Landwirtschaft 4.0: Effizient und smart die Felder bearbeiten
Gigantische Maschinen, die digital vernetzt sind und sich selbst überwachen: Das ist nicht die Zukunft der Landwirtschaft, sondern schon die Gegenwart. So jedenfalls zeigt es die weltgrößte Messe für Landmaschinen, die Agritechnica in Hannover.
Mähdrescher, die in einer Stunde bis zu 135 t Weizen verarbeiten können. Traktoren, deren Räder mehr als mannshoch sind. Motoren mit mehr als 1100 PS, 24 l Hubraum und zwölf Zylindern. Schiere Leistung ist das offensichtliche Verkaufsargument auf der Agritechnica in Hannover. Das größte Messegelände der Welt ist noch bis zum 14. November komplett belegt, rund 400.000 Besucher werden erwartet.
Aber es ist nicht bloß die Größe der bulligen Landmaschinen, die die Dimensionen ausmacht. Fast 3000 Aussteller sind auf der weltgrößten Messe dieser Art vertreten. Und manchen von ihnen würde theoretisch ein Tapeziertisch reichen, um ihre Produkte zu präsentieren. Denn neben Kraftprotzerei ist das Thema des Jahres: Digitalisierung. Landwirtschaft 4.0. Intelligente Steuerung.
Eine App für den Spargel
Ein Beispiel dafür ist der neue Spargelsensor von Bosch. Messfühler registrieren an mehreren Stellen in dem für dieses Gemüse typischen Erdwall die Temperatur und senden ihre Ergebnisse an ein digitales Funkgerät auf dem Acker. Von dort gehen die Werte per App auf das Smartphone des Bauern.
Der kann so die Temperaturregulierung – über die Abdeckfolien mit heller und dunkler Seite, die man in der Spargelsaison oft sehen kann – besser steuern und muss dank dieser Informationen weniger häufig selbst aufs Feld. Das „Innovationskomitee“ der Agritechnica hat diese Erfindung schon im Vorfeld der Messe mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.
Die Medaillen, die es jedes Jahr vor der Agritechnica in Silber und Gold gibt, sind wichtige Label für die Aussteller und werden entsprechend groß präsentiert. Immer häufiger werden Produkte prämiert, die auf Effizienzgewinn und Zeitersparnis ausgelegt sind.
So wie das System „Vario Grip“ des Traktorherstellers Fendt, das den Reifendruck innerhalb von 30 Sekunden verdoppeln oder halbieren kann. Heißt in der Praxis: Der Bauer kann in kürzester Zeit vom Feld, wo der Druck deutlich niedriger sein muss, auf die Straße wechseln.
Gülle tausendfach analysiert
Auch die gute alte Gülle wird künftig nicht mehr einfach aufs Feld gespritzt. So bietet der Branchenriese John Deere beispielsweise einen Infrarot-Sensor an, der bis zu 4000 Proben pro Sekunde aus dem natürlichen Dünger nimmt und so dessen Zusammensetzung permanent überprüft. Dabei geht es vor allem um den Gehalt an Nährstoffen, die den Erdboden bereichern sollen.
Ein Landwirt, der digital denkt, sitzt womöglich gar nicht mehr auf dem Trecker, sondern in einer Art Leitstand. John Deere bietet zum Beispiel auch ein System der Vernetzung an, das dem einer Smart Factory in der Industrie 4.0 nicht unähnlich ist.
Die Software namens JDLink soll ermöglichen, alle Maschinen im Einsatz zu überwachen, ihre Auslastung, den Arbeitsfortschritt der vergangenen Stunden oder ihren Kraftstoffverbrauch ständig kontrollieren zu können. Außerdem verfügt das System über eine unsichtbare Alarmanlage: Wenn alle Maschinen nachts auf dem Feld stehen und miteinander vernetzt sind, kann der Landwirt einen virtuellen Zaun um den Gerätepark ziehen. Kommt jemand den teuren Maschinen zu nahe, geht der Alarm gleich los.
Mähdrescher mit 652 PS
Der Mähdrescher, der in einer Stunde 135 t Weizen verarbeiten kann, ist übrigens das neue Flaggschiff des Herstellers New Holland.
In acht Stunden hat CR 10.90 bei einem offiziellen Weltrekord vor kurzem fast 800 t geschafft. Dafür hat er einen mehr als 14 m breiten Ausleger und verfügt über 652 PS. In Hannover in Halle 03, Stand D06.
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