Standardwaffe G36 der Bundeswehr verfehlt Ziel
Um bis zu einem halben Meter soll das Standardgewehr der Bundeswehr G36 sein Ziel verfehlen, wenn es heiß gelaufen ist oder die Außentemperaturen hoch sind. Das haben Prüfungen im Auftrag des Verteidigungsministeriums ergeben. Die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen erwägt jetzt sogar, die Waffe ganz aus dem Verkehr zu ziehen. Hersteller Heckler & Koch dementiert und ist sauer, weil das Unternehmen nicht in die Tests involviert wurde.
Ob in Afghanistan oder in Mali: Mehrfach klagten Bundeswehrsoldaten in der Vergangenheit über das weit verbreitete Infanteriegewehr G36. Erst geriet die Munition in den Verdacht, für mangelnde Treffsicherheit sowie schlechte Durchschlagskraft verantwortlich zu sein. Umfangreiche Tests seitens der Bundeswehr haben nun ergeben, dass der Fehler auf die Waffe selbst zurückzuführen ist.
Wie Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag mitteilte, verschlechtere sich die Treffpräzision besonders dann, wenn das Gewehr heiß gelaufen ist sowie bei hohen Außentemperaturen. Ein Expertenteam hatte das Standardgewehr, mit dem fast jeder Soldat ausgerüstet ist, auf Herz und Nieren getestet. Beteiligt waren die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition 91 in Meppen, das Freiburger Ernst-Mach-Institut sowie das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe.
Daneben! Bis zu 50 Zentimeter Zielabweichung
176.000 G36-Gewehre hat die Bundeswehr seit 1996 gekauft – und dem deutschen Rüstungskonzern Heckler & Koch damit ein gutes Geschäft beschert. Die durchgeführten Tests ergaben, dass abgefeuerte Schüsse bis zu einem halben Meter neben dem anvisierten Ziel einschlugen – vor allem bei Hitze oder wenn die Waffe heißgelaufen war.
Der Hintergrund: Zugunsten eines geringeren Gewichts ist der Gewehrlauf mit glasfaserverstärktem Kunststoff ummantelt. Bei zu hoher Wärme erweicht dieser offenbar so sehr, dass sich der Lauf lockert. Ein präzises Schießen ist dann nicht mehr gewährleistet.
Seit Sommer 2014 G36-Beschaffungen gestoppt
Wie Von der Leyen erklärte, seien bereits im vergangenen Sommer alle weiteren G36-Beschaffungen gestoppt worden. Die Verteidigungsministerin schloss auch nicht aus, irgendwann gänzlich auf das Standardgewehr zu verzichten. Hersteller Heckler & Koch bekundet derweil sein Unverständnis bezüglich des Vorgehens der Bundeswehr. Diese habe das Unternehmen „in keiner Weise in die Untersuchungen eingebunden“, teilte Heckler & Koch mit.
Heckler & Koch: Eigene Tests kommen zu anderem Ergebnis
Im Gegenteil kommuniziere die Bundeswehr zum Thema G36 seit rund einem halben Jahr nicht mit dem Unternehmen aus Oberndorf am Neckar. „Insofern war es Heckler & Koch leider nicht möglich, an einer sachgerechten Aufklärung der Vorwürfe mitzuwirken“, heißt es in einer Mitteilung.
Die jüngst verbreiteten Ergebnisse widersprächen umfangreichen Prüfungen, die Heckler & Koch angesichts aufkommender Gerüchte selbst durchgeführt habe. Demnach gäbe es bei sachgerechtem Gebrauch des G36 keine maßgeblichen Einschränkungen der Einsatztauglichkeit.
Mit den Tausenden G36-Exemplaren der Bundeswehr schießen übrigens nicht nur die Soldaten selbst. Neben der Panzerabwehrrakete Milan lieferte die Bundeswehr auch G36-Gewehre an die kurdischen Peschmerga-Kämpfer, um sich im Nordirak gegen die Terrormiliz IS wehren zu können.
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