Pilotanlagen laufen: So wird Diesel aus „Luft“ hergestellt
Es klingt wie Zauberei: Treibstoffe herstellen aus Wasser und CO
Weltweit beschäftigen sich nur wenige Unternehmen mit dem Ziel, das CO2 aus der Luft als Rohstoff zur Herstellung von Treibstoffen und chemischen Grundstoffen zu nutzen. Techniken. Neben Carbon Engineering sind das Global Thermostat in den USA sowie die beiden Unternehmen Climeworks in der Schweiz, eine Ausgründung der ETH Zürich, gemeinsam mit Sunfire in Dresden. Allen diesen jungen Unternehmen ist gemein, dass sie über Finanziers verfügen, die nicht nur große Geldmittel besitzen, sondern auch einen respektablen Namen haben.
Bill Gates, Audi und Bilfinger glauben an die Technik
Bei Carbon Engineering ist Microsoft-Gründer Bill Gates einer der Investoren. Global Thermostat wird von einem amerikanischen Energieversorger finanziert. Und hinter Climeworks und Sunfire stehen bekannte Unternehmen wie der Autoproduzent Audi, der Baukonzern Bilfinger, der Energiekonzern Vattenfall und die Deutsche Lufthansa, die Universitäten Zürich, Stuttgart und Bayreuth sowie Forschungsinstitute wie das Forschungszentrum Jülich und die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung. Diese Liste zeigt, dass es großes Vertrauen in das Potential gibt, CO2 direkt aus der Luft herauszufiltern und rentabel zu Kraftstoffen weiter zu verarbeiten.
Bei den Pilotanlagen in Kanada, den USA, Zürich und Dresden saugen Gebläse die Luft an, aus der das Kohlendioxid herausgefiltert wird. Das geschieht dadurch, dass die Luft bei Carbon Engineering auf durchlöcherte Plastikbahnen herabsinkt, wo das Gas mit einer Flüssigkeit in Berührung kommt, die das CO2 aufnimmt. Letzteres durchläuft dann ein Bad in einer chemischen Lösung, deren Zusammensetzung nicht näher genannt wird.
Das CO2 liegt nach der Trocknung in Form von Pellets vor und ist sogar lagerfähig. Werden diese Pellets auf 800 bis 900 °C erhitzt, geben sie reinen Kohlenstoff ab, der zu Treibstoff verarbeitet werden kann. Der aus dem Kohlenstoff gewonnene Treibstoff lässt sich auf jeden Einsatzzweck ausrichten, so der Vorstandschef von Carbon Engineering, Adrian Corless. Möglich sei die Herstellung von Treibstoff für Flugzeuge, Autos und jeden anderen Motor.
Großanlage in Kanada soll 2018 starten
Die Pilotanlage in Kanada, die seit einigen Tagen arbeitet, gewinnt je Tag eine Tonne CO2.Aus den damit produzierten Pellets lassen sich täglich zwischen 200 und 400 Liter Diesel oder Benzin erzeugen. Die Pilotanlage hat 9 Mio. kanadische Dollar gekostet, gut 6 Mio. €. Die erste großtechnische Anlage soll schon 2017 entstehen. Die Kosten liegen nach den aktuellen Planungen bei rund 134 Mio. €.
Für Carbon Engineering und die anderen Unternehmen, die sich mit derartigen Techniken befassen, ist entscheidend, ab wann das Verfahren großtechnisch rentabel wird. Carbon Engineering erwägt den Verkauf des Treibstoffs in das angrenzende Kalifornien, dessen Regierung mit strengen Gesetzen den CO2-Ausstoß reduzieren will.
Eine Testanlage haben Climeworks und Sunfire gemeinsam in Dresden entwickelt. Dort hat Audi im April gemeinsam mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka die ersten fünf Liter Diesel aus CO2 in einen Audi A8 gefüllt. „Der synthetische Diesel auf CO2-Basis ist ein großer Erfolg unserer Nachhaltigkeitsforschung. Wenn es uns gelingt, CO2 breit als Rohstoff einzusetzen, leisten wir einen entscheidenden Beitrag zu Klimaschutz und Ressourceneffizienz und ebnen den Weg hin zu einer „Green Economy“, sagte Wanka.
Die Anlage betreibt das Dresdner Energietechnikunternehmen Sunfire. Die Anlage arbeitet nach dem Power‑to‑Liquid-Prinzip und nutzt Ökostrom, um den Diesel herzustellen. Seit Juni ist die von Climeworks in Zürich entwickelte Filtertechnik eingebaut, um CO2 aus der Luft als Rohstoff zu nutzen. Der Wirkungsgrad der Dresdner Anlage liegt bei annähernd 70 %. Das ist ausgesprochen hoch und lässt auf eine baldige großtechnische Nutzung hoffen.
Die Technik selbst ist schon vergleichsweise alt. Die so genannte Fischer-Tropsch-Synthese wurde 1925 am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr entwickelt. Doch der Wirkungsgrad war bislang so niedrig, dass eine rentable Nutzung nicht absehbar war.
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