Risikomanagement wird für Großanlagenbauer zu einem zentralen Thema
Komplexe Planung, lange Vorlaufzeiten, „Baustellen“ rund um den Globus, steigender Wettbewerb und hoher finanzieller Einsatz: Für das Thema „Projektrisikomanagement“ interessiert sich die Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und hat eine Studie erarbeitet, in der Manager des deutschen und europäischen Großanlagenbaus zu Wort kommen. Die Ergebnisse wurden in Frankfurt präsentiert.
„Was macht den Großanlagenbau robust für die Zukunft?“ Dieser Ansatz steht für Helmut Knauthe im Mittelpunkt der neuen Studie: „Die Frage ergibt sich natürlich Jahr für Jahr, weil sich die Risiken in den verschiedensten Formen der Abwicklung von Großprojekten doch immer wieder aufzeigen lassen“, so das Geschäftsführungsmitglied der ThyssenKrupp Uhde GmbH in Dortmund und und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. Vor allem die Wettbewerbssituation sei genug Anlass zur Befassung mit dem Projektrisikomanagement.
Denn die Wettbewerbsbedingungen in Ländern „mit Großanlagenbau“ haben laut der Befragung großen Einfluss auf die Risiken. „Wir stellen fest, dass der Wettbewerbsdruck hoch ist“, erklärte Knauthe. Laut Umfrage werde er auch weiter steigen. Dies sei aufgrund der allgemeinen Randdaten, die man in den letzten zwei bis drei Jahren erlebe, allerdings keine wirkliche Überraschung. Schließlich gehe die Anzahl der Projekte zurück, und in einem schrumpfenden Markt würden sich die Teilnehmer natürlich umso intensiver um Projekte bewerben. Dies zeige sich in immer niedrigeren Zuschlagsquoten und steigenden Angebotskosten. Allerdings wolle er nicht so weit gehen zu sagen, dass sich ein Verkäufermarkt komplett in einen Käufermarkt umgedreht habe.
Risikomanagement liegt auf Platz 4 bei Maßnahmenkatalog zur Wettbewerbssicherung
Da liegt es nahe, dass das Risikomanagement für Projekte in der Studie ein zentrales Thema ist, geht es um die weitere Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. „Von 25 verschiedenen Möglichkeiten wurde das Risikomanagement auf Platz 4 der Maßnahmen eingeordnet, mit denen sich die Unternehmen zwecks Wettbewerbssicherung besonders intensiv beschäftigen“, berichtete Klaus Gottwald, Referent der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau. Schließlich sei im globalen Kampf um Marktanteile seit 2006 ein deutlicher Zugewinn für China und Südkorea zu verzeichnen, während die etablierten Großanlagenbau-Regionen Westeuropa einschließlich Deutschland, USA und Japan Weltmarktanteile eingebüßt hätten.
Europa – und hier speziell Deutschland – ist allerdings mit einer großen Zahl von Anbietern, die sehr breit aufgestellt sind, immer noch das Zentrum des weltweiten Anlagenbaus. Doch diese Position gerät zunehmend unter Wettbewerbsdruck, wie Gottwald betonte: „Da existieren die Pläne der Koreaner, die auf Expansion setzen und sowohl regional als auch in Bezug auf die Branchen sehr aktiv sind. Aber auch die Chinesen werden verstärkt international tätig.“ Die Studie bestätige, dass der Wettbewerbsdruck, der von diesen Ländern ausgeht, als stark ansteigend empfunden wird. Doch der Wettbewerb unter den Europäern nehme ebenfalls zu. Aus Westeuropa – so die Auskunft der Befragten – kämen sogar die wichtigsten Wettbewerber, während China und Südkorea doch noch eher in der Aufholjagd begriffen seien.
Risikomanagement: Unternehmen bewerten enge Terminpläne als größtes Projektrisiko
Geringerem Wettbewerbsdruck sind laut Studie diejenigen Unternehmen ausgesetzt, die als ihre Kernkompetenz das Thema Technologie angeben. Marc Artmeyer, Prinzipal der mit der Durchführung der Studie befassten Düsseldorfer Consulting-Firma Management Engineers, zog daraus den Schluss: „Das könnte ein Ansatz sein, um sich im Markt besser zu positionieren.“ Als Technologiegeber habe man einen deutlichen Vorteil. Insbesondere Anlagenbauer mit spezifischem Fokus auf dem Detail Engineering seien häufig niedrigerem Wettbewerbsdruck und geringeren zeitlichen Projektrisiken ausgeliefert. Auch stünden sie weniger stark unter dem Druck der Konkurrenz aus China.
„Das Zeitproblem wird daher als größtes Projektrisiko gesehen“, betonte Artmeyer. Vor allem enge Terminpläne lägen als unternehmerische Risiken noch vor den mit der Projektausführung verbundenen Problemen wie die Verfügbarkeit von Ressourcen, den technischen und organisatorischen Fähigkeiten sowie dem Schnittstellenmanagement. Als weiteres großes Projektrisiko betrachte man die Kalkulation, da hier oft ein Festpreisrisiko bestehe. Um solche Risiken zu identifizieren, bedürfe es vor allem der Transparenz. Die wichtigsten Instrumente seien hier mitlaufende Kalkulationen und Lieferantenfortschrittsmessungen. Erkannte Risiken würden am wirksamsten durch die Vertragsgestaltung und -abwicklung gesteuert. Auch die Kompetenz der Mitarbeiter spiele eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung von Risiken. Mitarbeiterentwicklung und -bindung seien daher unverzichtbar.
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