Maschinenbauer ziehen Konsequenzen aus der Wirtschaftskrise
Auf die heftige Krise im Jahr 2009 haben die Unternehmen der Maschinenbaubranche in Deutschland mit entsprechenden Konsequenzen reagiert. Welche Veränderungen die Maschinenbauer konkret bei ihren Strategien für Markt, Kunden, Produkte und Kernkompetenzen vorgenommen haben oder planen, zeigt eine aktuelle Studie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Frankfurt/Main.
„Die Unternehmen des Maschinenbaus haben zunächst unmittelbar und schnell auf die Krise durch Kostensenkungsmaßnahmen in vielen Bereichen und einer raschen Anpassung der Personalkapazität über Arbeitszeitkonten, Leasingkräfte und Kurzarbeit – in geringerem Maße durch Entlassung – reagiert“, stellte VDMA-Präsident Thomas Lindner ein wichtiges Ergebnis der Studie vor.
Nach dieser Anpassung als erstem Schritt widmeten sich die Unternehmen der grundlegenden Umgestaltung ihrer Strategien, was sich sowohl auf die Unternehmensprozesse als auch auf die Produkte, die Marktbearbeitung und die Finanzierung auswirkte. „Über 50 % der an der Umfrage beteiligten Unternehmen haben eine grundsätzliche Veränderung ihrer Strategie vorgenommen“, betonte Lindner. So wollen sie flexibler werden und ihre Fixkosten weiter reduzieren. Das Ziel einer optimierten Strategie ist für sie, schneller auf Marktschwankungen reagieren zu können. Denn sie haben gelernt, dass die Zyklen im Maschinenbau kürzer und heftiger werden, und in seiner Existenz gefährdet ist, wer sich hier nicht schnell anpassen kann.
Durch die Krise umso deutlicher wurde im deutschen Maschinenbau die essenzielle Bedeutung von Forschung und Innovation. Es zeigte sich gerade im zügigen Wiederaufschwung der Konjunktur, dass sie nur mit technologischen Spitzenleistungen auch künftig international erfolgreich bleiben. Lindner: „Deshalb forcieren die Unternehmen weiterhin ganz stark die Entwicklung neuer Produkte, die die Welt benötigt und die den Megatrends bei Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz dann auch Rechnung tragen.“ Solche Neuentwicklungen erfordern erhebliche finanzielle Mittel, bei deren Beschaffung viele Unternehmen in der zurückliegenden Krise äußerst negative Erfahrungen mit den Banken gemacht haben. Deshalb streben sie jetzt nach mehr Unabhängigkeit von den Geldinstituten und nach dem Aufbau weiterer finanzieller Ressourcen. Da die Bedeutung einer ausreichenden Liquiditätsversorgung in der Branche erkannt wurde, denken auch immer mehr Unternehmen über eine befristete Hereinnahme von Beteiligungskapital nach.
„Die Unternehmen haben in der Krise sehr besonnen reagiert und gerade bei den Zukunftsthemen Forschung und Entwicklung nicht gespart“, ergänzte der Verfasser der Studie, Karl Lichtblau vom Institut der deutschen Wirtschaft. Die Lehre aus der Krise sei, dass nur eine Offensivstrategie mit noch mehr Innovationen vor weiteren Krisen schützt.
Eine solche Strategie beinhaltet neben der Stärkung der Innovationskraft durch die Entwicklung neuer Produkte, Prozessinnovationen und den Einsatz neuer Technologien auch Maßnahmen zur Mitarbeiterentwicklung. Die Untersuchung ergab eindeutig, dass die Maschinenbauunternehmen mehrheitlich auf die Offensivstrategie setzen: 30 % der kleineren und 41 % der größeren Unternehmen halten diesen Weg zur Krisenvermeidung für sehr wichtig.
27 % der kleinen und 3 % der großen Unternehmen entscheiden sich für eine Pufferstrategie als Lehre aus der Krise. Hierbei geht es um eine Erhöhung der Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und Fixkosten sowie um die Verbesserung der finanziellen Vorsorge durch den Aufbau von Reserven oder die Konzentration auf ertragsstarke Produkte. Lediglich 13 % der Maschinenbauer wollen den Weg einer Defensivstrategie einschlagen, was bedeutet, dass sich die Unternehmen zurückziehen und mit der Verringerung der Kapazitäten, ein vorsichtigeres Wachstum und Investitionszurückhaltung reagieren.
„Der Aufbau von Frühwarn- und Risikomanagementsystemen ergänzt diese Strategie“, sagte Lichtblau. Ihm zufolge sind die Lehren aus der Krise für den Maschinenbau offensichtlich – blickt man auf die meistgewählten Maßnahmen: mehr Innovationen, größere finanzielle Reserven und höhere Flexibilität.
Die Analyse zeigt auch, dass die Krise des Jahres 2009 von den Maschinenbauern als eine Wachstumspause und nicht als ein Strukturbruch gesehen wird.
Lichtblau interpretierte die Sichtweise der Unternehmen so: „Die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit werden auch die Erfolgsfaktoren der Zukunft sein. Dazu zählen Internationalisierung, Know-how, Differenzierungsfähigkeit und die Netzwerke.“ Ganz in diesem Trend der bewältigten Krise liegt es, dass zwei Drittel der kleinen und drei Viertel der großen Maschinenbauunternehmen ihre Auslandsumsatzanteile bis 2015 ausbauen wollen. Gerade die größeren Unternehmen wollen auch die Auslandsproduktion verstärken und mehr Mitarbeiter im Ausland beschäftigen.
Die Behandlung der Mitarbeiter macht für VDMA-Präsident Lindner den augenfälligsten Unterschied in der Reaktion der Maschinenbauer gegenüber früheren Krisen aus. Zur Tatsache, dass diesmal wesentlich weniger Mitarbeitern als etwa in der Krise von 2001 gekündigt wurde, erklärte er: „Nicht die Haltung oder die Mentalität der Unternehmer hat sich geändert. Die ist seit 30 Jahren stabil. Aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert.“
Wenn man ein Unternehmen führe und merke, dass der Cash-flow immer negativer wird und man keine Stundenkonten abbauen oder Zeitarbeit begrenzen könne, dann müsse man irgendwann relativ schnell mit Kündigungen arbeiten. Doch jetzt habe man diese Instrumente der Flexibilisierung und sie würden auch intensiv genutzt: „Was in den letzten fünf bis sieben Jahren von den Tarifpartnern oder firmenintern geschaffen wurde, wirkt sich jetzt beschäftigungssichernd aus und hat in der letzten Krise den Aderlass an qualifizierten Mitarbeitern weitgehend verhindert.“ U. W. SCHAMARI/KIP
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