannover Messe 2013 will der Arbeitskreis „Industrie 4.0“ der Bundesregierung seine Handlungsempfehlungen übergeben.
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