Neues Transportmittel für empfindliche Bauteile
Geckos, die an der Decke und an senkrechten Wänden laufen können, sind Vorbild für ein neues Transportsystem. Es funktioniert sogar im Vakuum, etwa bei der Beförderung von Wafern.
Moleküle oder Atome, die eng aneinander liegen, müssen mit einem gewissen Kraftaufwand voneinander getrennt werden. Van-der-Waals-Kraft heißt diese Wechselwirkung. Sie ist zwar so klein, dass sie kaum messbar ist. Wenn aber Millionen feinster Härchen auf eine Unterlage treffen, reicht die Summe der Kräfte aus, um relativ schwere Gegenstände gegen die Schwerkraft festzuhalten. Das Van-der-Waals-Prinzip ermöglicht es beispielsweise Geckos, senkrechte Wände hochzuklettern und selbst kopfüber an einer Decke entlang zu laufen, ohne herunterzufallen.
Keine Rückstände auf den Oberflächen
Geckos sind das Vorbild für einen Greifer, den Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken entwickelt haben. Mit der so genannten Gecomer-Technik lassen sich empfindliche Bauteile, etwa Wafer, auf denen Mikroprozessoren oder Speicher aufgebaut werden, festhalten und von einer Bearbeitungsstation zur anderen transportieren.
Eine Alternative sind Greifer, die mit Unterdruck arbeiten. Doch Gecomer hat einen entscheidenden Vorteil. „Diese Technik ist besonders im Vakuum von Interesse, denn hier versagen Saugnäpfe“, sagt Karsten Moh vom INM-Programmbereich Funktionelle Mikrostrukturen. Beide Systeme hinterlassen keine Rückstände auf den transportierten Bauteilen. Das breite Forschungsfeld, das natürliche Phänomene in technischen Produkten nachahmt, nennt sich Bionik.
Gecomer-Greifer sind nahezu verschleißfrei
Die Gecomer-Greifer bestehen aus unzähligen Säulen, die einen Durchmesser von nur wenigen Nanometern haben. Wenn sie sanft auf einer glatten Oberfläche aufsetzen, sorgen die Van-der-Waals-Kräfte für Haftung. Ein solcher Greifer mit einer Fläche von einem Quadratzentimeter kann ein Bauteil mit einem Gewicht von 100 Gramm transportieren.
Wenn er loslassen soll werden die feinen Säulen mechanisch verbogen, sodass die Summe ihrer Kontaktflächen deutlich geringer wird. Dadurch reduzieren sich die Anziehungskräfte. Das Bauteil wird abgelegt. Anders als etwa Saugnäpfe sind die Greifer nach dem Vorbild der Geckos nahezu verschleißfrei. „In unseren Testläufen hat sich das System auch nach 100.000 Durchläufen immer noch bewährt“, so Moh.
Mit der mechanischen Bewegung der Säulen sind die Forscher noch nicht zufrieden. Sie experimentieren derzeit mit anderen Auslösemechanismen, etwa Magnetkräften, elektrischen Feldern, Licht und Veränderungen der Temperatur.
Messeauftritt in Tokio
Ein weiteres Ziel der INM-Experten ist der Transport von Bauteilen, die gebogen sind oder eine raue Oberfläche haben. „Dann können wir in Zukunft zum Beispiel auch Glaslinsen bewegen, ohne dass sie schon im Produktionsprozess Schaden nehmen“, so Moh.
Vom 28. bis 30. Januar präsentiert das INM die Gecomer-Technik im deutschen Pavillion auf der nano tech 2015 in Tokio, in dem der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) die Kompetenzen der deutschen Aussteller präsentiert.
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