Neues Leben für verschlissene Textilien
Österreichische Forscher wandeln Mischgewebe in Polyester und Zucker um. Aus dem Kunststoff wird neues Garn, aus dem Zucker können hochwertige Getränkeflaschen hergestellt werden. Es geht in Europa um 5 Millionen Tonnen Textilien pro Jahr.
Textilien, die nicht mehr gefallen oder aus der Mode sind landen im Altkleidercontainer. Sind sie kaputt werden sie mit dem Restmüll verbrannt. In Europa fallen jährlich 5 Millionen Tonnen Textilabfälle an. Eine neue EU-Richtlinie schreibt vor, dass Alttextilien ab 2025 getrennt gesammelt werden müssen. Was dann geschieht wissen Forscher der Technischen Universität Wien, der Universität für Bodenkultur Wien und der Montanuni Leoben schon heute. Sie werden recycelt, und zwar so raffiniert, dass sie zu Rohstoffen für neue hochwertige Textilien werden.
Enzyme verwandeln Baumwolle in Zucker
Vor allem Mischgewebe ist schwer zu recyceln. Den österreichischen Forschern ist es dennoch gelungen. Als Versuchsobjekt wählten sie Handtücher, die zu 60 % aus Baumwolle und zu 40 % aus Polyester bestehen. Sie zerteilten sie in feine Flocken und setzten sie Enzymen aus. Diese verwandelten die Baumwolle in Glukose, also Zucker. „Dieser Schritt ist entscheidend, man braucht dafür ganz spezifische Enzyme“, sagt Andreas Bartl vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien. Diese haben Forscher an der Universität für Bodenkultur entwickelt.
Polyester lässt sich wieder zu Garn verspinnen
Das Ergebnis ist eine Zuckerlösung, in der Polyesterfädchen schwimmen. Diese werden herausgefiltert, getrocknet und zu Granulat verarbeitet, wie es die Spinnmaschinen in den Textilfabriken benötigen. Das hier hergestellte Polyestergarn ist so gut wie Neuware. Es lässt sich auch Mischgarn herstellen. Dazu ist allerdings neue Baumwolle nötig. So entsteht am Ende wieder eine Materialmischung, die dem Ausgangsstoff entspricht und dieselbe Qualität hat.
Polyester wird im Normalfall aus Erdöl gewonnen. Recycling von Textilien ist daher ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der CO2-Bilanz. „Wir wollen mit unserem Projekt die Grundlage für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft schaffen“, sagt Bartl.
Konsortium will Zucker in großem Stil verarbeiten
Um die Verwertung der Zuckerlösung kümmern sich die Österreicher nicht. „Die dazu nötige Forschung ist zu umfangreich“, sagt Bartl. Doch es deuten sich Verwendungsmöglichkeiten an. Der Zucker könnte über das Zwischenprodukt Furandicarbonsäure (FDCA) in den Kunststoff Polyethylenfuranoat (PEF) umgewandelt werden, aus dem sich besonders hochwertige Flaschen für Getränke herstellen lassen. Diese sind absolut gasdicht, sodass die Kohlensäure in den Getränken erhalten bleibt und auch kein Sauerstoff in die Flasche diffundiert und den Geschmack verfälscht.
Amsterdamer Unternehmen plant Produktion
Das Amsterdamer Unternehmen Avantium plant, für 150 Millionen Euro eine Produktionsstätte für FDCA und PEF zu bauen. Dabei sollen zwölf europäische Unternehmen helfen, die sich zum Konsortium „PEFerence“ formiert haben. Dazu gehören unter anderem Lego Systems und der Düsseldorfer Konzern Henkel. Die Finanzierung des Projekts soll bis Ende 2020 gesichert sein. Die Verwendung von Zucker aus Baumwolle würde ein Manko des Verfahrens ein wenig abschwächen: Die Verwendung von Lebensmitteln als industrieller Rohstoff.
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