So schnell kann man Kunst und Kitsch digitalisieren
Wie sieht der HiFi-Turm von der Seite aus? Oder das Modellflugzeug von unten? Wer online kauft, muss sich meist mit Bildern begnügen. Es sei denn, der Online-Shop nutzt einen ultraschnellen 3D-Scanner, den Fraunhofer-Forscher auf der Hannover Messe vorstellen. Entwickelt wurde das Gerät eigentlich für Kunst und antike Funde.
Es ist ein spektakuläres Gerät, das die Ingenieuredes Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Darmstadt entwickelt haben. Der Scanner ist eher eine Scannerstraße, die Objekte werden von allen Seiten von 14 Kameras erfasst, die in beweglichen Bögen montiert sind.
Entwickelt für das Erfassen wertvoller Artefakte
Vorgestellt wurde das Gerät schon 2014, um vor allem wertvolle Fossilien, Modelle und Skulpturen aus Museen einzuscannen und dann im Internet in 3D erlebbar zu machen. Zudem können dadurch wertvolle Artefakte, die so empfindlich sind, dass man sie in geschützter Atmosphäre aufbewahren muss, als perfekte Kopie angefertigt und ausgestellt werden.
Ohne den neuen 3D-Scanner war dieDigitalisierung allerdings äußerst aufwendig, weil die einzelnen Scanschritte von Hand gemacht werden müssen. Ganz abgesehen von der Gefahr, dass dabei wertvolle Stücke Schaden nehmen können, ist es auch viel sinnvoller, nicht das Exponat um die Kamera, sondern die Kameras um das Original kreisen zu lassen.
Lückenlose Erfassung in zwei Scanstationen
Doch warum soll man nur wertvolle Kunst und archäologische Raritäten mit dem Scanner CultLab3 digitalisieren? Natürlich kann man das Gerät auch kommerziell nutzen und andere Objekte einscannen, um sie eben auch in Online-Shops in 3D vorzustellen. „Mit der vollautomatisieren Scanstraße CultLab3D ist das Digitalisieren wirtschaftlich und schnell möglich“, sagt Pedro Santos vom IGD.
Wenn Online-Shops die Möglichkeit haben, ihre Produkte dreidimensional zu präsentieren, können sich die Kunden ein fast ebenso gutes Bild davon machen wie in einem echten Laden, in dem sie das Objekt ihrer Begierde in die Hand nehmen können, um es von allen Seiten zu begutachten.
Und wie werden die Objekte eingescannt?
Die Objekte, die digitalisiert werden sollen, werden auf eine Unterlage aus Plexiglas gestellt. Per Förderband landet es in der ersten Scanstation. Dort erfassen hochauflösende Industriekameras, die an einem halbkreisförmigen Bogen und unterhalb des Tabletts befestigt sind, das Objekt. Es entstehen zahlreiche zweidimensionale Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln. Von bis zu 6561 Fotos während eines einzigen Scanvorgangs ist die Rede.
Kamera auf einem Roboterarm erfasst die Lücken
Aus diesen digitalen Bildern lässt sich mit einem Verfahren namens Fotogrammetrie bereits ein 3D-Modell errechnen. Es ist allerdings noch nicht perfekt. Vollendet wird das virtuelle Artefakt in einer zweiten Scanstation, die mit einem Roboterarm ausgestattet ist, an dem eine Kamera befestigt ist. Der Arm wird auf der Grundlage des vorläufigen Modells so gesteuert, dass die Teile des Objekts fotografiert werden, die in der ersten Station nicht erfasst worden sind. „Das Erfassen von Geometrie und Textur dauert so etwa zehn Minuten“, sagt Santos. „Nach rund 30 weiteren Minuten liegt das fertige 3D-Modell vor.“
Die Entwicklungskosten des Gerätes lagen bei 1,8 Millionen Euro, von denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 1,4 Millionen trug.
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