Innovative Flat-to-shape-Technik: Nähmaschine statt 3D-Drucker
Ein Forschungsteam der Carnegie Mellon University hat eine Methode entwickelt, die Möbel und Alltagsgegenstände auf völlig neue Weise entstehen lässt: Eine computergesteuerte Nähmaschine verwandelt flache Stoffe in funktionale, dreidimensionale Objekte.

Computergesteuerte Nähmaschinen sind der Schlüssel zur Flat-to-shape-Innovation.
Foto: PanterMedia / sorapol1150
Das Human Computer Interaction Institute und das Robotics Institute der Carnegie Mellon University haben gemeinsam eine neuartige Fertigungsmethode entwickelt: Mit einer speziell gesteuerten Nähmaschine gelingt es, flache Stofflagen so zu bearbeiten, dass daraus stabile und zugleich flexible Objekte entstehen. Die Forschenden – Sapna Tayal, Lea Albaugh, James McCann und Scott E. Hudson – bringen dabei ihre unterschiedlichen Fachkenntnisse aus Design und Robotik ein und eröffnen einen völlig neuen Zugang zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen.
Von der Idee zur Möbelgröße
Unter dem Begriff „Flat-to-shape“ versteht das Forschungsteam Objekte, die sich aus einer flachen Ausgangsform durch Biegen, Falten oder das Zusammenfügen mehrerer Teile in eine dreidimensionale Struktur verwandeln lassen. Während bisherige Flat-to-shape-Verfahren meist im kleinen Maßstab zum Einsatz kamen, etwa um die Produktionszeit beim 3D-Druck oder Laserschneiden zu verkürzen, stießen sie bei größeren Objekten an ihre Grenzen. Häufig war eine aufwendige manuelle Montage erforderlich, was die Skalierbarkeit erschwerte. Das Team der Carnegie Mellon University hat nun eine Methode entwickelt, um funktionale Objekte in Möbelgröße effizient und schnell zu fertigen.
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Nähmaschine als Werkzeug. „Nähmaschinen sind eine leicht zugängliche Fertigungstechnologie. Einige dieser Maschinen verfügen über eine computergesteuerte Steuerung, die viele Fertigungsmöglichkeiten eröffnet. Mit dieser Maschine können wir in größerem Maßstab nähen. Sie wird normalerweise zur Herstellung von Steppdecken verwendet“, erklärt Lea Albaugh. Die Forschenden nutzten die CNC-Nähmaschine für neue Anwendungen.
Materialvielfalt und Flat-to-shape-Prinzip
Die eigens entwickelte Technik sieht vor, mit der Nähmaschine Taschen zwischen mehreren Stofflagen zu nähen. In diese Taschen werden anschließend starre Platten eingesetzt, die dem Objekt Stabilität und Form verleihen. Dabei können verschiedene Stoffarten zum Einsatz kommen – von robustem Musselin für belastbare Anwendungen bis hin zu feinen Stoffen für dekorative Zwecke. Die Materialien lassen sich individuell anpassen. Ihre Auswahl ist entscheidend für die Funktionalität der Objekte: So kann etwa dickes Sperrholz Einsatz finden, um einen Stuhl zu fertigen, der das Gewicht eines Menschen trägt. Für eine Lampe eignen sich transparente Stoffe und maßgefertigte LED-Elemente. Schnüre, Magnete oder Klettverschlüsse ermöglichen es, die Übergänge von flachen zu geformten Teilen gezielt zu steuern und zu stabilisieren. So entstehen vielseitige und anpassbare Produkte, die sich flexibel einsetzen lassen.
Forschungserlebnis an der Nähmaschine
Die Arbeit an der Nähmaschine war für das Team nicht nur eine technische, sondern auch eine kreative Herausforderung. „Es war eine spannende Erfahrung, durch Materialforschung und praktisches Arbeiten einen neuen Fertigungsraum zu beschreiben“, berichtet Sapna Tayal. „Als Designstudent fertige ich oft Vorrichtungen, um Einzelstücke herzustellen. Aber die Möglichkeit, einen Prozess im Rahmen der Forschung zu verfeinern und zu erklären, insbesondere an einer so interessanten Maschine, war wirklich aufregend.“
Flat-to-shape in der Praxis: Möbel und mehr
Mit ihrer Methode gelang es den Forschenden, große Objekte für den täglichen Gebrauch zu schaffen – beispielsweise zum Sitzen, Tragen oder als transportable Einrichtungsgegenstände. Trotz ihrer Größe bleiben die Produkte leicht und lassen sich an unterschiedliche Umgebungen anpassen. In ihrer Publikation „Creating Furniture-Scale Deployable Objects with a Computer-Controlled Sewing Machine“ stellte das Team verschiedene Beispiele vor: einen Beistelltisch, einen Rucksack, einen Stuhl und eine Lampe. Jedes dieser Objekte nutzt unterschiedliche Varianten, starre Platten in flexible Stoffbahnen einzusetzen und demonstriert so die Vielseitigkeit der Flat-to-shape-Technik.
Die Anerkennung für das Projekt blieb nicht aus: Die Arbeit wurde für die Konferenz „Human Factors in Computing Systems (CHI) 2025“ angenommen. Zudem war sie Teil der preisgekrönten Präsentation von Sapna Tayal beim „Student Merit Award“ der Industrial Designers Society of America auf Bezirksebene.
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