Schwächste Magnetfelder messbar dank winzigem Instrument
Mit einer Kombination aus supraleitendem Quanteninterferometer und Bornitrid ist es Wissenschaftlern der Universität Basel gelungen, nun auch kleinste Magnetfelder aufzuspüren. Dafür haben sie einen Quanteninterferometer im Miniaturformat entwickelt.
Supraleitende Quanteninterferometer, auch „SQUIDs“ genannt – abgeleitet von der Bezeichnung „superconducting quantum interference, device“ –, können in der Medizin zum Beispiel die Aktivität des Gehirns darstellen und in der Geowissenschaft die Zusammensetzung von Gesteinen charakterisieren oder Grundwasserströmungen erkennen. Ein solches Squid besteht in der Regel aus einem supraleitenden Ring, der an zwei Stellen sogenannte „schwache Verbindungen“ aufweist. Diese unterbrechen den Ring durch einen normalleitenden oder isolierenden, sehr dünnen Film. Nur wenn die schwachen Verbindungen besonders dünn sind, erfüllen sie ihre Funktion. Sie besteht darin, dass die für die Supraleitung verantwortlichen Elektronenpaare hindurch passen müssen. In der jüngsten Forschung nutzt man dazu inzwischen Nanoröhrchen, Nanodrähte oder Graphen.
Innerhalb eines Squids existiert eine kritische Strom-Schwelle. Oberhalb dieser Schwelle wird der widerstandsfreie Supraleiter zu einem Leiter mit normalem Widerstand. Die Schwelle ist dabei abhängig vom magnetischen Fluss, der das Innere des Rings durchdringt. Dieser kritische Stromfluss lässt sich messen. Wissenschaftler können anhand dieser Messwerte sehr genaue Rückschlüsse auf die Stärke des Magnetfeldes ziehen.
Graphenschichten neu angeordnet: übereinander und horizontal zueinander
An der Universität Basel haben Forscher des Departement Physik und des Swiss Nanoscience Institute in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Budapest und des National Institute für Material Science in Tsukuba, Japan, nach eigenen Angaben eines der kleinsten Squids entwickelt, das je produziert wurde. „Unser neuartiger Squid besteht aus einem komplexen, sechsschichtigen Stapel einzelner zweidimensionaler Materiallagen“, erklärt David Indolese, Erstautor der Studie. Zwei Monoschichten Graphen im Inneren sind durch eine sehr dünne Schicht aus isolierendem Bornitrid voneinander getrennt. „Wenn zwei supraleitende Kontakte dieses Sandwich verbinden, verhält es sich wie ein Squid – kann also schwächste Magnetfelder darstellen“, sagt Indolese. Die Wissenschaftler nutzen die Graphenschichten als schwache Verbindungen. Dabei ordnen sie diese allerdings nicht wie bei einem herkömmlichen Squid nebeneinander an, sondern übereinander, horizontal zueinander. „Unser Squid hat also eine sehr kleine Grundfläche, die nur durch Nanofabrikationstechniken limitiert ist“, erläutert Paritosh Karnatak, der zu der Forschergruppe gehört.
In der Höhe bringt es das Squid auf etwa zehn Nanometer. Zum Vergleich: Damit ist es so dick wie ein Tausendstel eines Haares und kann auf diesem kleinen Raum Supraströme auflösen. Sobald man den Abstand der Graphenschichten untereinander verändert, lässt sich damit sogar die Empfindlichkeit einstellen. Das hat zur Folge, dass mithilfe elektrischer Felder die Signalstärke erhöht werden kann, was die Messgenauigkeit noch einmal erhöht.
Mit den neuen Squids erhofft man sich Fortschritte in der Erforschung topologischer Isolatoren
Die Idee zur Entwicklung des neuen Squids entstand im Team der Wissenschaftler, um Kantenströme topologischer Isolatoren zu analysieren. Topologische Isolatoren sind Festkörper, die sich im Inneren wie ein elektrischer Isolator verhalten. Das bedeutet: Sie leiten den elektrischen Strom nur an ihren Oberflächen, beispielsweise an den Außenkanten. Im Inneren verhindern sie allerdings jeden elektrischen Strom, auch wenn ein externes elektrisches Feld vorliegt. Topologische Isolatoren gehören seit einiger Zeit zu den aktuellen Themen vor allem in der Festkörperforschung. Aufgrund der ungewöhnlichen Kombination ihrer Eigenschaften aus Leiter und Isolator könnten sie eventuell für viele elektronische Anwendungen geeignet sein.
„Mit dem neuen Squid können wir nachweisen, ob diese verlustfreien Supraströme auf topologischen Eigenschaften eines Materials basieren und können sie so von nicht-topologischen unterscheiden. Für die Erforschung topologischer Isolatoren ist dies sehr wichtig“, sagt Christian Schönenberger, Leiter des Forschungsprojektes. Seiner Ansicht nach könnten die Squids künftig auch als rauscharme Verstärker für hochfrequente elektrische Signale wie zum Aufspüren und Feststellen lokaler Hirnströme verwendet werden, da sie sich durch ihre kompakte Bauweise in Serie schalten lassen. Neben den Arbeitsgruppen an der Universität Basel waren auch Wissenschaftler der Universität Budapest und des National Institute für Material Science in Tsukuba, Japan, beteiligt.
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