Innovation und Nachhaltigkeit 25.02.2020, 07:00 Uhr

Volkswagen stellt Studie vor: e-Traktor für Afrika

Volkswagen hat einen Lösungsvorschlag für die Mobilität in der afrikanischen Landwirtschaft entwickelt. Sonnenenergie stellt dabei einen wichtigen Faktor dar, um die Produktivität der Bauern zu erhöhen – sie könnte einen e-Traktor antreiben.

Weltkarte

Auf dieser Karte sind die Regionen markiert, die AMO für die Forschung ausgewählt hat. Sie sind sehr spezifisch und sollen zeigen, in welche Richtung sich die Welt bewegen könnte.

Foto: Courtesy of OMA

Manche Visionen kommen ganz ohne große technologische Innovationen aus. Denn funktionierende Systeme hängen von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Art, wie die Beteiligten denken und handeln. So ist es zu verstehen, dass Volkswagen die Konzeptstudie eines elektronisch angetriebenen Traktors vorstellt, ohne technische Details zu nennen. Denn bei diesem e-Traktor geht es nicht um Pferdestärke oder Reichweite, sondern um eine Idee – der e-Traktor soll dazu beitragen, die Landwirtschaft Afrikas aufzurüsten. Die Studie ist Teil der Ausstellung „Countryside, The Future“, die derzeit im Guggenheim Museum in New York zu sehen ist.

Ausstellung zeigt eine mögliche Zukunft

Die Ausstellung „Countryside, The Future“ will nicht einfach nur Fragen aufwerfen, sie sucht nach Antworten auf dringende ökologische, politische und sozioökonomische Fragen aus der Sicht zweier Visionäre: Das sind der Architekt und Stadtplaner Rem Koolhaas sowie Samir Bantal, Direktor des AMO. So wird der Think Tank des Office for Metropolitan Architecture (OMA) abgekürzt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen ländliche Regionen und ihre mögliche Weiterentwicklung. Herzstück sind verschiedene Untersuchungen, die unter anderem vom AMO und von Koolhaas mit Studenten der Harvard Graduate School of Design, der Zentralakademie der Schönen Künste in Peking, der holländischen Universität Wageningen und der Universität von Nairobi durchgeführt wurden. Unterm Strich geht es darum zu zeigen, zu welchen Veränderungen verschiedene Einflüsse führen könnten, sei es die Politik oder Faktoren wie Klimawandel, Migration, menschliche und nichtmenschliche Ökosysteme und vieles mehr. Anders gesagt: Was für Landschaften und was für eine Landwirtschaft sind vorstellbar? Volkswagen ist der einzige Kooperationspartner, der mit einem Exponat bei der Ausstellung vertreten ist.

Traditionelle afrikanische Lebensbedingungen, Klimawandel und Bevölkerungswachstum – all diese Punkte hat ein internationales Volkswagen-Team in den Blick genommen, um den Zugang der Landbevölkerung zu Maschinen weiterzudenken. Denn die afrikanische Landwirtschaft sieht grundsätzlich anders aus als die deutsche. Statt großer Ackerflächen, die durch einen modernen Maschinenpark effizient bewirtschaftet werden, sind es in erster Linie Kleinbauern, die säen, pflügen und ernten. Die Arbeit verrichten sie hauptsächlich mit ihren Händen und einfachen Gerätschaften. Hier werden die Pflüge noch von Ochsen gezogen, denn Traktoren sind rar. Selbst billige Modelle könnten sich die Kleinbauern nicht leisten. Außerdem hätten sie in der Praxis noch ein ganz anderes Problem: Der Kraftstoff würde fehlen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse hat Volkswagen mit der Konzeptstudie des e-Traktors gleich ein ganzes Ökosystem entwickelt.

Illustration Traktor

Der Traktor als Symbol für steigende Produktivität in der Landwirtschaft – Volkswagen möchte ihn der afrikanischen Bevölkerung zugänglich machen.

Foto: panthermedia.net/Xendima

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Zum e-Traktor gehört ein ganzes Ökosystem

Was verbirgt sich also hinter der Idee? Zunächst einmal war für die Motoren-Experten relativ schnell klar, wie sie den Mangel an Kraftstoff in Afrika umgehen können. Denn was es in Afrika ohne Frage in ausreichender Menge gibt, ist Sonne – also Solarenergie. Sie wird in sogenannten Solarladestationen in Strom umgewandelt. Diese werden zentral errichtet, beispielsweise in der Nähe der Dorfplätze, die den Mittelpunkt der Gemeinschaft bilden, in sozialer und räumlicher Hinsicht. Dabei lassen sich die Solarpanel gleichzeitig als Antennen für mobiles Internet verwenden oder ganz praktisch als Schattenspender. Das Aufladen der e-Traktoren kann unkompliziert erfolgen, weil sich die Batterien entnehmen lassen. Das hat einen weiteren Vorteil: Sie können auch für andere Geräte als externe Stromquelle dienen.

Mit einer ähnlichen Flexibilität wird der Traktor selbst ausgestattet. Verschiedene Anbauten sollen angeboten werden, um diverse Nutzungsarten zu ermöglichen, unter anderem ein Pfluganbau für die Landwirtschaft, ein Bohranbau, um den e-Traktor als Baufahrzeug beim Brunnenbau zu verwenden, oder ein Sitzanbau für den Personentransport. Das alles klingt allerdings aufwendig und teuer. Anders gesagt: Ein einzelner Kleinbauer könnte sich solch einen e-Traktor keinesfalls leisten. Deswegen ist es Teil des Konzepts, dass Gemeinden oder Dorfgemeinschaften den Traktor gemeinschaftlich mieten und nutzen können.

Umsetzbarkeit in Afrika wird geprüft

„Bei der Idee geht es um weit mehr als Mobilität. Es ist ein Sharing- und Community-Konzept,“ sagt Peter Wouda, Design Direktor des Volkswagen Group Innovation Centers in Potsdam, Deutschland, und verantwortlich für das Design der Studie. Er erklärt: „Dieses Projekt zielt auf eine umfassende Lösung, die – wenn wir interdisziplinär daran weiterarbeiten – die Chance bietet, die Menschen zusammenzubringen und gemeinsam die Gesellschaft zu stärken. Entscheidend für den Erfolg des Konzepts sind daher Simplizität und Freude an dessen Nutzung.“

Im nächsten Schritt will die Volkswagen Group South Africa die Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern aus Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft vertiefen. Ziel ist es, weitere technische Details zu klären und die Umsetzbarkeit vor Ort zu prüfen. Rem Koolhaas ist von dem Konzept schon jetzt überzeugt: „Als ich die Studie des E-Traktors zum ersten Mal sah, wurde mir klar: Dies ist ein entscheidender Moment. Diese Maschine kann viel verändern.“

Wofür wird Solarenergie noch genutzt?

Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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