Fertigung 17.02.2012, 12:00 Uhr

Präzisionsschmieden: Energieeffizienz und bessere Bauteile

Präzisionsgeschmiedete Bauteile haben nicht nur bessere technische Eigenschaften gegenüber Werkstücken aus konventionellen Schmiedeverfahren, sondern sie werben auch mit günstigen Stückkosten und Energieersparnis – so die Ergebnisse eines Forschungsprojektes des Produktionstechnischen Zentrums (PZH) der Leibniz Universität Hannover zusammen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Im Sonderforschungsbereich (SFB) 489 sind die Fertigungsexperten des PZH und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zu guten Resultaten gekommen: „Wir haben in den vergangenen Jahren die Prozesskette beim Präzisionsschmieden optimiert“, erläuterte Friedrich-Wilhelm Bach, Sprecher des SFB und Leiter am Institut für Werkstoffkunde des PZH. Wenn alle im Rahmen des SFB 489 entwickelten Maßnahmen im industriellen Umfeld angewendet würden, könnten präzisionsgeschmiedete Hochleistungsbauteile mit verbesserten technischen Eigenschaften zu gleichen oder geringfügig geringeren Stückkosten hergestellt werden. Vorstellbar seien dabei Kosteneinsparungen im Bereich von 10 %.

Solche Aussagen müssen sich natürlich den Fertigungsbedingungen im Industriealltag stellen. Hier ist Bach zuversichtlich: „Die Schlüsseltechnologien des SFB 489 werden bereits in Transferprojekten in die industrielle Anwendung überführt.“ Die Forschungsarbeiten würden in den nächsten Monaten beendet. Schließlich seien die wichtigsten Fragestellungen zum Präzisionsschmieden als optimierter Prozesskette in zwölfjähriger Forschungsarbeit intensiv bearbeitet worden, um eine Basis zur Umsetzung in die Industrie zu schaffen.

Präzisionschmieden: Nutzung der Schmiedewärme könnte Energie einsparen

Es liege nun an der Schmiedeindustrie, die Technologien ganz oder in sinnvollen Einzelanwendungen umzusetzen. Insbesondere durch die Integration der Wärmebehandlung in den Schmiedeprozess – also die Nutzung der Schmiedewärme für die Vergütung der Bauteile – könnten maßgebliche Energieeinsparungen realisiert werden.

Zudem wird durch den endkonturnahen Umformprozess die spanhebende mechanische Bearbeitung auf ein Minimum reduziert. Lediglich ein Schleifprozess bzw. ein Hartdrehprozess ist etwa bei der Herstellung von Zahnrädern oder Kurbelwellen nötig. „Zudem wird Material eingespart, da der übliche Gratanteil von bis zu 30 % beim Präzisionsschmieden entfällt“, betonte Bach. Hier würden weitere Kosten- und Energieeinsparungen erzielt, da ein Recycling von entsprechendem Material nicht stattfinden muss. Umfangreiche Qualitätssicherungsschritte sowie die für jedes Bauteil anpassbaren Prozesse seien geeignet, den Ausschuss zu verringern, und könnten so helfen, weitere Kosten einzusparen.

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Präzisionschmieden: SFB 489-Prozesskette steigert Qualität der Bauteile und spart gleichzeitig Kosten

Nahezu alle Einzelschritte und Maßnahmen in der Prozesskette des SFB 489 sind prinzipiell so ausgelegt, dass die Bauteilqualität gesteigert wird und gleichzeitig eine Zeit-, Energie- und Kostenersparnis erzielt werden kann. Hier muss aber laut Bach immer eine Prämisse gelten: „Es kommt auf die Anpassung der Teilprozesse zu ganzheitlichen Fertigungsketten an.“ Die lokale Optimierung einzelner Prozesse könne nicht im gleichen Maß effektiv sein wie die Optimierung und Abstimmung der gesamten Abläufe. Erst diese Prämisse erlaube es, die technologischen und wirtschaftlichen Potenziale vollständig auszuschöpfen.

Die wesentlichen Innovationen des SFB 489 sind die mehrdirektionale Massivumformung, integrierte Wärmebehandlung mit Zweiphasensprays, adaptronische Feinpositionierung und Verfahren zur Erhöhung der Werkzeugstandzeit. Durch die Entwicklung von Werkzeugkonzepten für die mehrdirektionale Massivumformung können komplexe Bau-teilgeometrien mit deutlich variierenden Masseanhäufungen sowie versetzten und verdrehten Geometrieelementen im Rahmen des Präzisionsschmiedens angefertigt werden. „Nur durch diese Technologie ist es möglich, zum Beispiel Kurbelwellen in der vom SFB entwickelten Prozesskette herzustellen“, erklärte Bach.

Spraytechnologie erlaubt individuelle Wärmebehanldung von Schmiedewärme-Bauteilen

Was die integrierte Wärmebehandlung mit Zweiphasensprays aus Wasser und Luft anbelangt, so erlaubt sie die individuelle Wärmebehandlung von Bauteilen aus der Schmiedewärme. „Neben der Energieeinsparung kann so zudem der Verzug der Bauteile verringert werden“, berichtete der Schmiedeexperte. Die Spraytechnologie ermögliche es, den Wärmeübergang beim Abschrecken der Bauteile lokal auf der Bauteiloberfläche und zudem zeitlich frei zu steuern – natürlich in den physikalisch realisierbaren Grenzen. So lasse sich der thermische Verzug minimieren, und bei geeigneten Bauteilgeometrien, Werkstoffen und Anforderungsprofilen könne sogar ein Richtvorgang durch die Wärmebehandlung realisiert werden.

Bei der Massivumformung ist allerdings noch ein weiteres Problem zu lösen, das Bach so schilderte: „Die nahezu unvermeidlichen Positionierungsungenauigkeiten des Ober- und Untergesenkes zueinander führen bei der gratfreien Präzisionsumformung zu Taumel-, Exzenter- und Winkelfehlern der Halbfertigteile.“ Um in der Prozesskette wirtschaftlich fertigen zu können, sollten Bauteilaufmaße zur Kompensation entsprechender Fehler möglichst gering sein. Um mit einem minimalen Bearbeitungsaufmaß und einer individuellen Anpassung jedes einzelnen Bauteils arbeiten zu können, sei im Rahmen des Projekts die adaptronische Feinpositionierung entwickelt worden. Durch optische Messverfahren würden die geschmiedeten und wärmebehandelten Bauteile vermessen und durch ein aktives Spannfutter positioniert.

Ein Beitrag von:

  • Uwe Schamari

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