Distribution 15.07.2011, 12:09 Uhr

Schutzgasverpackung hält sensible Lebensmittel länger frisch

Schutzgasverpackungen werden im Lebensmittelhandel immer häufiger eingesetzt. Denn sie halten empfindliche Nahrungsmittel lange Zeit frisch und ansehnlich. Doch hinter dem, was sich so farbenprächtig in den Kühltheken des Einzelhandels präsentiert, steckt viel Entwicklungsaufwand. Gaslieferanten, Verpackungsmaschinenbauer und Hersteller von Verpackungsmaterialien müssen eng zusammenarbeiten, um effiziente Verpackungslösungen zu entwickeln.

"To-Go-Nahrungsmittel" sind in Mode.

"To-Go-Nahrungsmittel" sind in Mode.

Foto: Werkfoto

Das Verbraucherverhalten ändert sich. Convenience-Produkte und „To-go-Nahrungsmittel“ kommen immer mehr in Mode und sorgen für ein Umdenken in der Verpackungsbranche. „Der Trend geht eindeutig in Richtung Schutzgasverpackungen“, erklärte Florian Kugler gegenüber den VDI nachrichten. Das Modified Atmosphere Packaging (MAP), so der Marketingleiter für Schutzgase bei Air Liquide Deutschland, Düsseldorf, gewährleiste die Qualität des Packgutes über einen längeren Zeitraum hinweg.

Kugler: „Durch das Verpacken unter Schutzatmosphäre unterbinden oder begrenzen wir physikalische, chemische, enzymatische und mikrobielle Verderbprozesse, welche die Qualität von rohen sowie von verarbeiteten Lebensmitteln beeinträchtigen können.“

In einer Schutzgasverpackung herrscht die Atmosphäre, die Lebensmittel zum Atmen brauchen

Beim Schutzgasverpacken würden abhängig vom Nahrungsmittel Stickstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff bzw. Mischungen dieser Gase in einer Hochbarriereverpackung oder im Fall von Produkten wie Salat in einer gezielt durchlässigen Verpackung abgepackt. Dafür werden fein justierte und sorgfältig kontrollierte Gasmischungen entwickelt, um die spezifischen Respirationsbedürfnisse (Atmung) der Produkte erfüllen zu können. Diese Entwicklungsarbeit müsse in enger Zusammenarbeit mit dem Verpackungsmaterialhersteller und dem Verpackungsmaschinenbauer erfolgen.

„Aufgrund der Vielfalt der Lagerbedingungen und der verwendeten Folien sind vor dem Einsatz von Schutzgasverpackungen in der Praxis Versuche unter den jeweiligen betrieblichen Bedingungen Voraussetzung, um die optimale Zusammensetzung der Schutzatmosphäre zu ermitteln. Hierfür ist fast immer eine Abpack- und Lagertestreihe erforderlich“, so der Schutzgasexperte. Die Lebensmittelspezialisten von Air Liquide würden dazu verschiedene Probepackungen mit unterschiedlichen Gasmischungen oder Einzelgasen nach Erfahrungswerten herstellen. Während des Versuchs erfolgten begleitende Messungen der Zusammensetzung der Schutzatmosphäre und insbesondere des Restsauerstoffgehalts in der Packung. Nur so lasse sich die gewünschte Zusammensetzung der Schutzatmosphäre sicher einstellen. Bei der Wahl der Folie müsse die Foliendurchlässigkeit für Gase, die Wasserdampf-Übertragungsrate sowie die Siegeleigenschaften des Materials berücksichtigt werden.

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Die Entwicklung neuer MAP-Lösungen ist nur dann effizient, wenn alle am Projekt beteiligten Partner eng zusammenarbeiten, so die Erfahrung von Stefan Dangel. Als Beispiel dafür nennt der Vertriebsleiter von Sealpac, Oldenburg, das Verpacken eines Fertiggerichts, das schutzbegast heiß abgefüllt wird. Im warmen Zustand dehne sich das Gas im Kopfraum aus und spanne die Abdeckfolie. Diese dürfe aber auch nach dem Abkühlen des Schutzgases nicht in sich zusammenfallen.

