Nanopartikel in Fassadenfarben keine größere Gefahr für den Menschen
Forscher geben Entwarnung für eine Gesundheitsgefährdung durch Nanopartikel in Fassadenfarben – allerdings unter Vorbehalt. Denn die Spätfolgen der Nanopartikel, die sich in die menschlichen Zellen sammeln, lassen sich noch nicht vorhersagen.
Wasser perlt ab, die Oberfläche wird nicht so schnell schmutzig, Pilze und Algen werden ferngehalten. Bessere Witterungsbeständigkeit verlängert die Lebensdauer und Oberflächen bleichen nicht so schnell durch UV-Strahlung aus. Dies sind Vorteile, die Farben mit Nanopartikel bieten. Doch wie sieht es mit dem Gesundheitsrisiko dieser Farben aus?
42 Monate lang prüften Wissenschaftler im Rahmen des EU-Forschungsprojektes „NanoHouse“ die biologischen Auswirkungen von Nanopartikeln in Fassadenfarben auf Mensch und Umwelt. Nanopartikel sind etwa Eintausendmal dünner als ein Menschenhaar und könnten deswegen besonders leicht in den Körper eindringen. Beim Einatmen werden sie beispielsweise nicht wie Staubkörner zurückgehalten, sondern gelangen tief in die Lunge. Das Ergebnis der Studie, das jetzt die Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa an der ETH Zürich mitteilten, soll eher beruhigend wirken: Farben mit Nanopartikeln wirken nicht schlimmer auf den menschlichen Körper als Farben ohne Zusätze.
Zellen nehmen Nanopartikel auf
Ob und wie sich Nanopartikel durch Wind und Wetter aus den aufgetragenen Farben lösen, untersuchten die Forscher durch Reibversuche an Modellfassaden, Tests zur Auswaschung von Nanopartikeln und Analyse der biologischen Wirkungen auf Mensch und Umwelt. Dabei wurden die Versuchsreihen nicht nur mit frisch hergestellter Farbe durchgeführt, sondern auch mit gealterten und freigesetzten Farben.
Ergebnis der Versuche: Insgesamt gelangen etwa ein bis zwei Prozent der Nanopartikel gebunden an größere Farbpartikel in die Umwelt. Durch die Verbindung mit den Farbpartikeln wird die nanospezifische Wirkung gemildert, erklärt der Leiter der Forschungsgruppe „Environmental Risk Assessment and Management“ an der Empa, Bernd Nowack. „Wir waren erstaunt, wie wenig herauskommt“, so Nowack. Eigentlich hatten die Wissenschaftler damit gerechnet, dass die Nanopartikel die Farbe um die Partikel herum angreifen und dadurch die Freisetzungsrate der katalytisch aktiven Nanopartikel insgesamt viel höher liegen würde.
Andererseits hat die Studie auch gezeigt, dass die Nanopartikel mitsamt der Farbpartikel in den menschlichen Körper gelangen. Dort haben sie die gleiche Wirkung auf Magen-Darm-Trakt-Zellen und Immunzellen wie Farben ohne Nanopartikel. Welche Folgen dies für die Menschen zu späterer Zeit haben könnte, können die Forscher noch nicht beurteilen.
Lebensdauervorteil der Nano-Farben ist kein Argument
Roland Hitschier, Umweltwissenschaftler an der Empa, rät dazu, bei der Auswahl der Fassadenfarbe abzuwägen. „Für ein Haus mit einer angenommenen Lebensdauer von 80 Jahren wäre ein Anstrich mit Nano-Farbe günstiger, falls diese um 30 Prozent länger hält. Denn damit hätte man einen ganzen Hausanstrich eingespart – mit allen Umweltbelastungen bei der Farbproduktion und bei der Entsorgung der Farbreste“, so Hitschier. Fakt ist jedoch, dass Farbanstriche oftmals aus ästhetischen Gründen vorgenommen werden. So wird eine Fassade neu gestrichen, auch wenn die Farbe noch intakt ist
Eine Umfrage der Empa-Forscherin Ingrid Hincapie unter Industrieunternehmen ergab, dass viele Unternehmen nur wenig über Nanofarben wissen. Sie wünschen sich eine höhere Lebensdauer der Farben und eine leichtere Handhabung wie schnelles Trocknen. Wie Farbreste jedoch entsorgt werden, wissen viele Firmen beispielsweise nicht.
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