Reallabor der Energiewende H2Stahl 16.02.2022, 07:00 Uhr

Thyssenkrupp: Los geht’s mit grünem Stahl aus Duisburg

Das Reallabor H2Stahl wird endlich Wirklichkeit. Thyssenkrupp startet gemeinsam mit seinen Partnern die Umsetzung einer Vision. Es handelt sich um den ersten großindustriellen Einsatz von Wasserstoff in der Stahlherstellung. Nachhaltigkeit ist das Ziel.

grüner nachhaltiger Stahl

Hochöfen sind problematisch fürs Klima. Wie können sie nachhaltig betrieben werden?

Foto: Thyssenkrupp Steel

Das Reallabor der Energiewende H2Stahl ist ein ehrgeiziges Projekt. Die Partner Thyssenkrupp Steel, Air Liquide Deutschland und das VDEh Betriebsforschungsinstitut (BFI, Projektkoordination) haben es sich auf die Fahnen geschrieben, ausgerechnet die Stahlproduktion – bekannt für ihren hohen CO2-Ausstoß – fit zu machen für eine nachhaltige Zukunft. Die Aufgabe ist groß, aber die Unternehmen sind schon weit gekommen.

Thyssenkrupp will Öko-Stahl herstellen

Wasserstoff ersetzt Kohlenstoff für nachhaltig produzierten Stahl

Bereits im November 2019 hat Thyssenkrupp Steel Wasserstoff in einen laufenden Hochofen eingeblasen und so Kohlenstaub als zusätzliches Reduktionsmittel ersetzt. Denn durch den Wasserstoff entsteht im Hochofen ein unproblematisches Nebenprodukt: Wasser. Kohlenstoff hingegen reagiert zu CO2. Entsprechend hoch sind die Mengen des schädlichen Klimagases, die bei der Stahlproduktion entstehen. Schließlich muss das CO2 miteingerechnet werden, das indirekt durch den hohen Energiebedarf freigesetzt wird.

Wasserstoff könnte also erheblich dazu beitragen, die Emissionen zu senken. Die erste Testreihe ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden – es wird Zeit, den nächsten Schritt zu gehen: Wasserstoff wird künftig bei allen 28 Blasformen des Hochofens zum Einsatz kommen. Expertinnen und Experten untersuchen dabei, wie sich der Wasserstoff auf die metallurgischen Prozesse im Hochofen auswirkt und wie das Reduktionsmittel besonders effizient eingesetzt werden kann.

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Neue Infrastruktur für die grüne Stahl-Produktion

Der Aufwand, den die Partner auf dem Gelände betreiben müssen, ist beträchtlich. Denn die werksinterne Infrastruktur muss so umgestellt werden, dass eine Versorgung mit Wasserstoff gewährleistet ist. Projektpartner Air Liquide errichtet daher eine mehr als sechs Kilometer lange Pipeline, die das Duisburger Stahlwerk mit dem Produktionsnetzwerk von Air Liquide verbindet.

Mit einer funktionierenden Wasserstoff-Versorgung ist es aber noch nicht getan. Parallel entsteht im Realllabor H2Stahl eine Versuchsanlage für die Direktreduktion. Sie wird vom BFI betrieben, das wichtige Erkenntnisse sammeln will. Eine wichtige Frage lautet: Wie funktioniert der Einsatz von wasserstoffhaltigen Prozessgasen in Kombination mit Erdgas und reinem Wasserstoff? Neben marktüblichen Einsatzmaterialien für Direktreduktionsanlagen wollen die Forschenden weitere eisenoxidhaltige Einsatzstoffe testen. Dafür wird die Anlage mit zusätzlicher Messtechnik ausgestattet.

Die erfassten Parameter spielen eine große Rolle, denn durch die Untersuchungen wollen die Partner sicherstellen, dass das neue System später auch auf den Großanlagen funktioniert und der Technologiewechsel reibungslos vonstatten geht. „Die flexible Nutzung wasserstoffhaltiger Gase sowie unterschiedlichster eisenoxidhaltiger Einsatzstoffe in einem Direktreduktionsprozess ist eine Herausforderung. Die wissenschaftlichen Untersuchungen werden wesentliche Antworten zum sicheren und effizienten Betrieb der Prozesse sowie der geeigneten Betriebsparameter liefern“, sagt Michael Hensmann, Leiter der Abteilung Ressourcentechnologie Einsatzstoffe des BFI. Er ist davon überzeugt: „Mit den im Reallabor H2Stahl geschaffenen Einrichtungen werden dringend erforderliche Untersuchungen für den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie ermöglicht.“ Die erste industrielle Direktreduktionsanlage inklusive Einschmelzer soll im Jahr 2025 den Betrieb aufnehmen.

Grüner Wasserstoff ist die Voraussetzung für Klimafreundlichkeit

Für eine nachhaltige Stahlproduktion muss natürlich noch an weiteren Schrauben gedreht werden. Doch ein wichtiger Schritt wäre getan. Voraussetzung ist allerdings, dass Thyssenkrupp Steel grünen Wasserstoff einsetzt. Das heißt, die Elektrolyse zur Herstellung des Wasserstoffes sollte mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das Unternehmen hofft daher auch auf indirekte Infekte: „Wir setzen damit einen weiteren Impuls, die Produktion von grünem Wasserstoff so schnell wie möglich hochzufahren. Der Bedarf ist da“, sagt Arnd Köfler, CTO bei Thyssenkrupp Steel.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Reallabor der Energiewende mit 37 Millionen Euro. Die Gesamtkosten werden nach Angaben der Projektpartner im hohen zweistelligen Millionenbereich liegen. Ziel ist es, die deutsche Stahlindustrie nicht nur klimafreundlich zu gestalten, sondern auch wettbewerbsfähig zu halten.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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