Dangel: „Dafür muss der Lieferant des Schutzgases eine geeignete Gasmischung entwickeln, der Materiallieferant eine geeignete Folie und der Maschinenbauer eine Steuerung, mit der sich die optimale Gasmenge sicher dosieren lässt. Diese Einzelkomponenten lassen sich jedoch nur in einer guten Entwicklungspartnerschaft zielführend miteinander kombinieren.“

Eine Herausforderung für den Maschinenbauer seien auch sehr schnell drehende Produkte. Dazu zähle z. B. Hackfleisch. „Mit unseren neuen Maschinengenerationen verpacken wir unter Schutzgasatmosphäre fehlerfrei 140 Portionen/min. Bei dieser Geschwindigkeit muss die Maschinensteuerung sicher arbeiten“, so der Vertriebsleiter.

Stickstoff und Kohlendioxid sind die überwiegenden Schutzgase in Verpackungen

Dank des Schutzgases in der Verpackung hat sich die Lagerfähigkeit des Hackfleisches laut Dangel von ehemals „am Tage der Herstellung“ auf heute bis zu acht Tage verlängert. Durch den Einsatz von MAP stoße man nicht mehr an die mikrobiologischen Grenzen des Produktes, sondern auf sensorische Blickfänger wie Farbe und Aussaftung.

Laut Kugler werden in Deutschland heute überwiegend Stickstoff, Kohlendioxid und deren Gemische als Schutzgas eingesetzt. In einigen Sonderfällen – etwa beim Verpacken von Frischfleisch und rohem Gemüse – wird auch Sauerstoff eingesetzt.

Generell gelte für den Einsatz von technischen Gasen als Schutzgas in Lebensmittelverpackungen: Stickstoff verdrängt den Luftsauerstoff. Hierdurch wird die Oxidation der Lebensmittel verhindert und das Wachstum der aeroben Mikroorganismen gehemmt. Aufgrund der geringen Partialdruckdifferenz zwischen der Verpackung und der Umgebungsluft spielten Diffusionsvorgänge nur eine untergeordnete Rolle und das Packungsvolumen bleibe stabil. Für einen wirksamen Oxidationsschutz sollte der Rest-O2-Gehalt laut Kugler weniger als 0,2 % betragen. Kohlendioxid habe sich in einer Konzentration von 20 % bis 30 % in Stickstoff als optimal erwiesen, um das Wachstum von Mikroorganismen zu hemmen.

Der Unterdruck in Schutzgasverpackungen vermittelt den Eindruck von Frische

Da Kohlendioxid eine hohe Löslichkeit in Wasser und Fetten aufweist und infolge der hohen Partialdruckdifferenz zur Umgebungsluft schnell aus der Verpackung diffundieren kann, entsteht häufig ein Unterdruck in der Packung. In manchen Fällen ist es erwünscht, dass sich die Verpackungsfolie durch diesen Unterdruck anspannt, um damit „Produktfrische“ zu vermitteln. Ist dies wie zum Beispiel bei Weichverpackungen nicht erwünscht, dient Stickstoff als Stützgas. Ein Spezialfall ist laut Kugler das Verpacken von frischen Salaten und Gemüsen. Sie brauchen Sauerstoff, um auf dem Weg zum Kunden frisch zubleiben. Jedoch ist Sauerstoff auch für Oxidationsprozesse verantwortlich, die zum Braunwerden der Schnittkanten führen. Um während der Lagerzeit die optimale Sauerstoffkonzentration in der Packung zu halten, sei es notwendig, die Anfangskonzentration entsprechend den Produktanforderungen einzustellen und den Gasgehalt durch die Wahl der richtigen Foliendurchlässigkeit während der Lagerung aufrechtzuerhalten.

Zur Vermeidung von Qualitätseinbußen muss außerdem das entstehende Kohlendioxid durch die gasdurchlässige Folie aus der Packung entweichen können. Andernfalls würde bei der Anreicherung von Kohlendioxid in der Packung das Produkt auf anaeroben Stoffwechsel (Gärung) umstellen und somit verderben.

 

Ein Beitrag von:

  • Rolf Müller-Wondorf

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