Standort Duisburg 02.03.2023, 07:00 Uhr

Thyssenkrupp Steel vergibt Milliardenauftrag für Dekarbonisierungsprojekt

Eine energieintensive Branche auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit: In Deutschland wird eine neue Anlage zur Dekarbonisierung gebaut. Nach Angaben von Thyssenkrupp Steel soll das Projekt eines der größten dieser Art weltweit sein. Der Bund und das Land NRW haben ihre Unterstützung zugesagt.

hochöfen Duisburg

Ein historisches Bild aus Duisburg: Die Stahlproduktion galt noch nie als saubere Branche, aber sie könnte es werden.

Foto: panthermedia.net/Sepia100

Der Weg in Richtung Klimaneutralität ist für die meisten Unternehmen steinig. Energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie haben es dabei besonders schwer. Ohne immense Anstrengungen – und Investitionen – kann es nicht gelingen, Kohlenstoffdioxid in einem größeren Maßstab einzusparen. So viel steht fest. Thyssenkrupp Steel will in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle einnehmen und startet mit einem ehrgeizigen Dekarbonisierungsprojekt: Das Unternehmen hat die SMS group aus Düsseldorf mit dem Engineering, der Lieferung und dem Bau der ersten wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg beauftragt. Der Auftrag hat das stolze Volumen von 1,8 Milliarden Euro. Laut Thyssenkrupp Steel könnte das technologische Konzept als Blaupause für die gesamte Branche dienen.

Thyssenkrupp Steel verantwortet 2,5% der deutschen CO2-Emissionen

Die Stahlindustrie gehört zu den energieintensivsten Branchen überhaupt. Der CO2-Ausstoß ist entsprechend hoch. Allein am Standort Duisburg gelangen mehr als 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre – jedes Jahr. Thyssenkrupp Steel ist somit für etwa 2,5% der gesamten deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. tkH2Steel heißt das Konzept, mit dem jetzt die Wende gelingen soll.

So wird Stahl ultrahochfest und gleichzeitig gut verformbar

Verwunderlich sind die hohen Emissionen nicht. Denn der hohe Energiebedarf wird aktuell noch mit Kohle gedeckt. Klimafreundliche Technologien sollen sie nun ersetzen. Wasserstoffbasierte Verfahren in Direktreduktionsanlagen liefern dafür die Basis. Die Umstellung wird aber nur Schritt für Schritt funktionieren: Schon mit der ersten Direktreduktionsanlage sollen es bereits über 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr weniger sein. Bis 2030 will Thyssenkrupp Emissionen in einer Größenordnung von mindestens sechs Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart haben. Spätestens im Jahr 2045 soll die Produktion vollständig klimaneutral ablaufen.

Klimaneutrale Produktion bei gleichbleibender Produktqualität

Die Details des Konzepts sehen folgendermaßen aus: Eingesetzt wird eine Direktreduktionsanlage, die zu 100% mit Wasserstoff betrieben werden kann. Sie läuft in Kombination mit modernen Einschmelzern, die Thyssenkrupp Steel als „innovativ“ bezeichnet. Durch die Positionierung der beiden Einschmelzer direkt neben der Direktreduktionsanlage wird das dort erzeugte feste Vormaterial unmittelbar in flüssiges Eisen umgewandelt, was für mehr Effizienz sorgen soll.

Offshore-Windstrom für die Stahlbearbeitung

Entscheidend ist dabei, dass dieses neue System problemlos in das bestehende Hüttenwerk integriert werden kann. Die aktuelle Anlagenstruktur wird weiterhin genutzt. Es ist dementsprechend nicht nötig, die Prozessschritte ab Stahlwerk zu verändern. Thyssenkrupp Steel und die SMS group haben keinen Zweifel daran, dass diese Umstellung sich nicht auf die Produktqualität auswirken wird.

Thyssenkrupp Steel stärkt den Standort Duisburg

Die neuen Technologien und die immensen Investitionen sind auf der einen Seite eine deutliche Aussage, dass es auch Sicht des Unternehmens gelingen kann, die Stahlproduktion auf eine klimaneutrale Produktion umzustellen. Auf der anderen Seite sind sie auch ein klares Statement für den Standort Duisburg.

So sieht es auch Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thyssenkrupp Steel: „An diesem historischen Tag für alle über 26.000 Kolleginnen und Kollegen senden wir gleich mehrere starke Botschaften. Erstens: Die Stahlindustrie als Herzstück der nordrhein-westfälischen Wirtschaft hat eine CO2-freie Zukunft. Zweitens: Wir schaffen langfristige Sicherheiten für den Standort Duisburg, für unsere Belegschaft und indirekt für zehntausende Jobs in weiterverarbeitenden Unternehmen in NRW.“

Mitarbeitende mit neuen Qualifikationen werden benötigt

Für Nasikkol steckt noch eine dritte Aussage in dem Dekarbonisierungsprojekt: Thyssenkrupp Steel beweise, dass die Stahlproduktion keine „old economy“ sei. „Wir werden Vorreiter für die „green economy“ in Deutschland und sorgen dafür, dass auch unsere Kunden nachhaltiger werden.“ Schon jetzt ist klar, dass die Umstellung der Produktion dazu beitragen wird, Arbeitsplätze zu erhalten. Gleichzeitig würden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit neuen Qualifikationen benötigt.

Mit den detaillierten Planungen und den vorbereitenden Arbeiten zum Bau der Direktreduktionslage will das Unternehmen direkt beginnen.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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