Unternehmen kehren nach Deutschland zurück
Seit zehn Jahren sinkt die Zahl der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland, die Produktionsstätten ins Ausland verlagern. Steigende Lohnkosten, mangelnde Flexibilität und auch Qualitätsprobleme dort sorgen für Heimkehrpläne.
„Mittlerweile kommt auf jeden vierten Verlagerer ein Unternehmen, das seine Produktion nach Deutschland zurückholt“, kommentiert Steffen Kinkel, Professor an der Hochschule Karlsruhe, die am 18. Dezember vorgestellte Studie „Produktionsverlagerungen und Auslandsproduktion“. Sie wurde vom Fraunhofer-Institut ISI und der Hochschule Karlsruhe im Auftrag des VDI durchgeführt.
Laut Kinkel wird der Lohnkostenanteil an den Bruttofertigungspreisen in Deutschland oft mit 20 % angegeben. Darin seien aber bis zu zwei Drittel Aufwendungen für das Projektmanagement und Koordinierungskosten enthalten. Diese Kosten würden bei einer Produktionsverlagerung nicht sinken. Der wahre Lohnkostenanteil läge damit im verarbeitenden Gewerbe oft bei 10 %. Lohnsteigerungen im Ausland könnten damit schnell die zunächst geringeren Personalkosten wettmachen, besonders wenn diese Steigerungen wie in China bei bis zu 15 % im Jahr lägen.
Chinesische Ingenieure könnten Unternehmen teurer kommen als in Deutschland
Ein Mitarbeiter in einer chinesischen Fertigung erhalte etwa ein Zehntel des Lohnes gegenüber dem Kollegen in Deutschland, weiß Kinkel zu berichten, ein qualifizierter Mitarbeiter etwa ein Fünftel bis ein Viertel. Jemand mit Berufserfahrung verfüge über ein Drittel des Lohnes seines deutschen Kollegen, ein Ingenieur aber schon über zwei Drittel. Ingenieure mit Berufserfahrung könnten Unternehmen sogar teurer kommen als in Deutschland.
„Das Niveau der Gehälter kann aber je nach Region stark schwanken“, warnt VDI-Präsident Bruno O. Braun vor Vergleichen. Die Infrastruktur und andere Gegebenheiten seien dort keineswegs so homogen, wie dies etwa in Deutschland der Fall sei.
Gründe für die Produktionsverlagerung vor allem in neue EU-Länder sowie China/Asien sind laut Studie gewesen:
Niedrigere Personalkosten mit 72 % der Nennungen, Markterschließung (29 %), größere Kundennähe (26 %), Nähe zur bereits verlagerten Produktion (23 %), Zugang zu Rohstoffen (14 %), Importbeschränkungen (11 %), Personalmangel (9 %), Präsenz der Konkurrenz (9 %), geringere Abgaben und Subventionen (5%) und Wissensgewinn (1 %).
Unternehmen kehren wegen unerwarteter Probleme nach Deutschland zurück
Die Gründe für Rückverlagerungen spiegeln dagegen die unerwarteten Probleme wider, die vor Ort bei kostengetriebenen Verlagerungen immer wieder auftauchen.
An erster und zweiter Stelle der Rückverlagerungsgründe stehen Flexibilitätseinbußen mit 59 % und Qualitätsprobleme mit 52 % der Nennungen.
Steffen Kinkel: „Die mangelnde Flexibilität lässt auf die Komplexität und damit einhergehende Einschränkungen der Lieferfähigkeit in grenzüberschreitenden Supply Chains schließen, wenn ausländische Produktionen nicht mit den hohen Flexibilitätsanforderungen mancher Kunden Schritt halten können. Die hohe Bedeutung von Qualitätsproblemen für Rückverlagerungen zeigt wiederum, dass Qualitätsproduktion „Made in Germany“ nicht einfach und ohne Friktionen in andere geographische und kulturelle Kontexte übertragen werden kann, wie das manche Manager noch immer glauben.“
Die meisten Rückverlagerungen kamen in den letzten drei Jahren mit fast der Hälfte der Nennungen aus den neuen EU-Staaten (Osteuropa), danach folgen asiatische Länder – außer China – mit 27 %. 15 % der befragten Unternehmen holten ihre Fertigung aus China nach Deutschland zurück.
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