Millionenfach verformbar ohne jede Ermüdungserscheinung
Eine neuartige Legierung, die sich praktisch ohne Ermüdung millionenfach verformen lässt, haben deutsche und amerikanische Forscher entwickelt. Der Clou: Bei der Dehnung erwärmt sich das Material um 10 °C auf, bei der Entlastung entsprechend wieder ab.
Kleinste Kühlgeräte der Zukunft, die beispielsweise in künstlichen Herzklappen eingesetzt werden könnten, ließen sie auf diesem neuen Material aufbauen. Es besteht aus einer dünnen Folie, die mechanisch ausgelenkt wird. Dabei erwärmt sie sich um 10 °C, bewegt sich die Folie in ihre ursprüngliche Form zurück, kühlt sie sich in gleicher Weise ab. „Genau diese Abkühlung könnte für neuartige miniaturisierte Kühlanwendungen genutzt werden, die ohne gasförmige Kältemittel auskommen“, sagt Doktorand Christoph Chluba, der zur Forschergruppe um Professor Eckhard Quandt von der Arbeitsgruppe Anorganische Funktionsmaterialien an der Universität Kiel gehört.
Mit diesem neuartigen elastokalorischen Effekt könnte einiges an elektrischer Energie eingespart werden, in Zukunft vielleicht sogar bei Kühlschränken, die mit kräftigen Dauermagneten arbeiten. Zumindest anfangs werden die neuartigen „Kühlschränke“ allerdings ziemlich klein sein und beispielsweise zum Kühlen von elektronischen Baugruppen eingesetzt.
Zehn Millionen Verformungen überstanden
Das neuartige Material haben Forscher der Universität Kiel und der University of Maryland in den USA entwickelt. Es handelt sich um eine Titan-Nickel-Kupfer-Legierung, die in einem Dünnschicht-Abscheideprozess hergestellt wird, ähnlich wie bei organischen Solarzellen. Das Material besticht nicht nur durch seine Fähigkeit, Bewegung in Wärme beziehungsweise Kälte umzusetzen. Es ist zudem so elastisch wie kein anderes Material.
„Im Experiment ließen sich 0,02 Millimeter dicke Filme aus diesem Material mehr als zehn Millionen Mal verformen, ohne signifikante Ermüdungserscheinungen zu zeigen“, sagt Doktorand Chluba. Die extrem hohe Elastizität beruht auf einer immer wieder sich verändernden Kristallstruktur des Materials. Im Ruhezustand ist sie höchst symmetrisch. Beim Verbiegen verliert sie einen Teil ihrer Symmetrie, um bei Entlastung wieder zu ihr zurückzukehren.
Neues Material soll biokompatibel werden
Die Kieler Forscher können sich ganz unterschiedliche Anwendungen für ihr Material vorstellen, etwa als Ersatz für verschlissene Herzklappen. Diese Bauteile müssen, um Nachoperationen zu vermeiden, äußerst haltbar sein. Sie öffnen und schließen sich im Verlauf eines Jahres millionenfach. Genutzt werden könnte das Material allerdings erst nach einer Modifizierung der Legierung, damit sie körperverträglich, also biokompatibel wird.
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