Risiken neuer Standorte werden häufig unterschätzt
Eine hier erstmals vorgestellte Studie der PA Consulting Group und der VDI nachrichten belegt, dass viele Unternehmen bei Produktionsverlagerungen mit Qualitätseinbußen oder Fertigungsausfällen zu kämpfen haben. Auch das Projektbudget und der gesetzte Zeitrahmen werden dabei oft überschritten. Klare Strategien zeichnen dagegen erfolgreiche Unternehmen aus.
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Positive Zeichen für den Standort Deutschland ergeben sich daraus allerdings kaum: „Trotz Komplikationen kommen Unternehmen auf den Geschmack,“ so Dr. David Vasak, Managing Consultant und Experte für Produktionsverlagerungen bei PA Consulting, „76 % planen weitere Produktionsverlagerungen oder erweiterten Verlagerungsumfang.“ Aber, auch das belegten die Antworten, 62 % der Firmen würden bei Produktionsverlagerungen kritische Erfolgsfaktoren heute gezielter berücksichtigen – bereits beginnend bei der Verlagerungsstrategie sowie kontinuierlich in der Umsetzungsphase.
Über 30 Unternehmen verschiedener Branchen mit Umsätzen von 20 Mio. € bis 10 Mrd. € beteiligten sich an der Studie „Königsweg ins Ausland? Erfolgsfaktoren für Produktionsverlagerungen“. Die meisten der Unternehmen erzielen einen Jahresumsatz über 100 Mio. €. Die verlagernden Unternehmen sind dabei größtenteils als „Global Player“ aufgestellt.
Bei ihren Zielstandorten bleiben die meisten Fertiger ihrem Heimatkontinent treu. Etwa 50 % der Unternehmen verlagern nach Osteuropa, vor allem nach Tschechien. Mit 27 % folgt China. 23 % der Befragten entschieden sich für andere Destinationen, insbesondere Mittel- und Südamerika.
Die Verlagerung von Produktionsstätten erweist sich für Unternehmen in Deutschland dabei mehr und mehr als Option, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern: „Sie reagieren auf Kostendruck und erschließen neue Märkte – aber Produktionsverlagerungen sind schwieriger als gedacht“, erläutert PA-Berater und Studienautor Dirk Pfitzer. Kostensenkungsziele (92 %) gelten hier bei den Befragten noch vor Marktzielen (35 %) als Haupttreiber.
Tatsächlich sinken die Kosten in Einzelfällen um bis zu 45 %. Der Durchschnitt von 20 % Einsparung verfehlt jedoch das Ziel von 27 %. „Verlagerung in Niedriglohnländer wird nicht als Allheilmittel betrachtet“, so David Vasak. Unternehmen suchen im Vorfeld auch systematisch Alternativen zur Kostensenkung. So prüften 77 % Prozessoptimierungen, 64 % Neuverhandlungen mit Lieferanten, 55 % Wertanalysen sowie 50 % flexible Arbeitszeitmodelle, die sie auch umsetzen.
Ist die Entscheidung für das Ausland gefallen, ziehen zwei Drittel der Unternehmen einen „Brown Field“-Ansatz vor und erweitern bereits bestehende Produktionsstandorte. Verlagert werden dabei laut der Studie überwiegend komplexe Produkte mit hohen manuellen Fertigungsanteilen.
„Auffallend ist der Trend zu lokalem Sourcing – trotz bestehender Qualitätsprobleme mit lokalen Lieferanten“, so Dirk Pfitzer. Der Zielanteil lokaler Beschaffung nahm demnach in den vergangenen Jahren von 27 % auf 70 % zu. Die Verlagerung der Einkaufs- und Logistikprozesse unterstützt den Zuwachs. Trotz Maßnahmen zur Verbesserung und Entwicklung lokaler Zulieferer bei 80 % der Unternehmen, zeigte sich ein Drittel unzufrieden mit deren Termintreue und Flexibilität.
Die Umsetzung von Verlagerungsstrategien birgt zudem weitere Risiken. Besonders erfolgskritisch ist für 95 % der befragten Unternehmen der Know-how-Transfer. Viele Unternehmen förderten ihn deshalb aktiv. Aber, auch das zeigte die Studie, den Aufwand unterschätzten 20 % der Befragten drastisch.
Wichtig ist ebenso die Landeskultur, denn bei einem Drittel der Verlagerungen wirken sich kulturelle Unterschiede negativ aus. „Schon während der Verlagerung sollten Unternehmen kulturelle Dissonanz zwischen abgebendem und aufnehmendem Standort berücksichtigen“, stellt PA-Berater und Studienautor Marcus Menzer fest. Immerhin zwei Drittel der Unternehmen gehen das Management kultureller Unterschiede aktiv an und werden belohnt – 95 % davon berichten über erfolgreiche bis sehr erfolgreiche Resultate.
Schlechte Noten gibt es dagegen im Projektmanagement: Obwohl die enge Zusammenarbeit zwischen abgebendem und aufnehmendem Standort sehr erfolgskritisch gesehen wird, etablieren nur 36 % der Unternehmen die „Brückenfunktion“ eines neutralen, standortübergreifenden Projektmanagements. Zudem informieren über 50 % der Firmen die Mitarbeiter weder ausreichend noch kontinuierlich über die jeweiligen Projektstände. „Genauso paradox erscheint, dass trotz hohen Kapitaleinsatzes für Produktionsverlagerung, unvorhersehbaren kulturellen und politischen Einflüssen sowie direkten Auswirkungen auf Lieferfähigkeit und Qualität nur 36 % der Unternehmen ein vorbeugendes Risikomanagement betreiben“, bilanziert Dirk Pfitzer.K. GROSS/CIU
Die ausführliche Fassung von „Königsweg ins Ausland? Erfolgsfaktoren für Produktionsverlagerungen“ umfasst 24 Seiten und 18 Grafiken. Sie kann per Internet kostenfrei angefordert werden:
www.paconsulting.com/deutsch
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