Schmuckdiamanten aus dem CVD-Reaktor
Große Diamanten müssen nicht immer auch große Klunker sein. Denn die kristalline Variante des Kohlenstoffs läßt sich auch mit dem CVD-Verfahren auf mehrere Zentimeter große Flächen im Vakuum abscheiden. Aus einer 1 mm-Schicht entsteht dann ein Diamant-„Kunstwerk“.
Zu Brillanten geschliffen und in Gold gefaßt, ein edles Schmuckstück, exklusiv. So sieht man Diamanten gerne. Aber nur etwa 25 % der Diamanten werden als Schmuckstein verwendet, 75 % hingegen in der Industrie zum Schleifen und Schneiden eingesetzt. Um den Bedarf an Industriediamanten zu decken, werden seit Jahrzehnten bei hohen Temperaturen unter hohem Druck Synthesediamanten hergestellt.
„Mit diesem Verfahren“, erläutert Ernst Michael Winter „ließen sich auch Schmucksteine herstellen. Doch um Einkaräter zu synthetisieren, müßten Druck und Temperatur im Reaktor sieben Tage aufrechterhalten werden.“ Kopien natürlicher Steine werden auf dem Schmuckmarkt aber nicht akzeptiert.
Winter war bis 1996 zusammen mit seinem Bruder Georg Eigentümer der Firmengruppe Ernst Winter und Sohn, die Diamantwerkzeuge produziert und eine eigene Diamantsynthese betreibt. Nach dem Verkauf an DeBeers hat er sich, seit seiner Jugend mit Diamanten beschäftigt, dem Diamantenschmuck zugewendet. Doch wollte er nicht nur Steine schleifen und zu Schmuck verarbeiten, sondern etwas völlig Neues schaffen.
In der Firma Winter CVD Technik GmbH läßt er bis zu 1 mm dicke Diamantschichten auf einem Trägermaterial herstellen, die anschließend zu Schmuck verarbeitet werden. Bei der Herstellung von Diamantschichten mit dem CVD-Verfahren (Chemical Vapor Deposition) verwendet man Wasserstoff und 1 % bis 3 % Methan, das den Kohlenstoff liefert. Diamantschichten von 1 µm bis zu 1 mm Dicke je Stunde können aufgebaut werden.
Die Applikation der Diamant-Oberfläche mit beliebig strukturierten Bildschichten ist jedoch völlig neu. Winter hat sich für seine Entwicklung das Warenzeichen „Valiudiamond“ schützen lassen. Es sind Schmuckstücke, die aus CVD-Diamant bestehen – schichtförmig oder massiv – und auf die ein Bildmotiv, nach Wunsch aus Gold, aufgebracht wird. Es entsteht somit ein „Schwarz-Weiß“-Bild, bei dem die dunklen Motivpartien aus dem Diamant gebildet werden und die hellen aus dem Gold. Das Bild wird in einem lithografischen Prozeß erzeugt, mit Ätzmasken wie bei der Chip-herstellung.
Auf den Diamant wird zunächst vollflächig eine Metallschicht aufgedampft. Hierfür verwendet man, da es sich ja um edle Schmuckstücke handelt, Gold, Platin, Palladium oder Silber, auf die anschließend eine lichtempfindliche Resistschicht aufgebracht wird. Durch eine aus dem Bild hergestellte Maske belichtet man, die belichteten Teile werden weggeätzt, so daß auf dem Bild die hellen Teile in Gold oder Platin erscheinen, während die dunklen Teile aus der Diamantschicht bestehen.
Eine nur 1 µm dicke Diamantschicht auf einem glänzenden Substrat läßt die Diamantfläche in den Regenbogenfarben schillern. Der Effekt entsteht dadurch, daß das Licht sowohl an der sehr glatten Oberfläche der Diamantschicht als auch an der Oberfläche des Substrats reflektiert wird. Der Farbeffekt kommt dann durch Interferenz zustande, die einige Wellenlängen auslöscht.
Auch für Naturdiamanten, die sich nicht für den Brillantschliff eignen, sieht Winter eine neue Verwertung. Statt in der Industrie zerschlissen zu werden, könnten sie nach der Herstellung ebener Flächen durch Zerlegen in einzelne Scheiben als Motivhintergrund für ein Schmuckstück dienen.
Doch die CVD-Technik führt zu viel größeren Flächen ein Einkaräter erreicht am Rondisk gerade mal 6,6 mm Maximaldurchmesser.
Naturdiamanten will der gelernte Diamanteur und Gemmologe Winter nicht nachbauen. Er will einem Bedürfnis der Zeit nach exklusiven Matrialien entgegenkommen – und ihrer Verbindung mit Design, Esprit und Kultur. Das CVD-Verfahren ist nämlich Stand der Technik, durch seine Anwendung eröffnen sich jedoch Perspektiven für den großflächigen Diamantschmuck , die bisher dem Reich der Phantasie angehörten.
LUTZ BLOOS/KÄM
Ein Beitrag von: