Pflanzen produzieren – wassersparend und ohne Boden
Eine neue Bewässerungstechnologie könnte vor allem in trockenen Gegenden zum Einsatz kommen. In dem Projekt HypoWave haben Forscher Wasserrecycling getestet und gute Ergebnisse mit einer neuen Anbauform erzielt. Auf Muttererde kann dabei verzichtet werden. Nährstoffe liefert unter anderem Abwasser.
Schönes Wetter mit vielen warmen Tagen schätzen die meisten Menschen im Sommer sehr, zumindest privat. Denn für die Landwirtschaft sind die zunehmenden Trockenzeiten, die vermutlich auf den Klimawandel zurückzuführen sind, ein großes Problem. Sie gefährden die Erträge und zum Teil sogar ganze Ernten. Besonders betroffen sind Regionen, in denen das Wasser ohnehin knapp ist. Denn der Wasserbedarf der Landwirtschaft ist tendenziell hoch. Wissenschaftler am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) haben daher ein neues Anbausystem entwickelt. Es lässt sich zwar nicht großflächig auf alle Regionen und Pflanzenarten übertragen, könnte aber gezielt eingesetzt werden, um punktuell die Erträge zu verbessern. Dabei ist es mit einem besonderen Pluspunkt verbunden: Die Bewässerungstechnologie kann mit aufbereitetem Abwasser betrieben werden.
Die Wissenschaftler haben ein Konzept für eine vollständig alternative landwirtschaftliche Anbauform entwickelt. Die wichtigsten Fragestellungen waren für sie: Ist es möglich, den hohen Wasserverbrauch in der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion durch den Einsatz von recyceltem Abwasser zu minimieren? Und lassen sich gleichzeitig wertvolle Nährstoffe aus dem Abwasser im Anbauprozess recyceln und für die Produktion verschiedener Gemüsesorten und Zierpflanzen nutzen? Entsprechende Ansätze haben sie in den Projekt HypoWave verfolgt.
Kopfsalat braucht nur Abwasser und eine Nährstofflösung
Das interdisziplinäre Forscherteam hat ein Gewächshaus gewählt, um dort Kopfsalat in Pflanzgefäßen zu ziehen. In diesem sogenannten hydroponischen Verfahren ersetzt eine Nährstofflösung die Erde. Sie versorgt die Pflanzen und bietet direkt einen weiteren Vorteil: Da es keinen Boden gibt, kann darin auch kein Wasser versickern. Auch die Verdunstung fällt geringer aus als bei herkömmlichen Anbaumethoden. Das ist zunächst einmal nicht neu. Für HypoWave haben die Forscher jedoch einen Weg gefunden, aufbereitetes Abwasser zu verwenden.
Das Abwasser stammt aus der benachbarten Kläranlage und wird zunächst über ein mehrstufiges Verfahren behandelt und hygienisiert. Zudem werden aus dem Abwasser Nährstoffe gewonnen, die für das Wachstum der Pflanzen benötigt werden. Sie werden dem Wasserkreislauf zugeführt, sodass das Abwasser gleich zwei Funktionen erfüllt: Bewässerung und Beitrag zur Nährstoffversorgung.
Abwasserkreislauf hilft dabei, Wasser zu sparen
„Das Besondere am bodenlosen hydroponischen Pflanzenbau in unserer Pilotanlage ist, dass wir das ohnehin wassersparende Verfahren durch den Einsatz von speziell aufbereitetem Abwasser erfolgreich optimieren konnten“, fast Projektleiter Thomas Dockhorn von der Technischen Universität Braunschweig das Prinzip zusammen. Wichtig ist dabei, dass die Wissenschaftler durch die Verwendung des gereinigten Abwassers eine neue Wasserquelle erschlossen haben, die bisher nicht genutzt wurde und die auch in Trockenperioden zur Verfügung steht.
Auf der anderen Seite tragen die Pflanzen ihren Teil zur Abwasserreinigung bei, weil sie Stickstoff und Phosphor aufnehmen. „Das Pilotprojekt auf dem Gelände der Kläranlage Hattorf bei Wolfsburg hat uns gezeigt, dass das HypoWave-Verfahren aufgrund seiner Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz eine Win-win-Situation für Landwirtschaft und Abwasserentsorger bedeuten kann“, sagt Dockhorn.
HypoWave ist nur unter bestimmten Voraussetzungen effizient
Nach Angaben der Forscher ist das HypoWave-Verfahren besonders vielversprechend für den Anbau von Gemüsesorten wie Gurken, Tomaten, Paprika oder Salat. Sinn macht es zudem in Regionen mit Wasserknappheit und Kläranlagen in der Umgebung. Eine nennenswerte Einleitung industrieller Abwässer sollte hier aber nicht stattfinden, um eventuell problematische Schwermetallkonzentrationen von vornherein ausschließen zu können. Dann kann der Anbau im Gewächshaus sogar zu einer ganzjährigen regionalen Gemüseproduktion beitragen. Gleichzeitig sehen die Forscher Potenzial für Länder wie Spanien oder Portugal, wo neue Wasserquellen für die Landwirtschaft eine besondere Bedeutung haben, weil der dortige Wassermangel chronisch ist.
Für HypoWave haben die Wissenschaftler auch zwei weitere Aspekte betrachtet, die grundsätzlich mit dem Bau von Gewächshäusern verbunden sind: „Wir haben uns damit beschäftigt, dass die Produktion im Gewächshaus das Landschaftsbild stören kann, und dass die ‚Abschottung‘ von der Natur durch den Anbau unter Glas oder Folie Konsequenzen für Ökosysteme haben kann“, sagt Projektkoordinatorin Martina Winker vom ISOE. „Es ist deshalb wichtig, dass solche Systeme in landschaftliche Gestaltungskonzepte und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen eingebunden werden.“
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