Künftig sollen Roboter die Gurken ernten
Erntehelfer pflücken kleine Gurken, während sie auf dem Bauch liegen. Das ist ein anstrengender Job, für den sich immer weniger Menschen finden. Automaten sollen die Pflücker ablösen, damit der Anbau nicht in Billiglohnländer verlagert wird. Erste Tests waren erfolgreich.
Die Ernte von Gurken, die später süß-sauer oder in anderer Form verspeist werden, ist eine mühsame Sache. Die Pflücker liegen bäuchlings auf Auslegern links und rechts von einem Traktor, der über das Feld rumpelt. „Gurkenflieger“ heißen die Marterwerkzeuge – es sind Fahrzeuge mit angebauten Tragflächen – auf denen bis zu 50 Erntehelfer arbeiten. Nach der Einführung des Mindestlohns in Deutschland wird diese Art der Ernte immer unwirtschaftlicher, zumal die Verbraucher die Mühen nicht über den Preis honorieren wollen. Die Folge: Der Gurkenanbau verlagert sich in Billiglohnländer.
Deutsch-spanische Zusammenarbeit
Damit soll künftig Schluss sein. Im EU-Projekt CATCH – kurz für „Cucumber Gathering – Green Field Experiments“ (Gurkenernte – Experimente auf dem Acker) entwickeln deutsche und spanische Forscher einen Leichtroboter, der ohne zu ermüden und ganz ohne Lohnforderung die kleinen grünen Früchte erntet. Die Federführung hat das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin. Partner im Projekt sind das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam und das spanische CSIC-UPM Centre for Automation and Robotics in Madrid.
Der Ernteroboter stellt die Beteiligten vor echte Herausforderungen. Er soll kostengünstig, leistungsstark und zuverlässig sein und selbst bei widrigen Witterungsbedingungen erntereife Gurken erkennen und diese dann mit seinen beiden Greifarmen schonend pflücken und ablegen. Der Greifer muss zart zupacken, um die Gurken nicht zu beschädigen. Ähnlich wie Menschen, die die Früchte mit einer geschickten Bewegung ablösen muss auch der Roboter vorgehen. Einfach dran reißen geht nicht. Dann bleibt im schlimmsten Fall die ganze Pflanze samt Wurzel im Erntekorb.
Erntehelfer pflücken 13 Gurken pro Minute
Außerdem muss der Roboter schnell sein. Ein geübter Erntehelfer schafft, wie die IPK-Forscher herausgefunden haben, 13 Gurken pro Minute. Da soll der Roboter nicht nachstehen. Er darf auch nicht wahllos zupacken. Nur reife Früchte sind erlaubt. Die sind wahllos an der Pflanze verteilt, manchmal auch ganz oder teilweise von Blättern verdeckt. Wenn sich die Lichtverhältnisse ändern, etwa Wolken die Sonne plötzlich verdecken, wird die Entscheidung noch schwieriger. Es müssen grüne Gurken unter grünen Blättern erkannt werden.
Hightech fürs Erkennen und Pflücken
Die Forscher wollen das Problem mit Multispektralkameras und intelligenter Bildverarbeitung lösen. Blitzschnell entscheidet dann der Bordcomputer, welche Gurken erntereif sind, und dirigiert die Greifarme so, dass sie zupacken können. Das IPK hat die Roboterarme mit je fünf Freiheitsgraden auf Basis von Hardwaremodulen der in Köln ansässigen igus GmbH entwickelt. Jetzt geht es darum, den richtigen Greifer zu entwickeln. Am einfühlsamsten erscheint eine auf Basis der OpenBionics Robot Hand modifizierte „Gurken-Hand“, die sich ähnlich der eines menschlichen Pflückers bewegt. Die OpenBionics Robot Hand gibt es in zahlreichen Versionen. Sie sind als elektromechanischer Ersatz für eine amputierte Hand entwickelt worden.
Der Ernteroboter kann dann ähnlich wie ein Mensch zweihändig arbeiten. Mit der einen schiebt er beispielsweise Blätter zur Seite, so dass die andere Hand die Gurke packen und abbrechen kann. Getestet werden auch andere Greifer wie die, die die Gurken mit Vakuum ansaugen.
95-Prozent-Quote ist schon erreicht
Die ersten Tests verliefen erfolgreich, wenn auch die Ausbeute noch nicht befriedigt. Im jetzigen Stadium erntet der Roboter 95 Prozent aller reifen Früchte. Damit die nachwachsenden Gurken sich gut entwickeln können, streben die Forscher 100 Prozent an. Der Roboter soll später so modifiziert werden, dass er auch andere Feldfrüchte ernten kann.
Die Automatisierung setzt sich auch in der Landwirtschaft zunehmend durch. Ein weiteres Beispiel: Volvo Trucks hat einen selbstlenkenden Lkw entwickelt, der Zuckerrohrbauern zu besseren Ernten verhilft. Das Fahrzeug leistet Maßarbeit: Maximal 25 mm weicht es von seiner Route ab. So wird verhindert, dass Jungpflanzen wie bisher versehentlich niedergefahren werden – was einen Ertragsverlust von vier Prozent bedeutet. Mehr dazu lesen Sie hier. Aber auch Hobbygärtner sollen es einfacher haben. Für sie wurde der Roboter Tertill entwickelt. Ausdauernd fährt er durch Beete und beseitigt Unkraut. Ohne chemische Mittel und angetrieben durch Sonnenenergie.
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