Toyota und Daimler nutzen Reifensimulation des Fraunhofer-Instituts
Wie sicher ist das Reifendesign? Das können die Autobauer Daimler und Toyota noch vor der Produktion testen. Möglich macht das eine Simulationssoftware des Fraunhofer-Instituts aus Kaiserslautern. Auch die Formel 1 zeigt Interesse.
Autofahren ist in den letzten Jahrzehnten deutlich sicherer geworden, gerade auch dank elektronischer Helfer wie dem Elektronischen Stabilitäts-Programm (ESP). Dieses bremst einzelne Räder gezielt ab, wenn der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug verliert. Trotzdem nahm die Polizei im Januar 2015 in Deutschland 188.200 Verkehrsunfälle auf, 222 Menschen verloren dabei ihr Leben.
Simulationen statt Tests auf der Straße
Eine wichtige Stellschraube für die Fahrzeugsicherheit sind die Reifen. Gute Qualität sorgt dafür, dass der Wagen auch bei Regen und Glätte zuverlässig in der Spur bleibt. Bisher produzieren die Reifenhersteller eine riesige Menge Autoreifen einzig dafür, sie in aufwendigen Testreihen zu verschleißen. Forscher des Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern haben jetzt ein Simulationswerkzeug namens CDTire/3D entwickelt, das den Reifen im Computer abbildet.
„Mit der Technologie haben wir eine gute Balance gefunden zwischen Rechenzeit und Genauigkeit“, sagt Dr. Manfred Bäcker, Leiter der Reifen- und Fahrzeugsimulation am ITWM. Bisherige Reifensimulationen waren entweder rechenintensiv oder ungenau. Zudem ließen sich die Ergebnisse nicht in das Gesamt-Simulationsmodell eines Fahrzeugs integrieren.
Die Forscher bilden die Eigenschaften des Reifens über ein strukturmechanisches Schalenmodell ab. „Statt ihn als Volumenmodell abzubilden, stellen wir den Reifen als Schale dar – das spart viel Simulationszeit und berücksichtigt dennoch alle Eigenschaften.“
Fraunhofer-Software bei Daimler und Toyota im Einsatz
Jede funktionale Lage des Reifens berechnen die Forscher in einer Schale, eine für jede Stahlgürtellage und für die Bandage. Alle Einzelschalen fassen sie danach zu einer einzigen Schale zusammen. Zudem berücksichtigt das neue Simulationswerkzeug auch die Seitenwand des Reifens.
Bisher mussten die Fahrzeugentwickler die Parameter neu anpassen, wenn sie Reifenbreite oder Reifendruck variierten. „Wir haben die Geometrie- und Materialeigenschaften komplett voneinander getrennt, man kann also die Geometrie des Reifens verändern, ohne das Modell angleichen zu müssen.“ Toyota und Daimler setzten bereits auf die Software aus Kaiserslautern.
Ein wichtiger Parameter beim Reifen ist die Temperatur. Beim Bremsen entsteht Hitze, die den Reifen erwärmt, wodurch er seine Eigenschaften verändert. Die Kaiserslauterer Forscher speisen die Simulationsergebnisse daher in ein Temperaturmodell ein.
Dieses ermittelt, wie sich die Hitze im Reifen ausbreitet. Diese Ergebnisse koppeln die Forscher dann zurück in ihre Simulation. Das hat auch die Formel 1 hellhörig gemacht. Das Schweizer Team Sauber will über das Temperaturmodell künftig seinen Rennwagen mehr Drive einhauchen.
Ziel ist die Echtzeit-ESP-Kontrolle während der Fahrt
„Da das System modular aufgebaut ist, können wir das Temperaturmodell an jedes beliebige Simulationstool koppeln“, sagt Bäcker. Seine Vision steht bereits: Er will die Simulationssoftware mit einem System zur ESP-Auslegung koppeln. In Echtzeit läuft ein solches – ebenso wie die Temperaturberechnung – nur auf großen Rechnern im Labor. In ein bis zwei Jahren will Bäcker dieses auf den im Auto installierten Mikrocomputern einsetzen. Dann kontrolliert es in Echtzeit das ESP.
Die Grundlage für diese Vision einer verbesserten Sicherheit im Straßenverkehr präsentiert Bäcker mit seinen Kollegen vom 13. bis zum 17. April 2015 auf der Hannover Messe am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand Simulation.
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