Pheromone statt Insektizide
Im EU-Projekt Olefine entwickelt ein internationales Forscherteam eine biotechnische Produktionsmethode für Pheromone. Anders als Insektizide lassen diese Botenstoffe Insekten wie Hummeln und Bienen leben, die keine Schäden anrichten.
Mit Insektiziden holen Landwirte die ganz große Keule heraus, wenn sie bestimmte Schädlinge vernichten müssen, den Maiszünsler etwa oder den Herbstheerwurm, die ganze Ernten vernichten können. Nebenbei sterben daran auch Wildbienen, Hummeln und andere nützliche Insekten, die bereits ganze Bürgerinitiativen auf den Plan rufen, um sie zu schützen.
Die ganz große Keule muss bald nicht mehr sein. Im EU-Projekt Olefine entwickelt ein internationales Forscherteam ein biotechnisches Verfahren zur Herstellung von Pheromonen, die die Vermehrung der Schadinsekten gezielt verhindert. In Deutschland sind Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) in Stuttgart dabei.
Schadinsekten werden in die Irre geführt
Pheromone sind Botenstoffe, die weibliche Schadinsekte aussenden, wenn die Fortpflanzung ansteht. Bringt der Landwirt synthetische Pheromone aus, werden die männlichen Schadinsekten in die Irre geführt, sodass es zu keiner Paarung kommt und damit keine Eier produziert werden, aus denen gefräßige Larven entstehen. Die Gefahr ist gebannt, und sonst kommt keiner zu Schaden, weder nützliche Insekten noch der Landwirt selbst, weil die Botenstoffe ungiftig sind.
Pheromone könnten schon heute eingesetzt werden, wenn sie nicht zu teuer wären. Das liegt daran, dass die chemische Synthese, aus der die Botenstoffe hervorgehen, äußerst komplex und damit teuer ist. Im EU-Projekt arbeitet das Team jetzt daran, sie in Fermentern herzustellen, wie es schon bei vielen Wirkstoffen geschieht, beim Insulin etwa. Basis sind Hefezellen, die so verändert werden, dass sie genau die Pheromone herstellen, auf die die Schadinsekten „abfahren“.
Produktionstechnik liegt in dänischen Händen
Für den eigentlichen Produktionsprozess ist das Unternehmen „BioPhero“ in Dänemark zuständig. Die IBP-Forscher sind für die Ökobilanz zuständig. „Wir untersuchen beispielsweise, wie viel Material und Energie zur Herstellung nötig sind und wie sich dies auf die Umwelt auswirkt. Dabei zeigen wir auf, bei welchen Einzelschritten sich Veränderungen stark auswirken würden. Diese Informationen spielen wir an die dänischen Partner zurück, die sie dann entsprechend umsetzen, sagt Eva Knüpffer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IBP.
Auch für die Kostenrechnung ist sie zuständig. Derzeit gibt es noch keine verlässlichen Zahlen. Doch sie ist sicher, dass sie deutlich niedriger sind als bei der chemischen Herstellung. Dazu kommt, dass die Pheromone nur einmal pro Jahr während der Flugphase der Falter ausgebracht werden, Während Insektizide mehrmals pro Jahr versprüht werden. Außerdem müssen die Landwirte nicht mit ihren Traktoren über das Feld fahren, um jeden Fleck zu besprühen. Pheromone werden in biologisch abbaubaren Behältern in gewissen Abständen auf den Feldern platziert. Die unerwünschte Bodenverdichtung durch die Reifen der Traktoren entfällt und auch der Verbrauch an Treibstoff. Aufgrund all dieser Vorteile gegenüber Insektiziden sei es „durchaus denkbar, langfristig in einen ähnlichen Preisrahmen zu kommen wie bei den Insektiziden“, sagt die Forscherin.
Erste Feldtests im kommenden Jahr
Für 2020 sind erste Feldtests geplant. Dabei sollen noch offene Fragen beantwortet werden: Wie wirken sich die Pheromone auf die Biodiversität aus? Wie ist ihre Wirkung auf die Schädlinge? Verglichen wird jeweils mit den herkömmlichen Insektiziden. Ingenieur.de hält Sie auf dem Laufenden.
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